|
Was ist eine Option?
|
Optionen
(von lat. optio, »das Recht der Wahl«, »aus freiem Willen gewählt«)
gibt es auf den Finanzmärkten in den mannigfaltigsten Erscheinungsformen.
Dennoch lassen Optionen sich nach ihrer tauschwirtschaftlichen Beschaffenheit
allein in zwei verschiedene Hauptgruppen ("option type")
einreihen: in Kaufoptionen
und in Verkaufsoptionen.
Betrachten wir sie zunächst nur vom Standpunkt des Käufers der Option:
|
Der Käufer einer Kaufoption
("call option") erwirbt gegen Zahlung des Optionspreises
("Prämie") das Recht, entweder innerhalb einer
vorher festgesetzten Zeitfrist oder an einem bestimmten Stichtag
nach Ablauf der Frist vom Verkäufer der Option eine bestimmte Menge
eines zugrunde liegenden Wirtschaftsgutes zu einem bei Abschluss
des Optionsgeschäfts vereinbarten Preis zu kaufen oder vom
Kauf abzusehen und das Optionsrecht verfallen zu lassen.
|
|
Der Käufer einer Verkaufsoption
("put option") erlangt gegen Zahlung des Optionspreises ("Prämie")
das Recht, entweder innerhalb einer genau bestimmten
bevorstehenden Zeitfrist oder an einem bezeichneten Stichtag nach
Ablauf der Frist dem Verkäufer der Option eine bestimmte Menge eines
zugrunde liegenden Wirtschaftsgutes zu einem bei Abschluss des Optionsgeschäfts
vereinbarten Preis zu verkaufen oder vom Verkauf wieder abzusehen
und das Optionsrecht verfallen zu lassen.
|
In der oben gegebenen Wortformel für den
Begriff der Optionen liegt erkennbar eine Zweiteilung eingeschlossen.
Diese Zweiteilung stellt ab auf die Fristbestimmung, zu welcher Zeit
die Einlösung der Option dem Berechtigten offensteht. Hiernach lassen
sich zwei ausgebildete Bräuche, sogenannte Stile, in der Ausübung
einer Option unterscheiden ("option style"). Die Stilart in der
Ausübung einer Option, die es ihrem Inhaber in freie Aussicht stellt,
das in den vorstehenden Sätzen zugestandene Recht jederzeit durch die
gesamte Dauer der Optionsfrist hindurch, längstens aber am Verfalltage
("expiration date", "expiry date", "maturity date")
vor Eintritt des Verfalls, nach Belieben durch einseitige Willensäußerung
geltend zu machen, führt bei uns den Namen "amerikanische
Option" ("American-style"). Im Gegenteil dazu kann
sich im Geschäftsstil einer "europäischen
Option" der Optionshalter allein und ausschließlich am vertraglich
übereingekommenen Verfalltag unmittelbar vor Ablauf der Optionsfrist
darüber erklären, ob er seine Option wahrhaftig auszuüben entschlossen
ist oder nicht ("European-style"). Während der Andauer der Frist
ist ihm die Erfüllung gemäß letztbenanntem Optionsstil allemal versagt.
Die erdkundlichen Beiworte "amerikanisch" und "europäisch" sind Attribute
von Optionen altüberlieferter Abkunft.* Sie nehmen Rücksicht
ausdrücklich auf die vorerwähnten Ausübungsverfahren ("exercise style"),
und nicht etwa, wie man leicht meinen möchte, auf die Örtlichkeit des
Handelsplatzes.
[* Die Namengebung
"amerikanisch" und "europäisch" für die beiden Ausübungsarten von Optionen
geht mutmaßlich auf den Träger des Alfred-Nobel-Gedächtnispreises für
Wirtschaftswissenschaften von 1970,
Paul Anthony Samuelson, zurück, die er in einem öffentlichen
Beitrag über das Stoffgebiet der Optionsscheine im Jahre 1965 zum ersten
Mal gebraucht hat.]
Optionen des Finanzmarktes ordnen sich
allesamt der Klasse der derivativen
Finanzinstrumente ein, der man überhaupt alle Zeitgeschäfte zuweist,
deren Werteigenschaften sich in eindeutig nachvollziehbarer Weise herschreiben
von mindestens einer ihm unterliegenden originären Sache von variablem
Wert ("Derivativgeschäft, Termingeschäft"). Als anerkannte Vertreter
der ersten Reihe von Finanzderivaten sind neben den Optionen namentlich
Futures,
Forwards und Swaps zu berufen.
Das einer jeden Art Finanzderivat zukommende Hauptkennzeichen findet
sich darin, dass die auf einen Geschäftsabschluss folgende wechselseitige
Erfüllung der Vertragsbedingungen zeitversetzt, d.i.
zum Fälligkeitstermin, erst möglich oder nötig wird. Gemeinhin ist der
Fälligkeitstermin von Derivativgeschäften, so auch die Endfälligkeit
bei Optionen, um eine Zeitfrist von mehreren Tagen, meist um Wochen,
vielleicht sogar um Monate oder Jahre hinausgeschoben. Optionen können
im Wirtschaftsleben nicht nur als Einzelgeschäft auftreten ("stand-alone"),
sondern auch als Teilgeschäft im Rahmen eines weiter ausgreifenden Finanzierungsprogramms,
wie es etwa bei der Begebung von Wandelschuldverschreibungen ("convertible
bonds") oder Optionsanleihen ("warrant") durch kapitalgeleitete
Handelsgesellschaften Brauch und Sitte ist ("bond issues").
|
Definition, Natur, Eigenschaften
und grundlegende Handelstechniken von Optionen
|
Jedes gegebene Kaufgeschäft (Umsatzgeschäft,
"trade"), welches es auch sei und in welcher Gestalt es uns im
täglichen Wirtschaftsleben entgegentritt, soll es rechtskräftig zustande
gebracht werden, setzt das Vorkommen sowohl eines Käufers als auch eines
Verkäufers voraus, die miteinander einen Vertrag aufsetzen, worin sie
über Kaufsache und Preis übereinkommen. Nicht anders ist es mit Optionsgeschäften
bestellt: Der Kauf* einer Option setzt voraus, dass es einen
Verkäufer gibt, der sowohl die Fähigkeit als auch den Willen hat, den
Gegenstand des Kaufgeschäftes, die Option, an den Käufer zum Kaufpreise
(Prämie) herzugeben. Der Verkauf einer Option erfordert, dass ein Käufer
da ist, der bereit und imstande ist, die Option dem Verkäufer zum Einigungspreis
abzunehmen und dadurch das Recht aus ihr zu erlangen. Der Verkäufer
ist der eigentliche Schöpfer der Option und heißt
Schreiber,
Aussteller,
Steller oder auch
Still(e)halter (Prämienzieher; englisch "option
seller", "writer" oder "grantor"). Er nimmt die "Short-Position"**
an dem Optionsgeschäft ein ("short call", "short put").
