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Aufkommen, Stellenwert
und Anwendungsmöglichkeiten von Finanzderivaten
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Der Handelsverkehr mit
Futures,
Optionen und anderweitigen
Kernderivaten hat in den vergangenen drei Dezennien an den Welt-Börsenplätzen
und Finanz-Knotenpunkten Ausmaße angenommen, wie es sonst beispiellos
ist. In jener Zeitspanne kam es an den weltumspannenden Märkten bei
den vorbezeichneten Finanzinstrumenten zu einer schlagartigen Ausdehnung
ihres Umsatzaufkommens. Seinen sachlichen Ausgang nahm der in seiner
Triebkraft im großen Marktverkehr bis auf diesen Tag unaufhaltsame Vormarsch
der Derivate von dem lebhaften Ruf vielnamiger an den Welt-Finanzplätzen
ansässiger Geldhäuser und multinationaler Unternehmungen nach ebenso
bequemen wie wirksamen Schutzmitteln, mit deren Hilfe sich fallweise
spezifische Marktpreisrisiken sicher und zuverlässig handhaben lassen
(Hedging). Angesichts der
im ausgeprägten Wirtschaftsverkehr unserer Zeit merklich gestiegenen
Preisvolatilitäten in und
zwischen den volkswirtschaftlichen Güter- und Finanzmärkten nimmt es
nicht wunder, dass der angelegentliche Wunsch, aus berufenem Munde wiederholt
vorgebracht, an den Zukunftsmärkten sehr bald Gehör zu finden vermochte.
Wiewohl sich der Handel mit Finanzderivaten in seiner ganzen Breite
längst daran gewöhnt hat, beständig unter das Licht bald berechtigter,
bald anmaßender wie ungestümer Kritik gestellt zu werden, gehört er
heute zu den gewöhnlichen Alltagserscheinungen unseres fortgebildeten
Verkehrswesens.
Der große Aufschwung
der Finanzderivate begann bereits in den Siebzigerjahren des letztvergangenen
Jahrhunderts. Die treibende Kraft hinter dem mächtigen Emporkommen des
Derivatehandels waren rückblickend die immer mehr aufkeimenden Deregulierungs-
und Liberalisierungsbestrebungen im Zuge der Globalisierung der internationalen
Finanzmärkte. Diese stützten sich auf allerlei ambitioniert vorgebrachte
konzertierte wirtschaftspolitische Aktionspläne und stellten für den
weiteren Gang der Entwicklung in ihrem Kern darauf ab, eine in zeitlicher
und räumlicher Hinsicht immer engere Verflechtung der bislang weitgehend
unabhängig voneinander wirkenden (segmentierten) nationalen Märkte auf
den Weg zu bringen, mit dem ferneren Ziel eines einheitlichen globalen
Finanzmarktes ("Kapitalmarktunion"). Begleiterscheinungen, die hergeholt
vom technischen Fortschritt in der Informationstechnologie sich noch
einmal selbst zu beflügeln vermochten, so zumal erhebliche technische
Vereinfachungen von zwischenstaatlichen Finanztransaktionen ("electronic
processing"), die sich ehedem nur leidlich durch einen vertrackten
Bankenapparat schleusen ließen, sowie seit Anfang der 1980er-Jahre die
Schaffung bequemer Übertragungswege für Finanztitel mittels Verbriefung
von Forderungen, Verbindlichkeiten und Restbetragsansprüchen (Securitization)
und Emission der daraus hervorgegangenen Papiere* im Sekundärmarkt,
verliehen diesem Umwälzungsprozess noch zusätzlichen Rückenwind.
[* Aus dem Kreis
jener verselbständigten Rechte sind besonders herauszuheben Certificates
of Deposit (CDs), Euronotes, Euro Commercial Papers,
Zerobonds, Floating-Rate-Notes usw., sowie auf letzter
Stufe der Entwickelung im jüngsten Zeitabschnitt sog. Collateralized
Debt Obligations (CDOs), die im Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise
("subprime mortgage crisis") allerdings in Verruf gekommen sind
und seither in öffentlicher kritischer Diskussion stehen.]
