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Trading: das Spekulationsmotiv
im Handel mit Futures
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Tagaus, tagein treffen Trader,
Hedger und
Arbitrageurs, die
sich dem Wettbewerb tätig zu stellen gewillt und gewohnt sind, aus aller
Herren Ländern an den Finanzmärkten zusammen, um zwischen- und untereinander
Handel zu treiben. Hierbei kommen die verschiedensten Handelsformen,
Instrumente und Verfahrensweisen zum Einsatz. Seine wohl technisch höchste
Vollendung findet der Handelsverkehr stets dort, wo die Gegenstände
des Handels in die Gewandung der
derivaten
Finanzmarkttitel gekleidet sind: das ist an den gut geordneten,
geregelten, hoch ausgebildeten Terminmärkten, also hauptsächlich an
den
Terminbörsen.
Damit ist zugleich der an den Terminmärkten vertretene Teilnehmerkreis
bestimmt, der sich nach den drei eben benannten Klassen teilt. In den
Mittelpunkt der nachfolgenden Betrachtungen seien vorzugsweise die Handelstätigkeiten
des Traders gestellt.
Der englischsprachige Name
Trader bezeichnet einen Handelsspekulanten,
der das Geschäft des Tradings versieht. Unter dem Ausdruck
Trading
versteht man gemeinhin die unter wiederholtem Einsatz von Risikokapital
eingeschlagene Handlungsweise der willentlichen Übernahme eines Preisänderungsrisikos
zu allermeist nur auf sehr kurze Frist, in Erwartung eines Vermögenszuwachses
aus einer sich in der nächsten Zukunft einspielenden Verschiebung in
der positiven Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis (Preisüberschuss)
der umgesetzten Finanzmarkttitel (Handelsspekulation in Form der
Differenzspekulation).
Ein Trader betreibt das Trading also entschieden um des Gewinnes willen.
An einer realwirtschaftlichen Bindung an dem Gegenstand seiner Spekulation,
dem jeweiligen Basisgut, von dessen Preiswechsel der Ausgang seiner
Geschäfte im letzten Grunde abhängt, liegt dem Trader in aller Regel
nichts. Es führt ein Dasein für ihn gewissermaßen nur als Anhängsel
auf dem Papier. Alles dreht sich ihm vielmehr um die Preisgestaltung.
Aber nicht bloß nach dieser Richtung besteht zwischen der Zunft der
Trader und den übrigen am Marktgeschehen Anteil nehmenden ein vergleichsweise
scharfer Gegensatz, wie im Folgenden noch ersichtlich werden wird.
Ein Blick in die einschlägigen statistischen
Marktberichte (z.B. in den
von der amerikanischen Aufsichtsbehörde CFTC veröffentlichten, viel
beachteten "Commitments of Traders Report",
COT Report) gibt Zeugnis davon, dass die einzelnen Gruppen der Marktteilnehmer
auf den Zukunftsmärkten im Allgemeinen ganz ungleich stark besetzt sind.
Stellt man etwa die Zahl der Spekulierenden (Trader;
auch weniger vornehm "player" oder "Differenzspieler" genannt)
jener der anderen auf den Börsenterminmärkten tatkräftig beteiligten
Kreisen vergleichend entgegen, so erweist sich, dass die spekulativ
ausgerichtete Partei in allen erdenklichen Marktabschnitten geradezu
ausnahmslos den überwältigenden Anteil nimmt. Kraft ihrer Prävalenz
ist sie ohne Zweifel befähigt, in ihrer Gesamtheit den spürbarsten Einfluss
auf das große Marktgeschehen auszuüben.