Der andere Vertragsteil, der Optionskäufer
(Prämienzahler; "option buyer"; "option holder"),
hat ihm gegenüber die "Long-Position" an dem Optionsgeschäft inne ("long
call", "long put"). Es gilt dies von beiden Optionsarten,
von Call- wie von Put-Optionen gleichermaßen.
[* Der Kaufbegriff
sei hier und in Nachstehendem jenseits der Jurisprudenz, und damit auch
jenseits der eigentümlichen Rechtsverhältnisse eines Landes verstanden.
Käufer sei kurzweg jene Partei, die das Geld (die Optionsprämie als
Preisgut) gibt, Verkäufer sei die Gegenpartei ("counterparty"),
die ihr im Gegenzug für das gelöste Geld das Optionsrecht (als Kaufgut)
einräumt. Der Kaufbegriff will sonach im vorliegenden Sachzusammenhang
bloß als gefällige Ausdrucksform verstanden sein, die alleinig die im
Optionsgeschäft eingenommene Position eines Optionshändlers (Optionsberechtigter
/ Optionsverpflichteter) kenntlich macht.]
[** Die polaren
Begriffe "Long" und "Short" nehmen im vorliegenden Sachzusammenhang
mit aller Ausdrücklichkeit Bezug auf die Stellung als Käufer oder als
Verkäufer der Option (Positions-Typus). Nähme man dagegen, wie sonst
üblich, Bedacht auf die mit dem Options-Eröffnungsgeschäft verbundenen
Preiserwartungen, so wäre der Käufer einer Kaufoption "long the option",
der Käufer einer Verkaufsoption demgegenüber "short the option". Ein
Gleiches gölte in umgekehrter Stellung auch für den Verkäufer einer
Option.]
Der Optionsbegriff lässt sich demzufolge
möglichst scharf gekennzeichnet in nachstehende Worte fassen:
Eine
Option des Finanzmarktes
("financial option") geht aus einer förmlichen Vereinbarung
zwischen zwei Vertragsparteien hervor, das der einen, dem Zahler
der Prämie (Prämiengeber), das
Recht einräumt, einen nach qualitativen wie quantitativen
Merkmalen eindeutig bezeichneten Vertragsgegenstand (den Basiswert),
je nach Stil der Option, entweder im Verlaufe oder nur am Ende der
anberaumten Optionsfrist zu einem bei Abschlusse des Optionsgeschäfts
beredeten Preis (Ausübungspreis) zu kaufen
(= Kaufoption) oder zu
verkaufen (= Verkaufsoption),
während sie der Gegenpartei, dem sogenannten "Stillhalter" (Prämienzieher),
die unabweisliche Pflicht
auferlegt, stillzuhalten und nur unter der Bedingung der Geltendmachung
des Rechtes von ihm verlangt, den verabredeten Optionsgegenstand
zu den festgelegten Optionsbedingungen gegeneinander umzusetzen.
Man spricht Optionen demnach auch als
bedingte Termingeschäfte
an.
Kurz gefasst: Eine Option verkörpert das
befristete Recht, nicht aber die Verpflichtung, künftig innerhalb einen
bestimmten Zeitraums oder an einem bestimmten Tag einen bezeichneten
Vertragsgegenstand in einer festgesetzten Menge zu einem vorher vereinbarten
Preis zu kaufen oder zu verkaufen.
Ein Optionsgeschäft im Sinne dieser Begriffsaufstellung
gilt als rechtsgültig angetreten, wenn sich für die in Rede stehende
Option ein Käufer und ein Verkäufer zusammenfinden, die sich beiderseits,
neben allen übrigen Vertragspunkten, auf einen Kaufpreis für die Option
zu verständigen vermögen (= Optionskontrakt). Handelseins werden können
beide Seiten darüber entweder nach dem Regelwerk einer Optionsbörse,
an der die Option geführt wird, oder an der Börse vorbei in einer privaten
Geschäftsverbindung unter der Führung einer zweiseitigen (bilateralen)
Sonderverhandlung ("over-the-counter", OTC), wobei sie sich gegenseitig
ihren Willen dahin erklären, die Option zu maßgeschneiderten Bedingungen
Zug um Zug umzusetzen. Das fertig zustande gekommene Optionsgeschäft
wirkt rechtsgültig beginnend mit dem Einigungszeitpunkt.
Unter Marktbedingungen im freien Wettbewerb
an einer Börse ausgehandelt, spiegelt der Kurs der Option den gängigen
Marktpreis der Option zum Einigungs- und Abschlusszeitpunkt wider ("market
value"), sonst den aus den subjektiven (Tausch-)Wertschätzungen
der beteiligten Geschäftspartner hervortretenden Einzelpreis (OTC).