In jenem Zeitabschnitt
vermochte sich ein von der kräftigen Strömung eines verstärkten Wettbewerbs
getragener nachhaltiger Aufschwung auf dem Felde der Finanzinnovationen
Bahn brechen, der von überallher in sprunghaft gestiegenen Umsatzzahlen
seinen Widerschein fand und der überdies einen stetig wachsenden Informationsbedarf
über die Anwendungsvoraussetzungen, Funktionen und eigentümlichen Risiken
von derivaten Finanzinstrumenten mit sich brachte. Die jüngst erworbenen
Einsichten der vorgeschrittenen Finanzierungsforschung verbunden mit
Ideenreichtum in der Produktgestaltung gaben der gesamten Bewegung nochmals
einen gewaltigen Ruck nach vorwärts. Diese äußeren Gegebenheiten boten
den verschiedenen Bank- und Emissionshäusern auf diesem Gebiet reichlich
Stoff für ein entsprechend breites Betätigungsfeld, auf dem unlängst
eine beinahe unüberschaubare Hochflut neuartiger Erzeugnisse entstehen
konnte und immer kunstvollere gewiss auch in Zukunft noch ersonnen werden,
nicht zuletzt im Verfolg der Absicht, diese zur Abschöpfung zusätzlich
geschaffenen Gewinnpotenzials auf dem Markte geldlich zu verwerten.
Alles dies führte in natürlicher Folgerichtigkeit zu einem wahrhaften
Umsatzschub auf den globalen Derivatemärkten. Durch die geballte Marktmacht
von sogenannten Hedge-Fonds
als auch durch die zunehmende Beteiligung einer stattlichen Zahl von
institutionellen Partizipanten* an Finanzderivaten ist ein üppiger
Zuwachs bei deren Handelsverkehrsziffern in der nächstbevorstehenden
Zukunft von dieser Seite schon heute absehbar.
[* Institutionelle
Marktteilnehmer haben üblicherweise – und zwar in viel stärkerem Maße
als Hedge-Fonds – einen besonderen Sinn für die Erzielung eines stetigen
und dauerhaften Einkommens und stehen daher dem eigentlichen Trading
eher fern. Zum Kreise der institutionellen Anleger gehören Geschäftsbanken,
Lebensversicherungsgesellschaften, Pensionskassen, sog. "private-equity"-
und Investmentfonds, zudem sog. Commodity Trading Adviser (CTAs), einige
multinationale Unternehmungen, Stiftungen sowie sonstige Kapitalsammelstellen.]
Im Wahrnehmungsfeld
der breitesten Schichten des Volkes ist das Wort "Börsentermingeschäft"
sichtlich mit einem Odium behaftet. Sobald man es im Munde führt, erhitzt
es die Gemüter. Das Wort erweckt sofort verschwommene Vorstellungen,
die in die unterschiedlichsten Richtungen gehen. So kursiert beharrlich
die Auffassung, Termingeschäfte seien über alle Maßen riskant und darum
unwiderruflich zu verdammen. Vielfach sogar werden Termingeschäfte in
Bausch und Bogen angefeindet. Sie werden in einem Atemzuge für eins
und dasselbe genommen mit waghalsigen wie gewissenlosen
Spekulanten, die von barer
Gewinnsucht beherrscht gigantische Geldsummen in sittlich anrüchiger
Weise aufs Spiel setzen und auch entfernt keinen Anstand nehmen, durch
ausufernde Spekulationsmanöver Preistreibereien an den Waren- und Finanzmärkten
Vorschub zu leisten – alles in dem Sinnen und Trachten nach schnellen
Kurssteigerungen, aus denen sie ihr überflüssiges Vermögen zu nähren
suchen. Derlei eingealterte, von innen heraus tief ins allgemeine Bewusstsein
gedrungene Anschauungen und wiederholt ausgesprochene Verdammungsurteile
sind in dieser Auffassungsweise irrtümlich. Sie stützen sich in der
Hauptsache auf den Sachverhalt, dass die denkmögliche Höhe der Verluste
bei gewissen Arten von (singulären) Termingeschäften* – zumal
von solchen, denen bei flüchtiger Betrachtung ihr hoch spekulativer
Charakter dem bloßen Augenschein nach gerade recht anzuhaften scheint
– nach einer irgendwelchen Unbedachtsamkeit oder Fehleinschätzung der
künftigen Preisentwicklung gedanklich ohne Halt gegen die buchstäbliche
Unendlichkeit strebt. Und weil solch ungeheuerliche Summen naturgemäß
von niemand allein mehr werden getragen werden können, fielen diese
letzten Endes unweigerlich dem Allgemeinwesen zur Last. – Noch andere
Formen von (OTC-) Derivaten
wieder, so vor allem sog. Credit Default Swaps CDS, werden alles Ernstes
bezichtigt, sie könnten ihres zuerkannten "systemischen Risikos" wegen
gar das gesamte Finanzgefüge in seinen Grundfesten erschüttern!