Doch selbst dann, wenn das wechselseitige
Häufigkeitsverhältnis der oben benannten Trias in der weit überwiegenden
Mehrzahl eine wahrhaftige Vorherrschaft der Gilde der Spekulanten wiederholt
zu Tage fördert, so ist diesem Umstand jenseits aller sittenstrenger
Wertungen dennoch ein nicht gering zu achtender Vorteil zu verdanken:
Der von den zahlreich vertretenen Terminspekulanten ausgehende breite
Zustrom von Risikokapital verteilt sich im großen Ganzen auf eine recht
überschaubare Zahl von vorbereiteten Finanzderivaten. Die Zusammenballung
der Finanzmittel auf diese Letzteren bewirkt wieder eine Vertiefung
der Märkte mit dem Erfolg einer beträchtlichen Hebung ihrer Handelsverkehrsziffern
("volume" und
Liquidität), was
nicht nur den Vorzug einer Erhöhung der Aussagekraft der Marktpreise
(Informationseffizienz) zubringt, sondern vor allem den einer Festigung
der Standhaftigkeit wie auch den einer Steigerung der Nachhaltigkeit*
des Marktverkehrs auf dem gesamten Gebiet börsennotierter Terminkontrakte
nach sich zieht. Im Verhältnis zur Gruppe der risikoscheuen Hedger tragen
die risikofreudigeren Spekulanten als Gegenpartei von
Kurssicherungsgeschäften überdies
bewusst die Gefahr von mitunter empfindlichen Vermögenswertverlusten
und verschaffen Ersteren hierdurch die erwünschte Versicherungsleistung.
[* Liquide Märkte
gelten als Grundvoraussetzung für informationseffiziente, vollkommene
Märkte. Der Segen effizienter Märkte liegt für praktische Zwecke wieder
darin, dass vermöge einer berechenbaren, fortdauernden, verbürgten Marktbewertung
Anpassungsentscheidungen an neu eintreffende, richtungweisende Tagesneuigkeiten
und Nachrichten sich über zweckentsprechende Transaktionen ohne Reibungsverluste
mit einem Wurf umsetzen lassen ("reibungsloser Ein- und Ausstieg" in
unmittelbarer Aufeinanderfolge, "friktionsloser Sekundärmarkthandel").
Dies bewirkt mit Blick auf den Gang der Preise rein äußerlich, dass
sich sonst mögliche einzelne größere Schwankungsanfälligkeiten der Kurse
gehäuft zahlreicheren kleineren fügen.]

Finanzderivate lassen sich je nach vorschwebendem
und möglichem Verwendungszweig den unterschiedlichsten wirtschaftlichen
Belangen dienstbar machen: Preisfindungs- und Sicherungszwecken so gut
wie Arbitrage- und Spekulationszwecken. Mit ganz unterschiedlichen realwirtschaftlichen
Auswirkungen. So ist den leibhaftigen Tradern an den Derivatebörsen,
ungleich der überwiegenden Mehrzahl der Hedger als auch den Arbitragehändlern
i. e. S. gegensätzlich, im
Allgemeinen nichts an der gegenständlichen Lieferung oder gar an der
Herstellung der den einzelnen
Futures- bzw. Optionsgeschäften
zugrunde liegenden wesentlichen Wirtschaftsgütern ("underlying assets")
gelegen. Vielmehr richten Trader ihr Augenmerk vor allem anderen auf
den möglichen Gang des Kontraktpreises. Im Bestreben, aus dem unaufhörlichen
Wechsel der Preisverhältnisse auf den Märkten Kapital zu schlagen, kaufen
sie in Aussicht auf mutmaßlich steigende Kurse Terminkontrakte ("long")
für den ungewissen Verkauf, und verkaufen umgekehrt in Erwartung sinkender
Kurse Terminkontrakte ("short") für den ungewissen Kauf (Börsenspiel,
Agiotage). Zwar setzen sie gewisse Zielpunkte für den Geschäftsausstieg;
über den tatsächlichen Ausgang der Kursentwicklung beim Gegenstand ihrer
Differenzspekulation lässt sich aber von Anfang bis zu Ende allenfalls
eine vage Mutmaßung hegen. Erst in Nachhinein steht fest, wer wie viel
gewinnt und wer wie viel verliert. Allein dieser Gesichtspunkt des daran
hängenden Spielrisikos stempelt sie vordergründig zu Spielern ("player").
Auf der anderen Seite trägt jeder von ihnen durch seine bloßen Handelsbemühungen
aus sich heraus zur Bildung der für jedermann erkennbaren Marktmeinung
bei.