Den für eine Option als Gegenleistung ausgemachten Geldbetrag (d.i.
der Optionspreis) selbst spricht man altherkömmlich als
Prämie der Option,
Optionsprämie, Prämiengeld
oder kurz als Prämie
an ("option premium", "option price"). Der Optionskäufer
bezahlt im Gegenzug für den Erwerb des Optionsrechtes dem Verkäufer
die ausbedungene Optionsprämie, wie es gebräuchlich ist, gleich zur
Zeit der Vereinbarung des Optionsgeschäfts (Barprämie, Bezugsprämie,
Vor- bzw. Rückprämie, Lieferungs- bzw. Empfangsprämie; "up-front
payment"; ein Aufschub der Preiszahlung in Form einer Nachprämie,
Reugeld u.dgl. ("deferred
premium") ist unter den gegenwartsbezogenen Verhältnissen nicht
mehr üblich). Der größtmögliche Geldverlust des Optionskäufers ist von
Anfang bis zu Ende auf den Belauf der im Austausch hingegebenen Optionsprämie
beschränkt ("debit").* Mehr an Geld, als er für die Vollzahlung
der Optionsprämie ausgegeben hat, kann er selbst im ungünstigsten Fall
durch sein Optionsgeschäft nicht verlieren. Für den Optionsverpflichteten,
den Prämienzieher und Stillhalter, bildet die eingestrichene Optionsprämie
hingegen alles, was er an seinem Optionsgeschäft verdienen kann ("credit").
Mit ihr muss er sich bestenfalls begnügen. Obendrein ist für ihn die
mögliche Gefahr eines vernichtenden Geldverlustes weitaus größer als
jene aufseiten des Optionskäufers – aus Gründen, die, ohne vorgreifen
zu wollen, im weiteren Verlauf der Erörterung noch einleuchtend werden.
Allein den Stillhalter können sohin Vermögensverluste treffen, die in
ihrem Umfange mitunter ganz wesentlich über den Betrag der eingestrichenen
Prämie hinausgehen ("Übersubstanzrisiko"), schlimmstenfalls ihn gar
an den Bettelstab bringen.
[* Streng genommen,
einschließlich der auflaufenden Zinsen für das durch den Optionskauf
gebundene Kapital. Zur näheren Begründung siehe noch unten.]
Vom Optionspreis gedankenmäßig streng
zu trennen ist der für die zugrunde gelegte Sache verabredete Kaufpreis
(das ist das Austauschverhältnis zwischen beiden, für den Fall der wirklichen
Ausübung). Das angelegentliche Basisgut bildet seines Teils den Gegenstand
des Optionsrechtes. Selbes Gut ist im Falle der Auslösung der Option
von der einen Partei des Optionsgeschäftes auf die andere zu übertragen
und von dieser der ersten zu vergüten. Den als Vergütung für den Grundgegenstand
zu entrichtenden Preis ist man mit dem Namen
Ausübungspreis oder
Basispreis (Grundpreis,
Einlösungspreis, Bezugspreis, bei börsengehandelten Werten
auch Ausübungskurs, Basiskurs, "Kursbasis"; engl.
"exercise prise", "strike price" oder "striking price")
der Option zu bezeichnen gewohnt. Dieser kann gemäß gegenseitiger Abrede
jeden beliebigen Wert annehmen, oder ebenso gut im börsenmäßigen Verkehr
durch eine Optionsbörse in normierten Abstufungen zur Auswahl gestellt
schon fertig vorgegeben sein. Eben jener Ausübungspreis ist im Fall
der Geltendmachung des Optionsrechtes im Austausch für den zugrunde
liegenden Sachgegenstand oder Finanztitel tatsächlich auszulegen.
Das
Bezugsobjekt einer Option
(Basiswert, Basisgut, Basisgröße, Basispapier, Basistitel, Basisobjekt,
Basisinstrument, "underlying asset", "underlying contract",
"notional") bildet den Gegenstand des Option, das ist das Kauf-,
Tausch- oder Vertragsgut, auf dessen bedingten Austausch (Erfüllung)
sich das Recht aus dem Optionsvertrag bezieht. Grundsätzlich können
alle marktgängigen Güter, Finanztitel, Devisen, desgleichen Zinssätze,
oder seien es selbst wieder Derivate, wie auch sonstige wirtschaftliche
Vorteile den unterliegenden Gegenstand einer Option abgeben. In folgerichtiger
Weise spricht man von Waren- oder Rohstoffoptionen, Aktienoptionen,
Devisenoptionen, Zinsoptionen usw. usf., entweder in der Ausprägung
als Kassoptionen für alle auf die genannten Gegenstände geschriebenen
Optionen des Kassamarktes oder in der Gestaltung als Futures-Optionen
für den Fall von Optionskontrakten, die auf Waren-Futures bzw. Rohstoff-Futures,
Devisen-Futures, Zins-Futures usw. abstellen.
Nimmt nun der Käufer und Halter einer
Kaufoption (Call) auf Wertpapiere, Devisen, Waren u.ä.
wie von ihm beansprucht sich die Freiheit, sein Optionsrecht der Tat
nach auszuüben ("call away"), so geht das nämliche Gut ("underlying")
den Optionsbedingungen gemäß vom Verkäufer und Stillhalter des Call
in den Besitzstand des Optionsverwertenden über. Im Gegenzug hat der
Ausübende den Basispreis ("strike price") in übereinkunftsmäßiger
Höhe – ungeachtet des im Ausübungszeitpunkt tatsächlich bestehenden
Wertanschlags für die unterliegende Vermögensposition – an den Stillhalter
der Kaufoption hinzugeben. Nimmt demgegenüber der Käufer* und
Inhaber einer Verkaufsoption (Put) sein Verkaufsrecht in Anspruch, so
kann dieser dem Verkäufer der Verkaufsoption den Erhalt des Basispreises
abverlangen und hat dafür den Basisgegenstand – wiederum ungeachtet
seines nunmehrigen Geldwertes – dinglich auf ihn zu übertragen ("to
put away").**
[* Von Wichtigkeit
in diesem Zusammenhang ist es, sich über die Einordnung der Begriffe
"Käufer" und "Verkäufer" vollkommen im Klaren zu sein. Der Käufer einer
Verkaufsoption (Put) etwa wird im Falle der Einlösung zum Verkäufer
des Basisgutes zum Ausübungspreis, während der Käufer einer Kaufoption
(Call), falls es sich entschließt sie einzulösen, als Käufer
des Basisgutes zum Ausübungspreis auftritt.]