[* Angesprochen
sind damit im Besonderen singuläre
Short-Positionen in Futures
und ebensolche Short-Positionen in Optionen, durchgeführt als Outright-Geschäfte.]
Auf die Erweckung einer
derart irrigen, übel eingerissenen öffentlichen Meinung von der risikoreichen
Natur von Termingeschäften sind eine Reihe von Vorfällen an den Zukunftsmärkten
mit aufsehenerregenden Verlustgeschäften* gewiss nicht ohne fördernden
Einfluss geblieben. Genährt worden ist dieser noch durch die Einschläge
der unseligen Finanz- und Wirtschaftskrisen der letztvergangenen Zeit,
also seit dem Jahre 2007, zu denen es zwar an manch anständigen als
freilich auch an allerlei schiefen Berichterstattungen unter Vermittlung
der Wirtschaftstagespresse wahrlich nicht mangelte. Doch trotz alles
gegenteiligen Anscheines haben sie mit Recht nichts Verächtliches an
sich: So sehr sich ihnen auch manche historisch gewordene Übelstände
nachsagen lassen, so gründlich wird verkannt, dass das bloße Bestehen
von Finanzderivaten nicht gleichbedeutend ist mit ihrem Risiko!**
Nicht diese verdienen das Misstrauen, sondern die Handelsbeflissenen,
die sie blindwütig anwenden und mit ihnen unsachgerecht hantieren!
Erst Erscheinungen nämlich, wie mangelndes
Fachwissen, Missverstand, unzureichende interne wie aufsichtsrechtliche
Sicherungsvorkehrungen gegen technisches und menschliches Versagen sowie
ein leichtfertiger, unsachgemäßer, bisweilen sogar durch Spielfreude
gelenkter, vernunftwidriger Umgang mit ihnen werden zu einer ernsten
Gefahr! Der geschäftsgewohnte Derivatehändler vom Fach, der auf
dem Gebiet des Risikomanagements auf eine überreiche Berufserfahrung
zurückblicken kann, ist sich dieser Tatsachen nur allzu sehr bewusst.
Unter dem Eindruck dieser seiner anschauenden Erfahrung hat er sich
weise Vorsicht zum Gesetz gemacht. So wird er im tagtäglichen Verkehr
mit derartigen Instrumenten mit peinlicher Sorgfalt und Umsicht darauf
bedacht sein, jedweder Verlustgefahr vom Grund aus vorzubeugen. Mit
Rücksicht darauf wird er es an besonderen Vorbeugungs- und Schutzmaßregeln
nicht fehlen lassen, sich etwa einem verschärften Einsatz weithin bewährter
technisch-organisatorischer Überwachungsverfahren zur Eingrenzung der
Verlustgefahr zuwenden, die, wo etwas darauf ankommt, noch durch gewissenhaft
ausgeklügelte Handelstechniken ihre Ergänzung finden. Allein aller Sicherungsvorkehrungen
und Kautelen zum Trotz lässt sich, solange Menschen fehlbar sind, niemals
ganz ausschließen, dass ein ungelöster Gefahrenrest bestehen bleibt!
[* Illustrationsbelege
bieten sich in reicher Zahl dar. Stellvertretend für viele möge nur
eine kleine Auslese von klingenden Namen stehen: Midland Bank
(1990), Orange County (1994), Barings (Frühjahr 1995),
Daiwa Bank (Herbst 1995), Kidder Peabody, Long-Term
Capital Management (1998), Sumitomo (90er Jahre). Mit
Allfirst (2002), China Aviation Oil (2004), Amaranth
(2006), WestLB (2007), Société Générale (2008). So setzt
sich die Aufzählung von Finanzhäusern, die infolgedessen eine nicht
eben beneidenswerte Berühmtheit erlangt haben, auch in diesem Jahrtausend
fort. Es wäre ein Leichtes, die Zeugnisse der Bankzusammenbrüche noch
um einiges zu vermehren. Doch mögen diese Proben genügen.]