Ziele im Trading
Trader haben sich das Erhandeln von Differenzgewinnen
zum obersten Ziel gesteckt. Dies Strebeziel bedingt, die aussichtsreichsten
aus der Fülle der an den Märkten zugänglichen Handlungsgelegenheiten
herauszugreifen und sie auf geschickte Weise in die wirkliche Tat umzusetzen:
das "selektive Handeln". Einem solchen Handeln wird vorgearbeitet durch
den Rückgriff auf sinnvoll ausgedachte, planmäßig vorbereitete
Trading-Strategien. Derart
hochstehende Handelspläne ("trade plans"), einmal ausgeklügelt,
gehen wie aus einem Guss hervor aus einem Satz besonderer Verhaltensmuster
und marktgerechter Regeln, die den Anspruch in sich aufnehmen, im großen
Durchschnitt und auf die Dauer ("in the long run") weit überlandesübliche
Renditen zutage zu fördern ("abnormal
return"). Die davon hergeholten Markttaktiken passender Art gelangen
fallweise zum Einsatz, sowie eine mutmaßlich vorteilhafte Verschiebung
der Marktlage in Aussicht steht, für die der Händler eingenommen ist
und die ihn zum Tätigwerden an den Terminmärkten herausfordert.
So wird der spekulativ ausgerichtete Terminhändler
von Fach, der in schicklicher Weise über die verschiedenen Verfahrensarten
im Trading unterrichtet ist, mit Bewusstsein danach trachten, durch
wohldurchdachtes, entscheidungsbezogenes Aufsuchen von günstigen Gelegenheiten
an den Märkten (samt ihren Risiken!) mithilfe eines darauf fein abgestimmten
Plans aus den Zukunftsmöglichkeiten der Preisbewegungen von Finanzderivaten
auf kurze Frist gezielt Nutzen zu ziehen (Wagnis, Wette; willentliche
Aufhöhung des "risk exposure" durch Aufbau offener Posten, "hold
and hope"-Strategie; "aleatorische Verträge"); oder um es ohne Umschweife
und rundheraus zu sagen: Der verständige, wohlunterrichtete Händler
baut seine Geschäfte nicht völlig planlos ins Ungewisse, sondern wettet
mit weisem Bedacht nach einem im Voraus zurechtgelegten Plan ("investment
decision"). Er wettet planmäßig, indem er seine gesamten Fachkenntnisse
und alle seine Fähigkeiten mit allem Vorbedacht in einem gelegenen Augenblick
in Wetten auf den
Terminkurs umsetzt ("trade dicision"). Seine Zielsetzung
geht vorzugsweise darin auf, durch gewagtes, aber gewandtes Tätigwerden
auf den Weltmärkten für Termingeschäfte allein aus dem Spiel der Preise
in absehbarer Zeit überverhältnismäßig ertragreiche Spekulationsgewinne
für sich zu erwirtschaften. Auf der Kehrseite indes ist jedes der auf
den Derivatemärkten unternommene Verpflichtungsgeschäft von vornherein
der niemals zu verkennenden Gefahr ausgesetzt, aus verfehltem Einsatz
spekulativer Eigenmittel, zumal bei grobem Irrtum über die Marktlage
und Eintritt nicht auszudenkender, nicht vorausgewusster oder nicht
vorausdurchdachter (nicht antizipierter) Entwicklungen, auf einen Schlag
kaum wieder gutzumachende Vermögensverluste anzuhäufen. So manch ein
Futures-Händler, gegen den sich der Markt wandte, ist durch bittere
Erfahrung darüber belehrt worden. Mit einem Worte: Chancen und Risiken
gehen an den Märkten Hand in Hand, sie sind unlöslich in einem sich
gegenseitig bedingenden Verhältnis eisern ineinander eingeankert!
Bei genauerem Zusehen sind wohlgeglückte
Spekulationsgeschäfte, denen obendrein ein begründeter Anspruch auf
Nachhaltigkeit beschieden sein mag, vornehmlich hergenommen von einem
zeitigen wie zuverlässigen Auffinden – je eher je besser – und gekonnten
Ausnutzen der sich auftuenden Gewinnaussichten in und zwischen den Terminmärkten,
d.i. von der Fähigkeit der
raschen wie zutreffenden gedanklichen Vorwegnahme künftiger Kursverläufe
mitsamt allen dabei zu berücksichtigenden Begleitumständen (vorzugsweise
"Gewinne aus Wissensvorsprüngen*"). Ein jeder Handelsvorgang,
der eben darauf baut, will – bei aller Schnelllebigkeit der einzelnen
sich darbietenden Vorteilsgelegenheiten – vorher reiflich erwogen sein.
