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Über die
Bedeutung und die besondere Funktion von
Futures im Einzelnen
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Futures ordnen sich ganz der
Reihe der Derivativen Finanzmarktinstrumente
(Finanzderivate) ein. Zusammen mit
Forwards,
Optionen und Swaps bilden
sie den Kreis der Kernderivate ("core derivatives"). Finanzmarktderivate
stellen sich bekanntlich nach außen dar als marktgerechte
Termingeschäfte ("forward
commitments", "contingent claims") von gewisser Fungibilität
und einem durch den Verkehr beigemessenen Wert. So ist ihr Marktwert
in eindeutig bestimmbarer Weise ableitbar von mindestens einer ursprünglich
gegebenen (originären) Variablen ("primary asset"), wie beispielsweise
dem Kurs einer Aktie im Falle von Aktien-Futures oder dem einer Marktware
im Falle von Commodities. Kontrakte in Futures als eine Klasse von Derivaten
für sich genommen zählen aber anders als Aktien und Schuldverschreibungen
– da unverbrieft – weder zu den Wertpapieren noch dienen sie, wie die
Letzteren, vorwiegend der Finanzierung*. Vielmehr verkörpern
Futures ihrem Wesen nach durch Standardverträge (Kontrakte) begründete,
zeitlich befristete Verfügungsrechte über künftig zu erbringende Leistungen**.
Beide Bereiche, die Märkte für börsennotierte Zukunftsgeschäfte auf
der einen und die ihnen beigeordneten Teilbereiche altüblicher Spot-
und Kassamärkte auf der anderen Seite, ergänzen einander in vortrefflicher
Weise, indem sie mit Rücksicht auf die Vielzahl in Wirklichkeit anzutreffender
Rendite/Risiko-Profile der Wirtschaftspersonen zur Vervollständigung
und Vervollkommnung der Finanzmärkte einen nutzbringenden Beitrag leisten.
Der Wohlfahrtsnutzen steigt nicht nur für den einzelnen Marktbeteiligten,
der Futures für sich ersprießlich zu verwenden weiß, sondern ihr Dasein
erhöht in Eintracht mit den realwirtschaftlichen Vorgängen von Produktion,
Konsumtion, Transport und Lagerhaltung ohne Frage das Gemeinwohl aller.
[* Futures dienen
weit weniger der Finanzierung zur Widmung von Kapital auf Zeit für produktive
Zwecke als vielmehr, und gewiss nicht am wenigsten, der Nutzung der
vielfältigen Chancen aus den Kursvariationen. Böswillige Zungen versteigen
sich deshalb mitunter sogar zu der Behauptung, Futures seien nicht mehr
als geschickt ersonnene Glücksspiele, die überdies vor allem auf gegenseitige
Übervorteilung angelegt sind. Neben der Nutzung zur Handelsspekulation
(Trading) lassen sich Futures freilich ebenso gut in den Dienst der
Absicherung bzw. der Eingrenzung gegenüber spezifischen Preisrisiken
(Hedging) stellen
wie sie sich Arbitragezwecken
zuführen lassen. Welchen Zweck ein einzelnes Futuresgeschäft nun tatsächlich
erfüllt, lässt sich ihm von außen jedoch nicht ansehen. Einen Deklarationszwang
oder Ähnliches gibt es an den Terminbörsen grundsätzlich nicht.]
[** Jene künftige
Leistungen stellen traditionell ab auf eine physische Andienung von
Gütern und Waren in natura, erstrecken sich jüngst aber vermehrt
auf eine (ex ante unsichere) Geldausgleichszahlung; vgl. darüber: Erfüllung
von Futures-Kontrakten auf dem Wege des "cash
settlement"-Verfahrens.]

Futures sind an sich
Arbitrage-, Spekulations- und Sicherungsinstrument in Einem. Ihr vielfacher
Nutzen ist zurückzuführen auf die ihnen eigentümliche Fähigkeit, Zahlungsstromverläufe
(Cashflows) bzw. Risiko/Ertrags-Profile sowohl an persönliche Zielvorgaben
wie auch an die wirklichen Marktgegebenheiten anzupassen. So lassen
sie sich dem Abbau von Unvollständigkeiten und Unsicherheiten in den
Märkten ebenso dienstbar machen, wie sie in hohem Maße berufen sind,
auftretende Marktunregelmäßigkeiten (Ineffizienzen) durch
Arbitragen zu beseitigen.