[** Im Verkehrsleben
des Optionshandels schafft vermehrt ein zweiter Weg der Effektuierung
Ersatz für das Verfahren einer physischen Andienung des zugrunde liegenden
Gutes ("settlement type"). An Stelle des Anspruchs auf tatsächliche
Zubringung des Basiswertes kann nämlich, falls so vereinbart, der Anspruch
auf Erfüllung durch Wertausgleich
(Cash
Settlement) treten. Dies Verfahren ersetzt bei Fälligkeit den
Vorgang der wechselseitigen Übertragung der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter
durch den der Barabgeltung, ohne hierbei eine Partei gemessen am Fall
einer dinglichen Abwickelung finanziell schlechter zu stellen. Das Barausgleichsverfahren
findet hauptsächlich Anwendung, wenn das betreffende Gut nicht lieferfähig
oder nicht lieferwürdig ist, was stets für Indexoptionen aller Art zutreffend
ist.]
Optionen haben in aller Regel eine im
Voraus begrenzte Laufzeit
(Gesamtlaufzeit; Kontraktlaufzeit, Vertragszeit, "time to expiration",
"term to expiration", "time to maturity", "lifetime").
Das Ganze der Gesamtlaufzeit einer Option durchmisst die Spanne von
der Ausfertigung bis zum Verfall. Nur binnen dieser kann das Optionsrecht
geltend gemacht werden. Der Stichtag, d.i.
der benannte "Termin", an dem oder bis zu dem (je nach Ausübungsvorschrift)
das durch eine Option begründete Kauf- bzw. Verkaufsrecht eingelöst
werden kann, heißt Verfalldatum
(Verfalltag, "expiration
date", "expiry date", "maturity (date)"). Der Zeitpunkt
des Verfalls ist herkömmlich auf das Ende der vereinbarten Laufdauer
der Option gelegt. Das Verfallzeitpunkt ist zu unterscheiden vom
Ausübungszeitpunkt*
(Erklärungstag; "exercise date"). Der Ausübungszeitpunkt bezeichnet
diejenige Zeit eines Kalendertages, an dem das Optionsrecht durch förmliche
Kündigung resp. Ankündigung der Sache nach umgesetzt wird. Stilreine
"europäische Optionen" können, wie eingangs aufgezeigt, nur am Verfalltag
zur Ablaufszeit ("cut") ausgeübt und vollzogen werden. Im Falle
von "amerikanischen Optionen" hingegen kann der Ausübungstag – vielleicht
erst nach Verstreichen einer verhandelten Sperrdauer –, sowie vom Halter
beansprucht, auf einen beliebigen Tag innerhalb der Optionsfrist fallen.**
Eine nach gänzlichem Durchlaufen der Optionsfrist nicht beanspruchte
Option gerät in Verfall, verliert fortan allen Preis, ist wertlos. Das
Optionsrecht aus einer nicht ausgelösten Option ist mit Fristablauf
endgültig erloschen. Sohin ist von ihr nichts mehr da, wofür ein Preis
sich zu entrichten lohnte (Extinktion).
[* Zu allem dem
ist ein reinliche Scheidung vorzunehmen zwischen
Ausübungstag und
Erfüllungstag (Regulierungstag).
Der Ausübungstag ist der Tag des Wirksamwerdens der Entschließung durch
Erklärung (Kündigung des Käufers, Ankündigung des Verkäufers; Prämienerklärung,
Prämienbeantwortung), der Erfüllungstag jener, der den daran schließenden
Vollzug von Leistung für Gegenleistung anhebt. Der Ausübungstag kann
dem Erfüllungstag durchaus einige wenige Tage voraufgehen und fällt
bei gewöhnlichen Optionen i.d.R. mit dem Verfalltag überein. Nebstdem
haben börslich gehandelte Optionen einen genau bezeichneten letzten
Handelstag ("last trading day"), der abgesehen von Feiertagen
ebenfalls regelmäßig mit den Verfalltag übereinstimmt.]
[** Neben den einfachen,
oben beschriebenen Allerweltsoptionen (Standard-Option, "plain vanilla
option") trifft man an den Optionsplätzen noch dazu auf sogenannte
Exotische Optionen ("exotic
options", "second-generation options"), die durch abweichende,
fremdartige oder allerlei zusätzliche Merkmale glänzen. Hierzu zählt,
um aus der großen Menge nur eine davon besonders herauszugreifen, auch
eine Optionssprossform des Namens "Bermuda Option". Dieserart Optionen
kennzeichnen sich dadurch, dass sie gleich über mehrere festgelegte
Kalendertage verfügen, die in gewissen Zeitabschnitten voneinander abstehen,
wo ihre Ausübung schlechterdings möglich wird. Fernerhin begegnet noch
eine Reihe anderer Exotischer Optionen, vertreten durch Gebilde der
nach Ländern oder Erdteilen benannten Bezeichnungen "Asiatische Option",
"Russische Option" usw., ferner Optionen namens "Barrier-Option", welche
häufig im Devisenhandel vorkommen, sodann "Lookback-Option", "Chooser
Option", "Range Option", "Ratchet Option" sowie mancherlei fremdklingende
Gebilde wie etwa "Cliquet". Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich
außerdem heruntergebrochene Optionen einfachster Art, sogenannte "Binäre
Optionen", die gleichermaßen unter die Exotischen Optionen fallen.]
Der aufmerksame Leser beachte wohl, dass
jede gegebene Option ihrem Ersteher das Recht und bloß
das Recht auf den Bezug (=
Kaufoption, Wahlkauf) bzw. die Veräußerung
(= Verkaufsoption, Wahlverkauf)
des in Rede stehenden Basisgutes gewährt. Ja ihr ganzes Wesen liegt
in ihrer Bedeutung als Anrecht auf ein solches Recht: nämlich das Recht
zu wählen. Mit dem eingeräumten Ausübungswahlrecht verschafft sich der
Optionsbefugte für eine gewisse Spanne Zeit die Freiheit, nach seinem
Willen das fragliche Wirtschaftsgut zu den ausgemachten Bedingungen
zum Ausübungspreis anzukaufen oder zu verkaufen. Das Recht, wie es ein
Optionsrecht ganz für sich ist, muss der Wahlberechtigte indessen nicht
beanspruchen. Der Optionsinhaber kann und darf sich so denn auch die
Freiheit nehmen, sein Recht aus der Option ungenützt vergehen zu lassen
und damit von dem Geschäft Abstand zu nehmen, es zu abandonnieren.