Meist sind sie das Ergebnis fortgesetzter, scharfer Beobachtungen der
Märkte vereint mit reicher Eigenerfahrung. Sind die für die Stich- und
Hiebfestigkeit seiner Berechnung nötigen Denkanforderungen und Bemühungen
an Voraussicht erst einmal geleistet ("research"), wird der börsengeschäftskundige
Händler mit nüchterner Erwägung und Verstand in geeigneten Fällen bewusst
einen offenen "Risiko-Posten" zu einem der vorübergehenden Terminpreise
aufbauen ("entry", "naked futures position"), sowie er
seine Berechnung für zutreffend hält und auch das damit aufgenommene
Wagnis, dass der Wissensstand über die Zukunft und damit der Kurs sich
in einem fort ändern wird, nicht scheut. Bei der Gelegenheit ist daran
gedacht, diesen in einem für sein Vorhaben günstig scheinenden, aber
wenigstens für den Augenblick noch nicht genau bestimmbaren künftigen
Zeitpunkt** zwar zu einem erstrebten, im Voraus gewollten, überhaupt
aber noch unbekannten Terminkurs wieder zu schließen ("exit").
Erfüllen sich hierauf die ursprünglichen Erwartungen durch Verwirklichung
der erhofften Preisverschiebungen im Markt, so werden die vorgehaltenen
Posten dem Vorhaben gemäß mittels eines gegenläufigen (kompensierenden)
Geschäfts (Gegengeschäft)
zum dann herrschenden Marktpreis wieder geschlossen und auf diese Weise
die bis dahin angewachsenen Kursdifferenzgewinne heimgebracht. Erweisen
sich die Vorhersagen hingegen als trügerisch oder gar grundfalsch, ganz
gleich, ob aus Unbeholfenheit, aus persönlichem Ungeschick, sträflicher
Gedankenlosigkeit, Missverstand oder schlicht infolge umschlagenden
Glücks, und die Kurse laufen den Erwartungen arg zuwider, so rächt sich
dies unweigerlich durch mitunter schmerzliche Vermögensverluste, die
sich der Händler aus seinen eingegangenen Verpflichtungen nun gefallen
lassen muss (Kursdifferenzverlust). Eben diese durch taugliche Maßregeln
zur Risiko-Begrenzung (Stopp-Orders, Gegengeschäfte
mit Optionen, Hedging usw.) allezeit im Zaume zu halten ist darum ebenfalls
ein hochwichtiger Teil jedes wohlbedachten Handelsplans (dynamische
Trading-Strategie, "money management"). – Durch eine vorgelagerte
Aufmachung der einzelnen derivaten Erzeugnisse von einheitlicher Art
(Standardisierung)
werden an den Terminbörsen die nötigen Voraussetzungen geschaffen zum
einen für eine jederzeitige Handelbarkeit bei schnellem und einfachem
Marktzugang und zum anderen für eine rasche Abwicklung der Geschäfte
zu möglichst erschwinglichen Handelsspesen (Transaktionskosten),
wodurch die Aussichten auf einen Abschluss zu allseits fairen und angemessenen
Preisen sich insgesamt verbessern.
[* Die Grundlage
für einen einträglichen Ansatz im Trading können einerseits Wissensvorsprünge
bilden, die durch Lauschen an den Quellen der Kapitalströme des Großkapitals
gewonnen und die unter blitzartiger Verarbeitungsgeschwindigkeit ausgewertet
wurden, also i. d. R. durch
die planmäßige Ausnützung (noch) nicht allen zugänglichen Wissens (Primärinsider),
andererseits freilich auch durch einfallsreiches Handeln ("alertness").
Hierbei wird beabsichtigt, in Anbetracht der Gewissheit über die Lückenhaftigkeit
der eigenen Kenntnis, aber im Vertrauen auf überlegene Expertise und
Informationsverarbeitungsqualität, aus unvollständigem Wissen anderer
Kapital zu schlagen.]