Daneben öffnen sie ein breites Anwendungsfeld für
spekulativ eingestellte Akteure
(Trader) an den Finanzmärkten. Dieser letzteren Gruppe geben Futures
ein vorzügliches Instrument an die Hand, um ganz bestimmte, gegebene
Informationen und Erwartungen betreffend steigende oder fallende (meist
kurzfristige, ebenso wohl gelegentlich auch langfristige) Entwicklungstendenzen
der Kurse an den Terminmärkten (vorzugsweise aufgrund von Wissensvorsprüngen,
z.B. mithilfe einer Fundamentalanalyse)
auf einfache und kostengünstige Weise in zweckentsprechende Markthandlungen
zu überführen. Hierbei zeigt sich, dass insbesondere ein frühzeitiges,
richtiges Erkennen von bestehenden Fehleinschätzungen des Marktes oder
inkonsistenten Wertanschlägen (Informationsineffizienzen) und deren
unverzügliche Ausnützung eine erfolgreiche Vollendung der sich darauf
stützenden Spekulationen wahrscheinlich machen. Sollten die gehegten
Erwartungen über die künftige Marktentwicklung sich in der Folge verwirklichen,
indem der Markt solcherlei vermeintliche Fehlschätzungen richtigstellt,
so erwachsen dem Futures-Trader aus der bezogenen Position die erhofften
Spekulationsgewinne;
der Marktgegenseite indes, die über die tatsächliche Lage im Irrtum
war, fallen in demselben Verhältnis Vermögensverluste zur Last. Erst
durch die auf den Märkten herrschende Publizität des Preisgeschehens
erzeugen verwirklichte Spekulationsgewinne gleichwie Spekulationsverluste
öffentliche Signale an die Handelswelt, wo im Einzelnen einträgliche
Trading-Gelegenheiten sich boten bzw. verlustbringende bevorstanden,
die ihrerseits wieder laufend Neuentscheidungen zur Anpassung an veränderte
Marktverhältnisse wecken. Der eben aufgezeigte Marktablauf der bestätigten
und enttäuschten Spekulationserwartungen, die sich aus den einzelnen
sich darbietenden Vermögenschancen mitsamt ihren Risiken herausbilden,
ist ein unumkehrbarer Vorgang, der sich beständig wiederholt. Der Erfolg
jeder spekulativen Aufstellung an den Futures-Terminmärkten wird damit
letztlich entscheidend abhängen von der Güte der Prognosefähigkeit über
die künftige Marktentwicklung und deren Folgen.
Spekulativ ausgerichtete
Terminmarktteilnehmer sind demnach überhaupt weniger an einer Finanzierung
oder Vermögensanlage im klassischen Sinne interessiert als vielmehr
an einer kurzfristigen Ausnutzung der wahrgenommenen Marktchancen durch
eine vom "Timing", d.i. von
der vorteilhaftesten Zeitwahl, bestimmte Positionierung in Erwartung
einer unmittelbar darauffolgenden Korrektur der mutmaßlichen Fehlbewertung
durch den Markt, wodurch ihnen die erhofften Spekulationsgewinne zuwachsen*.
Die hierbei zutage tretende Publizität des Preisgeschehens wirkt, wie
erwähnt, gleichsam als Signal an andere Marktteilnehmer, das aufzeigt,
wo angesichts von Divergenzen vorteilhafte Handelsmöglichkeiten bestanden
bzw. in naher Zukunft denkbar sind (informationswirtschaftliche Effekte
durch Wissensaufdeckung).
[* Gerade in jüngster
Zeit machen sogenannte Hedge-Fonds
durch die Politik der sie leitenden Kreise verstärkt auf sich aufmerksam,
voraussichtliche Marktineffizienzen durch zumeist kurzzeitiges Jonglieren
mit verhältnismäßig großen (zum Teil auch kreditfinanzierten) Kapitalbeträgen
zu ihren Gunsten auszubeuten. Nach dem Transaktionsmotiv beschränken
sich Hedge-Fonds dabei aber nicht nur auf Spekulation im engsten und
eigentlichsten Verstande des Wortes, sondern treten faktisch auch als
Arbitrageure, ja selbst als Hedger an die Märkte heran. Hedge-Fonds
agieren zu einem großen Teil von wohl bekannten Steueroasen aus und
unterliegen damit nur in beschränktem Umfang obrigkeitlichen Auflagen.
Somit steht ihnen im Rahmen ihrer Investmentstrategien die gesamte Bandbreite
an Einsatzmöglichkeiten von Finanzderivaten frei. Derzeit gibt es weltweit
etwa 9500 verschiedene Hedge-Fonds
mit einem verwalteten Kapital von insgesamt rund 3,6 Billion US-Dollar
(Stand: Dezember 2020).]
Überdies bewirken die
ungeheuren Summen an Risikokapital, die die unzähligen
Spekulanten auf die Terminmärkte
bringen, eine Zusammenballung der finanziellen Mittel auf eine überschaubare
Menge an ausgewählten Terminkontrakten (einschl. Optionen*).
