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  •    Offenes Interesse ("open interest") und Umsatz ("volume")

Der Begriff "Offenes Interesse" ("open interest", O.I.) bezeichnet die Zahl aller zu einem gegebenen Zeitpunkt ausstehenden (offenen) Terminkontraktgeschäfte eines Marktes zusammengenommen, d.i. die Gesamtzahl der am bezüglichen Markt bislang noch nicht durch ein Gegengeschäft glattgestellten bzw. noch nicht durch physische Lieferung des zugrunde liegenden Marktgegenstands oder durch Barausgleich erfüllten Terminkontraktgeschäfte ("contracts outstanding").* Es sei dies durch ein Beispiel näher erläutert:

[* Diese Sprachregelung gilt im Übrigen sinngleich und ungeschmälert für Optionskontraktgeschäfte gleichermaßen].

Im DAX®-Futures-Markt wird nach Ablauf des voraufgehenden Kontraktmonats planmäßig ein neuer Kontraktmonat gelistet: der März-DAX®-Futures. Es kommt der erste Umsatz im Markt des neuen DAX®-Kontraktmonats zustande: Händler B kauft einen März-DAX®-Futures von Händler S, der mit diesem Futures-Geschäft den DAX® auf Termin per März verkauft. Kauf und Verkauf zusammengenommen bilden hiernach ein offenes Terminkontraktgeschäft*, das ist ein neu begründeter Futures-Kontrakt für sich – und erhöhen folglich das "open interest" im hier betrachteten Futuresmarkt von 0 auf 1.

[* Anmerkung: Unter rechtlichem Blickwinkel zersplittert sich jedes abgeschlossene Terminkontraktgeschäft in zwei gesonderte Verträge: der eine zwischen Clearinghaus und Terminkäufer, und der andere zwischen Clearinghaus und Terminverkäufer. Bei der Berechnung des "open interest" bleiben dieserart einzelkontraktliche Verpflichtungen gegenüber dem Clearinghaus jedoch stets ausgeklammert.]

Daraus lässt sich folgern: Wer einen Terminkontrakt kauft ("long geht"), ohne vorher bereits über eine Verkaufsposition in dieser Kontraktart zu verfügen (= "opening trade"), erhöht unter sonst gleichen Umständen das "open interest" immer dann um eins, wenn gleichzeitig auch der Verkäufer eine neue Position in diesem Kontrakt eingeht ("short geht"). Umgekehrt, wer einen Terminkontrakt verkauft ("short"), ohne zuvor über eine Kaufposition in dieser Kontraktart zu verfügen, hebt das "open interest" immer dann um eins, wenn der Käufer zugleich eine neue Kaufposition darin aufbaut ("long"). Gleiches gilt spiegelbildlich für die Verringerung des Offenen Interesses.

Man beachte wohl: Nicht jedes auf dem Futuresmarkt vollzogene Umsatzgeschäft treibt im gleichen Zuge auch das "open interest" in die Höhe. So könnte gedanklich Käufer B des vorhin aufgeführten Beispiels seinen März-DAX®-Futures wieder an Verkäufer S verkaufen. Damit hätte sich der Kreis geschlossen, das "open interest" wäre trotz einem erneuten Umsatz an null zurückgelangt. Hätte hingegen Käufer B an einen Dritten T verkauft* und Verkäufer S seine Leerverkaufsposition beibehalten, so wäre zwar ebenfalls ein weiterer Umsatz zu verzeichnen, das "open interest" bliebe hiervon jedoch unberührt. Es stünde nach wie vor auf dem alten Stand bei eins. Gesteigert hätte sich das "open interest" allerdings dann, wenn – c.p. (ceteris paribus = "unter sonst gleichen Umständen") – der Dritte T nochmals einen Futures von Verkäufer S oder von einer anderen Partei gekauft hätte.

 

 

 

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[* Es geht dies im Handel mit Futures ohne äußeren Anstoß an, weil niemand das Einverständnis des ersten, ursprünglichen Kontraktpartners darüber einzuholen nötig hat.]

Das "open interest" steigt mithin immer dann, wenn per saldo neue (offene) Terminkontrakte geschaffen werden, und es fällt immer dann, wenn per saldo bestehende Terminkontrakte geschlossen und damit aus dem Spiel genommen werden. Das gesamte von einem Markthändler gehaltene bzw. beherrschte offene Interesse bezeichnet man üblich als seine Position.

Wie am voraufgegangenen Beispiel erläutert, gelangt jeder Futures-Kontrakt für sich stets paarweise zur Entstehung. Aus diesem Umstand ergibt sich notwendig zu jedem Zeitpunkt der Höhegrad des "open interest" in Ansehung einer bestimmten Kontraktart (so z.B. im März-DAX®-Futures), der sich in der Wortformel ausspricht: Zahl aller offenen Kaufgeschäfte (Long) gleich Zahl aller offenen Verkaufsgeschäfte (Short) gleich "open interest". Man kann also sagen, je mehr Kontrakte aufgebaut und gehalten werden und je mehr Belange damit noch ausstehen – sprich "je stärker das wirksame Interesse"* an einem artgleichen Kontraktgegenstand tatsächlich ist – desto höher wird das "open interest" in jenem Markt ausgemessen; und umgekehrt. Anders gewendet: Durch die Zahl des O.I. teilt sich das gesamte Interesse an einem Futures dem teilnehmenden Marktpublikum mit, welches sich freilich auch auf die Zahl der insgesamt umgesetzten Kontrakte auswirken wird. Berechnet und verkündet wird die Kennzahl "open interest" für die verschiedenen Märkte regelmäßig zum Schluss eines jeden Börsentages mit Rücksicht auf den eben zu Ende geführten Handelsabschnitt.