[** Derivatehändler
stehen bei alledem gewöhnlich unter einem gewissen Zeitdruck. Denn im
Unterschied von Kassa- und Spotmarktgeschäften, wo der Verwirklichungszeitpunkt
durchaus in ferner Zukunft liegen mag, sind die finanziellen Ergebnisse
aus Futures- und Optionsgeschäften zumeist sehr kurzfristig, d.h.
längstens "zum Termin" geltend
zu machen und abschließend abzurechnen. Vgl. hiezu ergänzend:
"roll over" mit Futures.]
Allgemein gefasst: Spekulativ tätige Händler,
die für die Folgezeit auf steigende oder auf weiter hochgehende Kurse
rechnen, kaufen Terminkontrakte um des vorteilhafteren Verkaufes willen
– sie "gehen long".
In der Fach- und Standessprache der Börsen werden diese Markthändler
gemeiniglich als "bulls" bezeichnet,
sie sind "bullish" in ihren Markterwartungen (Haussiers). Ihnen stehen
Marktbeteiligte gegenüber, die auf bald fallende oder weiter absinkende
Kurse setzen. Sie verkaufen Terminkontrakte in der Hinaussicht, zu ermäßigten
Kursen Deckung zu finden – sie "gehen short". Letztere heißen "bears",
ihre Markterwartungen sind "bearish" (Baissier). Die Rechnung des Haussiers
ist im Großen und Ganzen aufgegangen, wenn er spätestens zum Liquidationstermin
des Futures die Gelegenheit findet, seinen Kontrakt zu einem den Einstandskurs
und die Kosten des Börsengeschäfts übersteigenden Kurs glattzustellen;
jene des Baissiers dagegen ist aufgegangen, wenn sich ihm bis zum Liquidationstermin
des Futures die Möglichkeit bietet, seinen Kontrakt zu einem gegenüber
dem Einstandskurs entsprechend niedriger stehenden Kurs wieder einzudecken.
Andernfalls muss jeder von ihnen bald Verluste hinnehmen oder doch bald
seinen Posten mit ungewissem Ausgang auf einen späteren Termin umlegen
("rollen"; auf die
Gefahr von "Rollverlusten" hin).
Ein ordentlicher Verkehrsvorgang an den
Börsenterminmärkten setzt, von Optionskäufen absehend, i.d.R.
die Erbringung eines
Ersteinschusses
("initial margin") voraus. Da bekanntlich der für die Teilnahme
am Futures-Handel erforderliche Mindesteinschuss im Verhältnis zum eigentlichen
Kontraktgegenwert durchweg außerordentlich gering anschlägt*,
geht daraus ein stattlicher Hebeleffekt (Leverage-Effekt)
hervor, der auf beiden Seiten – Long wie Short – gleichermaßen Wirkungskraft
erlangt. Der Hebeleffekt wird eine umso kräftigere Wirkung entfalten,
je niedriger der Bruchteil der Mittel für den Ersteinschuss in Anschlag
steht, die aufzubringen erforderlich wären, um eine entsprechende Positionierung
an den Spot- oder Kassamärkten einzuleiten. Der Hebeleffekt ist ein
bedeutsamer Beweggrund für eine Mitwirkung am Terminhandel, weil er
einer willkommenen Verringerung des Finanzmitteleinsatzes
(= Kreditfunktion von Hebelprodukten)
in die Hand spielt. Am Ende aber ist dieser notwendig erkauft mit einer
Ausweitung des übernommenen Preisrisikos – was schlussendlich die Bereitschaft
zum Aufbau spekulativer Posten augenscheinlich mehr befördert und befruchtet
denn hemmt.
[* Dies geht mitunter
soweit, als im Tagesgeschäft durchaus auch ganz ohne Ersteinschuss mit
Futures gehandelt werden darf, sofern eine etwaige verbleibende Nettoposition
am Tagesende eines Handelsabschnitts ("overnight") gedeckt ist.]
Der eigentliche Pfiff von Futures-Geschäften
liegt für den von Risikofreude beseelten Händler allemal darin, durch
Einsatz von vergleichsweise geringen Summen kraft des Hebeleffekts mit
besten Erfolgsaussichten auf kurze Frist von günstigen Gelegenheiten
auf den Terminmärkten Gewinn ziehen zu können.