Hierdurch leistet die spekulative Gruppe von Marktakteuren einen ganz
wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der
Liquidität im Marktsegment
der börslichen Zukunftsmärkte. Nicht selten übersteigt das bereinigte
Handelsvolumen in den Futuresmärkten jenes der (zudem noch stärker fragmentierten)
Spot- bzw. Kassamärkte, auf die sie sich beziehen, um ein Vielfaches,
womit Futures und nächst ihnen auch anderweitige Derivate in und zwischen
den einzelnen Märkten zur treibenden Kraft hinsichtlich der Preisentwicklung
werden ("lead and lag"-Beziehung). Dies bringt es mit sich, dass
sowohl eine an der herrschenden Nachrichtenlage ausgerichtete Bewertung
von bestimmt abgegrenzten Preisrisiken als darüber hinaus auch eine
zweckentsprechende Umverteilung derselben mithilfe handelbarer Finanzderivate
in den Zukunftsmärkten oftmals leichter zu bewerkstelligen ist als im
jeweiligen Spotmarkt des Basisinstruments selbst.
[* Der Handel mit
Futures wird begleitet von einem regen Handel mit Optionen auf Futures
("futures options", "options on futures"). Hierbei wird
ein Futures selbst zum Gegenstand eines börsennotierten Optionsgeschäftes
("zweifach derivatives Termingeschäft"). Der Händlerschaft eröffnet
sich hierdurch die Möglichkeit einer mittelbaren Teilnahme am Futures-Handel,
indes mit dem Vorzug eines Optionskäufen eigentümlichen vorab begrenzten
Verlustrisikos. Der Handelsverkehr in Futures und börsennotierten Optionen
ist gewaltig. Deren wurden im Jahre 2020 an den weltweiten Börsenplätzen
rund 46,77 Mrd. Kontrakte umgesetzt – womit der Umsatz den einstigen
Spitzenwert vom Jahre 2019 von 25,22 Mrd. Kontrakten deutlich um 32.7%
übertraf. Quelle: FIA.]
Ein leicht zu handhabender,
den Bedürfnissen des modernen Börsenverkehrs Rechnung tragender Handel
mit Terminkontrakten ist bei einem hohen Grad an Liquidierbarkeit (Fungibilität)
jedoch schwerlich ohne Transaktionskosten sparende Standardisierung
der Geschäfte vorstellbar. Der Vorteil eines friktionslosen, liquiden
und flexiblen Börsenhandels geht deshalb in der Mehrzahl der Fälle unvermeidlicherweise
einher mit einem Verzicht auf die Vorzüge einer an individuelle Bedürfnisse
der Vertragspartner ausgerichteten bilateralen Einzelvereinbarung der
Geschäftsbedingungen, wie es sie beispielsweise außerbörslich (OTC)
ausgehandelte Swap- oder
Forward-Geschäfte (kurz: "forwards") erlauben.
Die Übertragung und Umverteilung
einzelwirtschaftlicher Risiken ist ein wichtiger, längst aber nicht
der einzige von den gemeinwohlfördernden Diensten, deren Futures fähig
sind. Hinzu gesellt sich eine allgemeine Preisermittlungsfunktion. Zur
Bedeutung der Preisbildung
in den Futuresmärkten lässt sich grundsätzlich Folgendes feststellen:
Auch wenn die der Wirklichkeit entnommenen Futureskurse
nicht zwingend einem ehernen Gesetz folgend allezeit ihren fairen, theoretisch
richtigen Konkurrenzgleichgewichtspreisen zustreben werden, so geht
die herrschende Meinung jedenfalls dahin, dass die über einen zentralisierten
börslichen Handel zustande kommenden Terminpreise – zumindest in den
liquiden, wirkungsvoll arbeitenden Märkten – sich doch in bestmöglicher
Weise auf dem tatsächlichen künftigen Wert* des zugrunde liegenden
Marktgegenstandes ("underlying") einzupendeln** streben;
denn die Gesamtheit der Nachrichtenlage über die gegenwärtig bestehenden
und künftig zu erwartenden fundamentalen wirtschaftlichen Angebots-
und Nachfrageverhältnisse fließt als Ergebnis des durch die Märkte einem
Werturteil unterzogenen Handelns augenblicklich in die Kursbildung ein
(Preisermittlungsfunktion, Signalfunktion und Bewertungseffizienz).
Wie leicht begreiflich, können allein mehrheitlich zutreffend beurteilte
Zukunftsinformationen für die Gesamtwirtschaft von Nutzen sein, indem
sie das Preisgefüge stabil und situationsgerecht gestalten. Spekulationen,
die auf unzutreffende Voraussetzungen beruhen oder ganz ohne Hintergrund
sind, werden dagegen unweigerlich zu unnatürlichen Preisschwingungen
und unliebsamen Übersteigerungen führen. Umso wichtiger ist eine im
Marktprozess waltende breite Öffentlichkeit (Transparenz) des Preisgeschehens.