[** Einige Anmerkungen
mögen in dieser Note ihre Stelle finden: Finanzderivate stellen an sich
nichts Neues dar insofern, als sie sich, wie man längst weiß, nach der
Grundregel des Bausteineffekts in ihre altüblichen Bestandteile zerlegen,
wieder neu mischen und duplizieren lassen ("financial engineering").
Auch wenn für das Laienauge prima vista nicht erkennbar, so verkörpern
sie damit in ihrem Kern doch grundsätzlich die gleichen Prinzipien und
damit möglichen Strategien mit Inbegriff all ihrer Risiken, die bereits
seit langem von eingebürgerten Finanzanlagen her bekannt sind, aus deren
Einzelteilen sie ja aufgebaut und von denen sie ihren Wert in letzter
Hand ableiten. Nichtsdestoweniger packt einen die Verwunderung, greifen
doch in neuerer Zeit, in Deutschland zumal, ein gutes Dutzend Finanzmarktunternehmungen
im engen Bunde mit der werbenden Wirtschaftspresse derartige in ihrer
äußerlichen Schlussform umgestaltete Produkte begierig auf, um sie angesichts
der davon ausgehenden Gewinnlockungen dem privaten Geldanleger geradezu
reißerisch als verheißungsvolle "Neuerung" unter einem Wust von "wohllautenden"
Klingklangnamen (als da sind: Discount-Zertifikate, Bonus-Zertifikate,
Index-/Tracker-Zertifikate, Express-Zertifikate, Sprint-Zertifikate,
Basket-Zertifikate, Garantie-Zertifikat, Airbag Zertifikate, Knock-out-Zertifikate
usw.) mundgerecht und griffig zu machen. Dies geschieht oftmals unter
Täuschung über den üblichen Wortsinn der
Derivate, indem
dieser Name schlechtweg für
Zertifikate u.dgl.
allein in Anspruch genommen wird, ohne auch nur mit einem Sterbenswörtlein
von der Gegenwart bedeutsamerer, durchsichtigerer und weithin eingebürgerter
Derivate Notiz zu nehmen – sie wird rundweg totgeschwiegen! Das Herausputzen
solcherart künstlicher Finanzinstrumente ist insofern tief zu beklagen,
als manch weniger kundige Besitzer eines leidlichen Kapitales, eine
überlandesübliche Verzinsung aufsuchend, vielleicht dadurch ermuntert
allzu leicht der Verlockung erliegt, sein sauer erspartes Geld in für
ihn kaum durchsichtigen Anlagevehikeln hineinzustecken, anstatt es lieber
werbend in Termingeld,
mündelsicheren Staatsanleihen, allenfalls Indexfonds, ETFs usw. anzulegen.
Doch die Vorkommnisse der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrisen haben
den Argwohn gegenüber Zertifikaten rege gemacht. Zweifellos hat das
dahinterstehende Konzept, das vor einer Weile noch inmitten der Modeströmung
lag, einen so herben Dämpfer bekommen, dass das Vertrauen selbst in
den Reihen der treusten Zertifikateanhänger schwankend geworden ist.
Bis zum Zusammenbruch der Investmentbank (Spekulationsbank) Lehman
Brothers Inc. im September 2008 jedenfalls schien es so, als sei
der fortschreitend steigenden Zahl der umstrukturierten Produkte keine
Schranke gezogen.