So ist es dank der gewaltigen Hebelkraft von Finanzderivaten bei kaum
nennenswerten Börsenhandelskosten keine Seltenheit, dass, besonders
manchenorts in heftig schwankenden ("volatilen") Terminmärkten, auf
den hinterlegten Ersteinschuss ("inital margin") bezogene Renditen
("return on margin"
ROM) von mitunter vielen 100 Prozenten innerhalb kürzester Zeit zur
Verwirklichung gebracht werden. Und so kann es sein, dass es dem einen
oder dem andern beschieden ist, wie aus dem Nichts ein ansehnliches
Vermögen aufzuhäufen. Wohl nicht nur unter dem Anreiz der kräftigen
Hebelwirkung allein erfahren die Terminmärkte in der ganzen Handelswelt
verstärkt Andrang. Durch die jüngsten Zugewinne an finanzanalytischen
Einsichten zusammen mit der steten Fortentwicklung von elektronischen
Handelsvorrichtungen ("electronic trading systems"), welche die
Handelshäufigkeit beständig zu steigern vermögen (bis hin zum Hochfrequenzhandel)
und gleichzeitig die Ankauf- und Verkaufkosten für die gegen einander
auferlegten Verpflichtungen an den Börsen immer tiefer herabmindern,
dazu begünstigt von wiederkehrend zunehmenden
Volatilitäten* in und zwischen
den Terminmärkten, wird die innere Bereitschaft etlicher Händler zur
Teilnahme am Futures-Handel noch um ein Zusätzliches vorangetrieben.
[* Die
Volatilität umschreibt Stärke
und Häufigkeit von Kursauschlägen, die auf dem bezüglichen Markt zu
verzeichnen sind. Volatile Märkte schaffen allseitig einen Anreiz zur
Spekulation, erhöhen andererseits aber auch vielfach die Notwendigkeit
zum Abschluss von Preissicherungsgeschäften ("hedging"). Gleichzeitig
ist festzustellen, dass eine steigende Volatilität besonders die
indirekten Transaktionskosten in die Höhe
zu treiben trachten.]
Doch ist hier doppelte Vorsicht am Platze
und darum sei eindringlichst vor Schaden gewarnt! Den überaus verlockenden
Gewinnhoffnungen auf der Bildseite steht nämlich die Wertgefahr auf
der Kehrseite untrennbar gegenüber! Anders als bei Optionskäufen etwa,
wo äußerstenfalls die bereits bezahlte Optionsprämie ("total premium")
verloren gehen kann, muss der mit Futures Spielende auf Verluste gefasst
sein, die bei einer unglücklichen, unbesonnenen, unzeitigen, leichtsinnigen
oder unsachgemäßen Anwendung in ihrem Ausmaß sein Privatvermögen binnen
kurzem vollständig aufzuzehren ("Substanzrisiko"), wenn nicht weit zu
übersteigen imstande sind ("Übersubstanzrisiko"). Für das vermögensmäßige
Einstehenmüssen für Verluste aus Futuresgeschäften von spekulativer
Spielart ist im Falle ihres Leerverkaufs (also solche, die in Gestalt
von singulären Short-Futures-Position gehalten werden) bei steigenden
Notierungen theoretisch sogar keine Grenze absehbar, während selbiges
bei Kaufpositionen (singuläre Long-Futures-Position) und fallenden
Kursen, so bedauerlich es für den Einzelnen sein mag, in seinem Ausmaß
immerhin durch den mit dem Einstandskurs ausgemachten gesamten Kontraktgegenwert
zum Termin praktisch auf eine natürliche (wenngleich nicht allerorten
verbindliche) Grenzlinie stößt. Ein grober Fehlgriff bei Futuresgeschäften
kann mithin zum Verhängnis werden und unersetzlichen Schaden bringen.
Schon ein Flüchtigkeitsversehen kann ausreichen, das ganze bürgerliche
Dasein und wirtschaftliche Wirken zu verderben, ja es vielleicht ein
lebelang zugrunde richten!*
[* Hier liegt
zugleich auch eine gewisse Gefahr vor, die in der Natur des menschlichen
Seelenlebens begründet ist: Die tatsächliche Leistung einer Zahlung
wird meist wohl überlegt, während die bloße Übernahme einer gleich großen
Schuld meist flugs von der Hand geht.]