Dieses Merkmal macht den grundlegenden Artunterschied von Optionen zu
den unbedingten Termingeschäften (festes Geschäft, Festgeschäft, "symmetrisches
Termingeschäft"; "unconditional forward transaction") aus, zumal
zu der Klasse der Futures und Forwards. Mit den zuletzt genannten Geschäften
verpflichten sich die Vertragsbeteiligten mit rechtsbindender
Kraft, sofern ein an sich durchführbares befreiendes
Gegengeschäft
vorher ausbleibt, den zugrunde liegenden Wert zum Fälligkeitstermin
anzukaufen (als Terminkäufer, Long) bzw. zu verkaufen (als Terminverkäufer,
Short). Optionsgeschäfte hinwieder zählt man wegen ihrer Bedingtheit
aufseiten nur eines Vertragsteils vom Rechtsstandpunkt deshalb schulmäßig
zu den einseitig verpflichtenden "bedingten
Termingeschäften" (Prämiengeschäften; "conditional";
"contingent claims"); Futures-Geschäfte hiergegen sind ebenso
wie Forwards wegen ihrer unbedingten Ansprüche, die sie verkörpern,
den zweiseitig verpflichtenden "unbedingten
(fixen) Termingeschäften" beizurechnen (Terminfestgeschäft).
Rechte und Pflichten sind beim Optionsgeschäft
sichtlich höchst asymmetrisch verteilt. Die Rechte aus einer
Option liegen ganz einseitig allesamt in der Hand des Prämiengebers,
dem Käufer und Inhaber der Option. Er allein ist der Wähler. Es gilt
dies ungeschmälert auch von den Hauptpflichten aus einem solchen, die
ebenso ungleichseitig verteilt ausnahmslos bloß aufseiten des stillhaltenden
Prämienziehers gelegen sind. Insoweit kommt eine Option einem einseitig
verpflichtenden Vertrag gleich (contractus unilateralis).
Der Verkäufer einer Option übernimmt mit dem offenen Verkauf derselben
("option writing", "shorting an option") von selbst
die Verpflichtung, während der Andauer der Optionsfrist bezw.
nur an deren Ende auf Verlangen des Käufers der Option der Anforderung
zur Leistungsübergabe nach Maßgabe der Optionsbedingungen in allen Teilen
nachzukommen. Im Gegensatz zum Optionsbefugten, der sein Optionsrecht
gegen Entgelt erworben hat (Käufer der Option) und der das ihm zugestandene
Recht bei Geneigtheit geltend machen kann, ist der Prämienzieher (Verkäufer,
Stillhalter) mithin zum Stillehalten verurteilt. Ihm ist nach Optieren
des Berechtigten (Optionskäufers) die Verpflichtung aufgetragen, den
Inhalt der Abmachung aus dem Optionsgeschäft in vollem Umfang sachlich
zu erfüllen (Asymmetrie von Rechten und Verpflichtungen). Er kann gegen
die Geltendmachung des Optionsrechtes weder einen Einwurf erheben noch
ihm das Recht entziehen. Er hat keine Wahl, er muss unter Eintritt der
aufschiebenden Bedingung (resolutive Potestativbedingung) sich der Willenserklärung
des Optionsinhabers fügen und das Versprochene erfüllen (Zwangskauf,
Zwangsverkauf).*
[* Aus leicht begreiflichen
Gründen trägt bei allen von Fall zu Fall besonders ausgemachten Optionen,
solange es an anderslautenden Vereinbarung mangelt, das Ausfallrisiko
(Gegenparteienrisiko, "counterparty risk", "credit risk")
jeder einzelne Teil an einem Optionsgeschäft selbst. Bei den börsenmäßig
abgewickelten Optionsgeschäften dahingegen geht selbes gleichzeitig
mit dem Geschäftsabschluss von allein auf das dazwischenstehende
Clearinghaus über.]
Da nun der Halter einer "amerikanischen
Option" den Zeitpunkt der Ausübung ("exercising") beliebig frei
wählen kann, muss der Stillhalter während der gesamten Optionsfrist
in jedem Augenblick, sofern überhaupt andienungsfähig, auf eine gegenständliche
Auslieferung bzw. Übernahme und Bezahlung des Basiswertes vorbereitet
sein. Für "European-style"-Optionen bleibt dies sinngetreu nur auf den
Stichtag beschränkt in Geltung, an dem allein ihre dinghafte Verwertung
möglich wird. Etwas anderes ist es mit dem Fall unanbringlicher Marktgegenstände,
hier greift ein zweites Abwicklungsverfahren Platz. Sämtliche der aus
Marktwertänderungen von Optionsgeschäften solcher Art herrührende Gewinn-
und Verlustsalden, denen der Gattung nach bloß vorgestellte (abstrakte),
nicht lieferbare oder nicht lieferwürdige Basiswerte unterlegt sind,
so z.B.
Indices,
Zinssätze, Volatilitäten
usw., werden statt Überlieferung gegen bare Zahlung ausgeglichen ("cash
settlement"). Durch einen regelrechten Barausgleich sind beide Seiten
eines Optionsgeschäftes wirtschaftlich gleichgestellt, falls ein Vollzug
durch dingliche Übertragung des Basiswertes ("physical settlement")
wahrhaftig vorgenommen worden wäre (Wertäquivalenz). Sowie der Eigner
einer landläufigen amerikanischen Option für deren Auslösung optiert,
gleichviel ob während der Andauer ("early exercise") oder am
Schluss ihrer Laufdauer, hat er mit diesem Vorgang seinen Anspruch aus
ihr ein für alle Mal durchgesetzt und kann ihn darum fortan kein zweites
Mal mehr geltend machen. Mit Beanspruchung des Rechtes wird die Option
in sich hinfällig, das bedungene Recht ist hernach rettungslos verwirkt.