Trotz alledem scheinen
Zertifikate selbst nach heutigen Verhältnissen noch weit oben auf der
Beliebtheitsskala so mancher Privatanleger zu stehen. Ihre Zahl ist
Legion. Allein der deutsche Markt für Zertifikate umspannt gegenwärtig
eine riesenhaft angewachsene Produktzahl – einschließlich einer Unzahl
abgewandelter Hebelprodukte und sonstiger Mischgebilde – von insgesamt
rund 1,5 Mio. Erzeugnisarten, die zusammen ein Marktvolumen von mehr
als 70 Milliarden Euro auf sich vereinen (Stand: November 2020). Ob
sie damit ihre Blütezeit hinter sich haben oder ob der Markt für Zertifikate
eine abermalige Belebung erfährt und uns auf einer nächsten Stufe der
Entwicklung wohl gar mit noch kunstreicheren Aufmachungen umstrukturierter
derivater Produkte beglückt, wird der weitere Fortgang lehren. Die Emissionshäuser
haben freilich allen Anreiz, diesen üppig blühenden Markt mit der Schaffung
immer neuer Papiere, die der gegenwärtigen Zeitrichtung augenscheinlich
zugeneigt sind, unter allen Umständen weiter auszudehnen. – Im Hinblick
auf die marktgerechte Ausgestaltung einer Anlagestrategie soll endlich
nicht versäumt werden noch zu bemerken, dass diejenigen, die am Finanzmarkt
einen aus herkömmlichen Instrumenten (Aktien, Anleihen, Futures und
Optionen) gegebenen Einkommensstrom unter Ersparung von Gebühren in
einen anderen, dazu äquivalenten umzuformen wissen, Zertifikaten mit
großer Gleichgültigkeit begegnen werden.]
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Beweggründe für den
Einsatz von Finanzderivaten
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Derivativer Finanzmarktinstrumente
gibt es viele und vielgestaltige. Sie alle sind ohne Ausnahme die Frucht
der freien Wahl der Vertragsgestaltung. Allein die derzeit auf dem Finanzmarkt
zur Auswahl stehende Produktpalette an vorgefertigten derivativen Finanzinstrumenten
ist dank ihrer mehrfachen Brauchbarkeit (Versatilität) breit genug angelegt,
das Entscheidungsfeld der Reflektanten um einen ganzen Schwung an bedarfsgerechten
Handlungsalternativen gehörig zu erweitern und zu ergänzen (Komplettierung
und Vervollkommnung des Finanzmarktes). Ohne das Dasein von Zukunftsmärkten,
auf denen Derivate erstehen und umgesetzt werden, wären diese kaum oder
gar nicht zu verwirklichen. Der besondere individualwirtschaftliche
Vorteil von Finanzderivaten liegt nun ganz entschieden darin, dass die
Nutzleistungen, die sie jedem mit dem Stoff Vertrauten zu stiften vermögen,
sich durch individuelle Kontraktausformung haarklein ausrichten lassen
auf die gerade vorherrschende Markterwartung ebenso als auf die ureigensten
Befindlichkeiten, insbesondere auf die persönliche Einstellung gegenüber
wirtschaftlichen Unsicherheiten, d.i.
die Risikoempfindung des Disponierenden.
Derivative Finanzinstrumente
öffnen den Zugang zu einer Fülle von verschiedenartigen, sonst nur umständlich
zu erreichenden oder vielleicht sonst unzugänglichen wirtschaftlichen
Nutzverwendungen. Vorbedingung dafür ist ein umfassendes, tiefgreifendes
Verständnis ihrer Wirkungsweise. Ihr gekonnter Einsatz erschließt den
sachkundigen Marktteilnehmern eine ihren persönlichen Markteinschätzungen
wie Risikoneigungen gleichgerichtete Positionierung in und zwischen
den Güter- und Finanzmärkten, die ohne das Dasein derartiger Instrumente
entweder gar nicht denkbar oder doch nur unvollkommen zu verwirklichen
wären ("risk/return management"). So lässt sich durch den sachgerechten
Gebrauch von Finanzderivaten häufig und gern ein gewünschtes Risiko-/Ertragsprofil
wohlgefällig verwirklichen, ohne dabei dem Erfordernis unterworfen zu
sein, die sofort fälligen und meist nicht unerheblichen Summen zu finanzieren,
die auf einen effektiven Erwerb der unterliegenden Vermögenswerte ("underlying")
und erforderlichenfalls deren physischen Bestandhaltung sonst auszulegen
wären ("cost management").* Gleichzeitig lassen sich Risiken
und Liquidität durch den Einsatz von Derivaten auf einfache Weise separieren.