Die eigentliche Ursache für das buchstäblich
bis ins Uferlose reichende Verlustpotenzial gerade bei fehlgeschlagenen
Short-Spekulationen besteht darin, dass im Rahmen von Futuresgeschäften
die Verpflichtung des Positionsinhabers – trotz und wegen des verhältnismäßig
geringen Ersteinschusses an Margin – sich grundsätzlich auf den Gesamtwert
des bewegten Kontraktumfangs erstreckt (Hebelwirkung) und der Marktpreis
hierbei kein oberes Limit für die Beschaffung der unterliegenden Werte
kennt. Der nach einer Schieflage erlittene Vermögensverlust der einen
Marktseite entspricht bei Geschäften mit Futures – vorbehaltlich von
Transaktionskosten und abgesehen von Nutzeneffekten – in seiner Höhe
stets dem Gewinn der jeweils anderen Marktseite ("Nullsummenspiel",
symmetrisches Gewinn-/Verlustprofil).
Die Wahrnehmung der beachtlichen Gewinnchancen an den Futuresmärkten
ist also unentrinnbar mit der höchst gegenwärtigen Gefahr des Misslingens
erkauft. Grelle Verluste können sohin die unerbittliche Folge sein.*
Kundige Terminhändler schützen sich daher gegen solche und andere Gefahren
durch Anwendung bewährter risikopolitischer Sicherungsinstrumente, welche
die mit dem Handel mit Derivaten einhergehenden Gefährdungen in ihren
Folgen mildern, weithin eingrenzen oder sogar ganz abwenden.
[* Hinweis:
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat beschlossen,
dass sie den spekulativen Handel mit Futures-Kontrakten für Privatanleger
aus Deutschland einschränken wird. Ab dem 1. Januar 2023 wird es neue
Beschränkungen geben, die dem Schutz von Privatanlegern erhöhen und
das Risiko unerfahrener Anleger beim Handel mit Futures-Kontrakten vermindern
sollen. Die Regelung sieht vor, für private Händler mögliche Verluste
auf die beim Broker eingelegte Summe zu begrenzen. Mehr dazu auf der
Webseite der BaFin.]
Ein weiterer Glanz- und Anziehungspunkt,
der eine spekulative Beteiligung am Terminkontrakthandel erst nach jeder
Seite befruchtet, folgt aus der Leichtfüßigkeit, mit der sich Leerverkäufe
("short selling") in Futures einleiten, durchführen und abschließen
lassen. Dank den vergleichsweise kleinen Kosten wie auch der geschmeidigen
Handhabung von Short-Positionen in Futures lässt sich ein schlüssiger
Handlungsplan für eine Differenzspekulation auf fallende Preise oftmals
schneller, bequemer und billiger durch den Einsatz von Termingeschäften
verwirklichen als über einen Leerverkauf des zugrunde liegenden Instruments
im darauf bezüglichen Barmarkt selbst (vgl. hierüber auch
Wertpapierleihe und Leerverkauf
von Aktien).* Es gilt dies der Natur der Sache nach umso
mehr von Termingeschäften mit Warencharakter, den
Commodities.
Durch die wahrhaftige Gleichrangigkeit von Kauf- (Long-) und Verkaufs-(Short-)Positionen
gewinnen die Geschäfte an den Derivatebörsen, verglichen mit Spot- und
Kassamarktaktivitäten, damit noch zusätzlich an Anziehungskraft.
[* Ohne an dieser
Stelle in die Einzelheiten zu gehen, lassen sich als weitere Nachteile
von Spotmarktgeschäften gegenüber Operationen am Terminmarkt anführen:
1.) durchgängig höhere Transaktionskosten bei sich deckenden Volumina,
2.) Refinanzierungsnotwendigkeit, 3.) eine dem gewünschten Risiko-/Ertragsprofil
entsprechende Positionierung lässt sich nicht oder nur schwer bewerkstelligen,
4.) steuerliche und administrative Erfordernisse, negative Bilanzauswirkungen,
Meldepflichten u.dgl.m.]
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Die einzelnen
Gruppen spekulativer Marktteilnehmer im Futures-Handel

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