Die damit verbundene Wissensaufdeckung erleichtert die Ermittlung eines
allseits richtigen und angemessenen Wertanschlags von Terminkontrakten
zum reinen Nutzen aller und damit am Ende auch die Entscheidung, ob
und in welchem Umfang jeweilig die Wertgefahr getragen respektive abgegeben
werden soll ("Risikoallokation").
[* Hinweis:
Unter Unsicherheit impliziert jeder Bewertungsakt eine zutreffende Antizipation
möglicher zukünftiger Zustände der Welt.]
[** Hierbei handelt
es sich zwar um eine recht kühne, gleichwohl einleuchtend erscheinende
Hypothese, die aber nach dem derzeitigen Stand des Wissens noch nicht
stichhaltig zu belegen ist.]
Finanzderivate, wie Futures,
Forwards, Optionen und Swaps, bestechen überhaupt durch eine ungemeine
Vielseitigkeit. Als überaus gefügige Werkzeuge des Terminhandels lassen
sie sich ganz nach Maßgabe eines konkreten Erfordernisses instrumentell
nutzen. Je nach handelspolitischen Zweckmäßigkeitserwägungen lassen
sich ihre Nutzleistungen zielgenau abgleichen auf die unterschiedlichsten
Motive ihres Einsatzes. Deren gibt es zahlreiche. Die Leichtigkeit in
ihrer Gebrauchsweise etwa macht sie unleugbar vielenorts zu einem bevorzugten
Instrument der Handelsspekulation als nebstdem auch zu einem solchen
der Arbitrage. Ihre außerordentlich große Popularität beruht jedoch
im vortrefflichen Sinne und zu einem ganz bedeutenden Teil auf der ihnen
anhaftenden Verwendungsmöglichkeit als ein Vehikel zur Absicherung gegenüber
Preisrisiken aus koordinierten Kassamarkt- resp. Lokogeschäften (Hedging).
Eine erstrebte Versicherungswirkung lässt sich mit ihrer Hilfe oftmals
nicht nur billiger, sondern auch auf einfachere und vielseitigere Weise
vermitteln und bewerkstelligen, als durch den Einsatz sonst verfügbarer
Instrumente. Aufgrund ihrer innewohnenden besonderen Assekuranzeigenschaft
verkörpern Derivate demnach ein maßgeschneidertes Rüstzeug zur Versicherbarkeit
gegenüber den unerwünschten Folgen bestimmter denkbarer künftiger Marktzustände.
Und noch mehr als das: Erst durch den Umstand, dass ein zielgerichteter
Einsatz derivativer Instrumente es jedem Kundigen gestattet, gegebene
Marktrisiken für sich allein zu schätzen, zu steuern, zu bündeln und
zu überwälzen, gelingt eine sinnvolle Umverteilung knapper Ressourcen
auch auf gesamtwirtschaftlicher Betrachtungsebene (allokationsverbessernde
Wirkung derivativer Finanzinstrumente).
Hervorgehoben zu werden
verdient zu guter Letzt die von Futures und von anderen Derivaten her
allseits vertraute Fähigkeit zur Bewältigung gesonderter Preisrisiken
auf absehbare Frist, zuvörderst solche, die kurz- oder mittelfristig
von gewerblichen Waren- oder Finanzgeschäften (Kurssicherungsfunktion,
Hedging) herrühren. Ihr Einsatz ermöglicht es, realwirtschaftlich
gegebene Risiken der oben angesprochenen Art gegen die Vorstellung einer
angemessenen Renditeerwartung gebündelt auf die Gruppe der weniger risikoscheuen
Spekulanten zu übertragen (Marktfähigkeit spezifischer Risiken). Demnach
spiegelt sich in der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit, mit der sich finanzwirtschaftliche
Risiken mit Hilfe von Futures und anderen zeitgemäßen
derivativen Instrumenten über
den Marktverkehr sowohl isoliert beurteilen als auch durch deren Einsatz
zum Zwecke von Kurssicherungsgeschäften gezielt beherrschen lassen,
ohne Zweifel die zentrale ökonomische Bedeutung* des "Finanzintermediärs"
Terminmarkt für eine vorgeschrittene Volkswirtschaft wider.**
[* Siehe hierüber
auch: Signal-
und Informationsfunktion der Preise.]
[** Als Kritikpunkt
setzen lässt sich der Umstand, dass der Handel mit Futures nichtproduktiv
ist im Sinne einer Tätigkeit, die auf eine direkte Vermehrung von Wohlfahrtsgütern
in der Volkswirtschaft gerichtet ist.]
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