Leistet der Optionsinhaber bis ans Ende der Optionsfrist auf ihre Ausübung
Verzicht, so erlischt das Recht aus ihr mit Erreichen ihres Verfalltages
von sich allein aus.
Eine Option hat für ihren Eigentümer Wert,
weil sie ihm ein unantastbares Recht bewilligt, dem keinerlei übernommene
Verpflichtung wechselseitig gegenübersteht. Das Recht liegt in der Voranwartschaft,
zum Ausübungspreis ("strike price") kaufen (Call) resp. verkaufen
(Put) zu dürfen, selbst wenn sich dieser gegenüber dem vom betreffenden
Markt hergenommenen Tagespreis günstiger stellt, andererseits aber zurückzuhalten
und vom Kauf bzw. Verkauf Abstand zu nehmen berechtigt zu sein, falls
der Tagespreis für ihn ein vorteilhafter ist. Für den Halter der Option
liegt die äußerste Gefährdung darin, die ausgelegte Optionsprämie ganz
einzubüßen. Das Optionsgeschäft für sich genommen ist daher für ihn
von vornherein ein Geschäft mit begrenzter Verlustgefahr.
In dem hiermit angesprochenen Recht des
Optionskäufers, die Erfüllung fordern zu dürfen, liegt für den Verkäufer
der Option, dem Optionsverpflichteten seinerseits, wieder eine gewisse
Quelle der Gefahr. Diese wird dem eben Bemerkten gemäß immer dann schlagend,
wenn, wie im erstangeführten Falle einer Kaufoption (Call), der Inhaber
der Option erklärt, sie ausüben zu wollen und damit dem Stillhalter
den unterliegenden Gegenstand zum Basispreis abfordert, während sich
das betreffende Handelsgut zu gleicher Zeit im Effektivmarkt zu höheren
Preisen umsetzt; oder umgekehrt im zweiten Fall einer Verkaufsoption
(Put), wenn ihr Inhaber von seinem Optionsrecht Gebrauch macht und den
zugrunde liegenden Wert zum Einlösungspreis abgibt, während der betreffende
Marktgegenstand im Barmarkt billiger zu haben ist. Im einen wie im andern
Fall wird der Stillhalter eine Vermögensschädigung erleiden, deren Belauf
stets dem vollen (absoluten) Unterschied zwischen dem laufenden Marktpreis
des Underlyings und dem angehenden Ausübungspreis gleichkommt. Diese
Zukunftsmöglichkeit gibt dem Stillhalter Anlass, für den Abschluss eines
Optionsgeschäfts einen Preis in Gestalt einer Optionsprämie zu beanspruchen,
in deren Vereinnahmung seine zu tragende Verlustgefahr endlich eine
angemessene Vergütung findet. Das erste Streben der Optionspreistheorie
ist es nun, ein zweckerfüllendes
Options-Bewertungsmodell
aufzustellen, das es erlaubt, unter einem gesetzten Bedingungsrahmen
für jeden Zeitpunkt der Optionsfrist die rechtmäßige Größe wie auch
den angemessenen Geldwert ("fair value") für die Prämie einer
Option herzuleiten.
Aus dem oben Gesagten ergeben sich sachlich
und logisch vier Grundausrichtungen bei einem Geschäft mit einer
Option:
1.)
Kauf einer
Kaufoption ("Long Call"): Käufer zahlt die Optionsprämie
und erwirbt damit das Recht, den Basiswert zu kaufen (aktive Position,
"Prämie auf Nehmen"). Der Käufer eines Calls, der auf Gewinn abzielt,
rechnet auf steigende Preise ("bullish").
2.)
Kauf einer
Verkaufsoption ("Long Put"): Käufer zahlt die
Optionsprämie und erwirbt damit das Recht, den Basiswert zu verkaufen
(aktive Position, "Prämie auf Geben"). Der Käufer eines Puts, der
auf Gewinn abzielt, setzt auf fallende Preise ("bearish").
3.)
Verkauf einer
Kaufoption ("Short Call"): Stillhalter erhält
Optionsprämie und muss bei Ausübung den Basiswert zum Ausübungspreis
liefern (passive Position). Der Verkäufer eines Calls für sich allein
rechnet auf einen sich gleichbleibenden Kursstand oder aufs Kursfallen
("bearish").
4.)
Verkauf einer
Verkaufsoption ("Short Put"): Stillhalter erhält
Optionsprämie und muss bei Ausübung den Basiswert abnehmen und den
Kaufpreis in Höhe des Ausübungspreises bezahlen (passive Position).
Der Verkäufer eines Puts für sich allein vermutet einen sich gleichbleibenden
Kursstand oder einen Kursanstieg ("bullish").
Versetzen wir uns in die
Lage eines Optionskäufers, der soeben einen Optionskontrakt "europäischer
Kaufoptionen" auf 100 XYZ-Aktien abgeschlossen hat ("long
European call"). Der Optionskontrakt ("option contract")
möge einen Ausübungspreis ("strike price") von 100€
haben. Angenommen, der gegenwärtige Kursstand ("stock price",
"underlying price") der XYZ-Aktie liege bei 98€,
der Verfalltag des Kontrakts sei in zwei Monaten erreicht und die genannte
Optionsprämie betrage 5€ bezogen
auf je 1 Aktie.* Bei angenommen 100 Aktien je Optionskontrakt
ergibt sich demnach eine besonders berechnete Gesamtprämie ("total
premium") von 1 x 5€ x
100 = 500€, die für den Erwerb
des einen Optionskontrakts auszulegen ist. Der Wert der Prämie macht
zugleich den Marktwert ("market value") der Kaufoption aus; ihr
Nennwert ("notional value") hingegen beträgt Orderumfang mal
Multiplikator mal Ausübungspreis, also 1 x 100 x 100€
= 10000€.