Planvoll eingesetzt, lässt sich etwa mit Hilfe von Futures und Optionen
im Zusammenspiel mit anderen Formen der Geldanlage (d.h.
im Rahmen der Ausrichtung des Gesamtportefeuilles und vor dem Hintergrund
eines gegebenen wirtschaftlichen, steuerlichen und persönlichen Entscheidungsumfeldes)
bei vergleichsweise geringem Mitteleinsatz unter Einsparung von
Transaktionskosten
nach freiem Belieben fast jede den Marktverhältnissen konforme Risiko-Rendite-Kombination
mit leichter Mühe verwirklichen (vollständige Märkte, "complete markets").
[* Finanzderivate,
wie Futures, Optionen, Swaps usw., erhalten hierdurch zum Mindesten
den Zuschnitt einer eigenständigen Klasse an Vermögenswerten ("Asset-Klasse").]
Die nachfolgende summarische
Aufzählung bezeichnender Anwendungsfälle von Finanzderivaten möge die
Weitflächigkeit ihrer Einsatzmöglichkeiten exemplifizieren: So lassen
sich etwa durch strategischen Einsatz von Derivaten Index-Terminkontrakte
einem korrespondierenden Aktienportfolio beisteuern in der Absicht,
an den Aktienmärkten unter Ersparung von Kosten an bald zu erwartenden
Kurssteigerungen überproportional teilzuhaben (Ertragsoptimierung, Investing),
ohne zu diesem Zweck die sonst notwendigen Umschichtungen im Depot vornehmen
zu müssen. Darüber hinaus vervollständigen Futures, Optionen und andere
Derivate die bestehenden Finanzmärkte auch mit Rücksicht auf die Versicherbarkeit
von Risiken: Durch ausgewählte – und durch die Finanzierungsforschung
der Neuzeit noch stetig verfeinerte – Methoden der Risikosteuerung lassen
sich mit diesen Instrumenten beispielshalber spezifische Versicherungen
in ihrer Zahlungsstruktur präzise nachbilden, Kreditrisiken übertragen,
leistungswirtschaftliche Risiken von finanzwirtschaftlichen Risiken
trennen oder systematische Risiken* aus
Wertpapierportfolios, welche
mit konventionellen Anlageinstrumenten allein nicht weiter diversifizierbar
sind, taktisch mithilfe von Futures weiter herabmindern, äußerstenfalls
sogar gänzlich fernhalten (Hedging; "risk management"). Fernerhin
werden Derivate namentlich von institutionellen Investoren (s.o.)
häufig und gern eingesetzt zum Zwecke einer
Index-Arbitrage,
zur Schmälerung von Transaktionskosten und Steuern sowie aus bilanziellen
Gründen ("regulatory arbitrage"), unlängst aber auch zur Schaffung
neuartiger (sog. strukturierter) Produkte ("synthetic securities";
Innovationsfunktion) als endlich zu einer Kosten sparenden Duplizierung
bereits vorzufindender Kapitalanlageformen. Doch nicht minder hat sich
der gekonnte Einsatz von derivaten Instrumenten bewährt, insofern es
um die Verstetigung von Renditen geht, und das weitgehend unabhängig
von der allgemeinen Marktentwicklung. Kurzum: Kraft ihrer breit gefächerten
Nutzungsmöglichkeiten zählen Finanzderivate, wie Futures, Optionen und
Swaps usw., in der modernen Handelswelt unserer Zeit unstreitig zu den
integralen Bestandteilen eines gediegenen Portfolio- und Risikomanagements.
[* Das Systematische
Risiko, auch Marktrisiko
genannt, umschreibt die Wertgefahr, die vornehmlich von allgemeinen
makroökonomischen Einflussgrößen ausgeht, insbesondere also Wechselkurs-
und Zinsänderungsrisiken, Unsicherheiten bei Wachstumsraten und Wirtschaftszyklen
usw. Aber auch Wirtschaftspolitik und Steuergesetzgebung, Kriegsgefahren
oder Naturkatastrophen treten als Risikofaktoren dazu. Kennzeichnend
für systematische Risiken ist also, dass sie stets von einer Wirtschaftsgemeinschaft
als Ganzes getragen werden müssen.]
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Betreffend die Bedeutung und die besondere
Funktion von Futures im Einzelnen

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