Durch Zahlung der Prämiensumme von 500€
für den Ankauf eines Kontrakts europäischer Calls steht dem Käufer mithin
das Recht zu, in zwei Monaten 100 XYZ-Aktien für 100€
je Aktie käuflich zu erwerben, ungeachtet der zwischenzeitlichen Kursentwicklung
und ohne Rücksicht darauf, auf welchem Stand der Börsenkurs der Aktie
zum Ausübungszeitpunkt wirklich hineinkommt. Da ein Aktienkurs, wie
man weiß, lehrmäßig keinerlei obere Schranke kennt, sind die Gewinnaussichten
für den Halter einer Call-Option bei steigenden Aktienkursen unbegrenzt,
während das Verlustrisiko sich im ungünstigsten Fall auf die hergegebene
Optionsprämie im Ganzen beschränkt. Die Optionsgesamtprämie ist in der
üblichen Weise sogleich mit Zustandekommen des Optionskontrakts an den
Optionsverkäufer zu entrichten. Dieser darf die eingestrichene Prämie
für den von ihm verkauften Call ("short European call") auch
künftighin behalten, gleichgültig ob der Optionskäufer seine Option
nachher ausübt oder nicht.
[*
Hinweis: Die an den Börsen aufgeführten Aktienoptionen umfassen
je für sich stets einen ganz bestimmten Mindestschluss, der als Standardschlusseinheit
eines Optionskontraktes gilt. Im Falle von Optionen auf Aktien einzelner
Aktienunternehmungen sind das zumeist 100 Stück an der Zahl für je eine
(1) Aktienoption ("option contract multiplier", Multiplikator),
wie es auch in unserem Beispiel für den nämlichen Optionskontrakt vorausgesetzt
sei.]
Da es sich bei dem infrage
stehenden Optionsgeschäft um einen Kontrakt "europäischen Stils" dreht,
darf der Optionshalter allein am Verfalltage von seinem Ausübungsrecht
Gebrauch machen. Sollte der Kurs der XYZ-Aktie sich zu diesem Zeitpunkt
unter 100€ stellen, so wird
er freilich von einer Ausübung des Optionsrechtes absehen. Bei diesem
Hergang verliert der Händler den ursprünglich für den Call ausgelegten
Investitionsbetrag von 500€
vollständig, denn der Kontrakt verfällt wertlos. Es wäre ganz unsinnig
und unvernünftig, obzwar möglich, eine Aktie mittels eines Optionsrechtes
für 100€ zu kaufen, welche
einen Marktwert hat, der unter 100€
zurückbleibt. Sollte ihm an dem Kauf der XYZ-Aktie trotz allem gelegen
sein, so wird er sie unabhängig von dem Optionsgeschäft am freien Markt
zum dann gerade herrschenden niedrigeren Kurs zu erwerben trachten.
Gesetzt aber, der Aktienkurs
liege am Verfalltage über 100€,
sagen wir, er habe sich zur Verfallzeit auf 115€
festgesetzt, so wird der Halter nicht anstehen, seine Option auszuüben.
Durch Ausübung seiner Aktienkaufoption ist der Optionsberechtigte nunmehr
in der glücklichen Lage, sich 100 Aktien im Marktwerte von 115€
je Stück zu einem Stückpreis von 100€
in sein Vermögen zu rechnen. Wollte unser Optionshändler seine frisch
erstandenen Aktien zum vorliegenden Kurs an der Börse gleich wieder
losschlagen, so ließe sich damit ein barer Sofortgewinn von 15€
je Aktie erlangen, der ihm also zusammengerechnet 1500€
eintrüge – von Transaktionskosten, wie Brokergebühren, Geld-Brief-Spannen
usw. es sind, sei hier und in der Folge abgesehen. Werden die ursprünglichen
Kosten des Optionskaufs (mit Vernachlässigung von Zinseffekten) in den
Kalkül einbezogen, so trägt das Optionsgeschäft im Ergebnis einen Reingewinn
vor Transaktionskosten und Steuern ("net profit", "net payoff")
von 10€ je Aktie bzw. für 100
Stück Aktien 1000€ insgesamt
ein – im Verhältnis zum Ankaufpreis von 500€
für diesen Call eine überaus stattliche Rendite ("leveraged position")!
Gescheiterweise wird der Inhaber einer
Kaufoption also nur dann gewillt sein, sie auszulösen, wenn der Preis
des Bezugsgegenstandes über dem Ausübungspreis liegt. Hieraus
geht der allgemeine Satz hervor: Der Käufer einer Kaufoption
(Long Call), der eine solche aus spekulativer Veranlassung hält ("outright
buyer"), hofft und erwartet, dass der Kurs des unterliegenden Wertpapiers
noch im Laufe der Optionsfrist möglichst hoch geht (Spekulation
à la hausse, "long market position"). Gerade andersherum
liegen die Dinge im Falle einer Verkaufsoption. Hier gilt: Der Käufer
einer Verkaufsoption (Long Put) verspricht sich bald fallende
Kurse im Underlying (Spekulation à la baisse, "short market
position"), wie am nachstehenden Beispiel klar gemacht.
|
2. Beispiel: Verkaufsoption
|
Greifen wir hierzu den
Beispielsfall eines Händlers (Trader) auf, der in Erwartung eines Vermögenszuwachses
bei sinkenden Aktienkursen eine Verkaufoption europäischen Stils
auf ABCD-Aktien kauft ("long European put"). Je ein Optionskontrakt
umfasse wieder das Recht, 100 Stück ABCD-Aktien zum Verfalltag zu verkaufen.
Der Ausübungspreis betrage 70€,
der Aktienkurs der ABCD-Aktie möge gegenwärtig bei 75€
liegen, der Verfallstermin des Puts sei in drei Monaten und die Optionsprämie
betrage 7€ bezogen auf je eine
Aktie des Kontrakts. Da es sich hierbei um einen Optionskontrakt nach
europäischer Spielart handelt, kann das Optionsrecht allein zum Verfallsdatum
zur Ausübung gebracht werden. Unser Händler wird sie also nur dann geltend
machen, wenn der Aktienkurs der ABCD-Aktie sich an diesem Tage unterhalb
von 70€ (dem Ausübungspreis)
feststellt.
Nehmen wir weiter
an, drei
Monate später sei der Aktienkurs der ABCD-Aktie auf 50 € hinabgesunken.
Der Optionshalter kann nun 100 ABCD-Aktien zu 50 € je Stück an der Börse
ankaufen und in gleichem Zuge das Recht aus seiner Put-Option geltend
machen. Er könnte nun die soeben zu 70€
das Stück erstandenen Aktien auf der Stelle wieder an den Stillhalter
("short put") verkaufen. Aus diesem Geschäft ließe sich ein Sofortgewinn
von 20€ für das Stück ziehen.
Bei einem Kontraktumfang von 100 Aktien für den einen Optionskontrakt
könnte er also einen Gewinn von zusammengerechnet 2000€
erlangen. Die sonst unausbleiblichen
Transaktionskosten, direkte
und indirekte, sowie Steuern mögen bei der Rechnung wieder ausgeklammert
bleiben. Unter Abzug der ursprünglichen Kosten von 700€
für den Ankauf der Put-Option beträgt der Reinertrag ("net profit")
unseres Optionshändlers folglich 13€
je Stück, oder 1300€ insgesamt.*
[*
Zinseffekte mit Rücksicht auf die unterschiedliche Zeit des Anfalls
der Zahlungsströme wurden hier ebenfalls außer Acht gelassen.]
Steht dagegen am Verfalltage
der Aktienkurs auf 70 € oder darüber, so wird der Optionskäufer von
der Beanspruchung seines Optionsrechtes absehen, wonach seine Verkaufsoption
wertlos verfällt. Der Optionsinhaber muss sich sonach einen Verlust
des ursprünglich für die Optionsprämie ausgelegten Barbetrages von 7
€ das Stück beziehungsweise für den ganzen Kontrakt von 700 € gefallen
lassen. Einen darüber hinausgehenden Verlust hat er nicht zu besorgen,
da die größtmögliche Verlusthöhe des Käufers einer Option, wie wir wissen,
schon vom Anbeginn an auf die zum Erwerb der Option ausgegebene Optionsprämie
beschränkt ist. In der Sache wird der Besitzer einer Verkaufsoption
diese nur dann auslösen wollen, wenn der Preis des zugrunde liegenden
Handelsgegenstandes unter dem des Ausübungspreises zurückbleibt.
Wie das erste Fallbeispiel einer
Kaufoption (Call) deutlich macht,
zahlt der Käufer der Kaufoption (Long) am Tage ihrer Ausstellung 500€
an den Verkäufer der Kaufoption (Short). Damit erwirbt der Käufer das
Recht, am Fälligkeitstage der Option 100 XYZ-Aktien für 100€
das Stück zu kaufen oder das Recht aus der Option ungenutzt verfallen
zu lassen. Im zweiten Falle einer Verkaufsoption (Put) zahlt der Käufer
der Verkaufsoption dem Stillhalter 700 € für das Recht, ihm am Fälligkeitstage
100 ABCD-Aktien zu 70 € das Stück selbst bei jetzt tieferem Aktienkurs
zu verkaufen oder das Recht wieder verfallen zu lassen. Beide Mal gleicht
der Vermögensgewinn des einen (Transaktionskosten und Nutzerwägungen
abgerechnet) dem Vermögensverlust des anderen. Die Zahlungsbeträge an
sich sind stets gleich, tragen aber umgekehrte Vorzeichen. Aus diesem
Grunde pflegt man in diesem Stück oft und gerne von einem
Nullsummenspiel ("zero-sum
game") zu sprechen.
LYNX Depot: Optionen und Futures ab 2,00 Euro handeln
Abschließend seien
noch einige Grundbenennungen aus der Optionsterminologie des Näheren
erläutert, die im Umgang mit
bedingten Termingeschäften häufig auftauchen:
Als Klasse einer Option
("option class") werden alle Optionen übereinstimmenden Typs
und Stils – also beispielsweise "alle amerikanischen Kaufoptionen",
oder auch "alle europäischen Verkaufsoptionen" – auf ein und denselben
infrage stehenden Basiswert (z.B.
auf ABCD-Aktien oder auf den
DAX®) benannt. Demnach gehören alle amerikanischen Kaufoptionen
auf die ABCD-Aktie zu einer Klasse, wohingegen alle amerikanischen Verkaufsoptionen
auf die ABCD-Aktie unter eine andere Klasse gehören.
Innerhalb jeder Klasse bilden alle Optionen
mit dem gleichen Verfallsdaten eine eigene
Laufzeit-Klasse ("maturity
class"), beispielshalber alle Amerikanischen Kaufoptionen auf die
ABCD-Aktie, die auf den kommenden Juli-Termin befristet sind.
Als Optionsserie ("option
series") bezeichnet man alle Optionen, die in einer Laufzeit-Klasse
den gleichen Ausübungskurs aufweisen. Alle europäischen Verkaufsoptionen
auf die XYZA-Aktie mit Verfallsdatum im kommenden Juli und einen Ausübungskurs
von 10€ beispielsweise gehörten
demnach zu ein und derselben Optionsserie. Der Begriff der Optionsserie
umschreibt somit die kleinste Teilmenge für Optionskontrakte mit bestimmten
gemeinsamen Merkmalen.
Optionen lassen sich im Übrigen auch danach
auseinanderhalten, ob sie an hoch organisierten Märkten (Börsen)
notiert und fortlaufend gehandelt werden oder ob sie in gerader Linie
das Ergebnis persönlicher Vertragsabstimmungen zweier rechtlich gleichgestellter
Vertragspartner sind, die sonderlich auf Erfüllung abstellen. Ersterenfalls
spricht man von "exchange-traded
options" oder "listed options", letzterenfalls von "over-the-counter
options" (OTC) oder "dealer options". Während die übergroße
Mehrzahl der am Sekundärmarkt Börse aufgeführten Optionen vom Typus
"American-style" ist, geben OTC-Optionen ein weit umfangreicheres
Mischungsverhältnis aus den beiden Stilarten zu erkennen.
|