[* Das wirksame Interesse hängt somit im letzten Grunde davon ab, wie dringlich die Begierde der Marktbeteiligten nach der Einnahme einer bestimmten Positionierung tatsächlich ist, d.h. wie sehr ihnen an einer präsenten wirtschaftlichen Beziehung, einem Mitwirken, liegt.]

Das "open interest" zeichnet sich demgemäß ziffermäßig durch eine untere Begrenzung von null aus, während ihm im Zuwachs theoretisch keine Grenze gezogen ist. Im Unterschied zum täglichen Umsatzvolumen in einem Futures ("futures series") stellt das "open interest" eine durch die gesamte Laufzeit eines Futures berechnete kontinuierliche Zahlengröße dar. Unter "volume" (Transaktionsmenge, Orderbuchumsatz, Handelsvolumen, "trading volume", "volume traded", "turnover") dagegen versteht man die Zahl der gehandelten, rechtsgeschäftlich verbindlich abgeschlossenen Terminkontrakte ("lots", "number of contracts") in einem Futures-Markt, und zwar kumuliert auf eine bestimmte jeweilig in Betracht gezogene Zeitperiode gerechnet (allgewöhnlich auf einen Tag, bisweilen auch auf eine Woche, einen Monat usw. gewendet); ebenso möglich ist es, das "volume" bloß auf einen ausgewählten Handelsabschluss zu beziehen, zu dem ein Kurs notiert worden ist. Je reger der Verkehr und je mehr Futures-Kontrakte während eines betrachteten Handelsabschnitts abgeschlossen (umgesetzt) werden, umso größer schlägt die Kennzahl "volume" an, und umgekehrt. Ein Kauf zusammen mit dem zugehörigen Verkauf eines Futures ("trade") bilden immer und ausnahmslos genau einen Kontrakt an Handelsumsatz; denn zu jedem Käufer eines Futures (long) gehört stets auch ein Verkäufer (short). Um etwa für einen bestimmten Börsentag in einem untersuchten Futures-Markt zur berechneten Umsatzzahl zu gelangen, reicht es demnach aus, lediglich sämtliche Käufe in diesem Terminkontrakt zu zählen. Hätte also Käufer B im obigen Beispiel am Ende des Börsentages seinen DAX®-Futures wieder an S verkauft, stünde das "open interest" nun wieder bei null, der Umsatz ("volume") indessen bei zwei. Augenfällig in der Terminmarktpraxis ist, dass, ehe das "open interest" endlich nach null zurückgekehrt ist, eine ganze Reihe von einzelnen Futuresgeschäften stehen kann, ohne dass auch nur ein einziger effektiver Umsatz im zugrunde liegenden Marktgegenstand ("underlying") stattzufinden braucht.*

[* Hinweis: Aufgrund der Standardisierung der Kontrakte lässt das "trading volume" nebenher auch die Summe aller umgeschlagenen Werte je Handelsperiode ermessen, indes solche von bloß abstrakter Natur ("notional value"). Das "volume" einer Handelsperiode in Derivaten ist sonach streng auseinanderzuhalten von einem möglicherweise dahinterstehenden Handelsumsatz in dem unterliegenden Basisinstrument (Underlying), bewirkt durch Leistung für Gegenleistung zum Zwecke der Erfüllung. – Anmerkung: Das Öffnen und Schließen von Kontrakten, ohne Realtausch, führt bei gegebener Terminpreisänderung allein zu einer Umschichtung der Vermögensverhältnisse unter den Marktteilnehmern durch Umverteilung der jeweiligen Differenzzahlungen (Skontration).]

Die Terminbörsen beobachten den Hergang des Marktverlaufs gewissenhaft bis ins Kleinste, verzeichnen fortwährend jeden einzelnen Geschäftsgang mit vollständiger Genauigkeit, mitteln aus dieser reichhaltigen Zahlensammlung die Handelsverkehrsziffern (Umsatzverlauf, "trading volume") aus und erstellen nach Vollendung jedes Börsentags daraus ihre Sitzungsberichte und statistischen Erhebungen. Nach vollzogener Überprüfung, und nötigenfalls nach Bereinigung um Fehlumsätze ("mistrades"), werden die Umsatzzahlen nunmehr auch in einer amtlichen Statistik öffentlich ausgewiesen (vgl. dazu die alltäglich bekannt gegebenen Umsatzzahlen und das "open interest" an der CME). Die zu allgemeiner Kenntnis verbreiteten Zahlen nehmen in der Regel je Futures-Markt alle Monatstermine zusammengenommen in sich auf, und nicht etwa nur einzelne ausgewählte Termine davon. Ließen sich für den Abschnitt einer gerade zu Ende gegangenen Handelsfrist, z.B. aus abwicklungstechnischen Gründen, die Terminumsätze noch nicht abschließend ermitteln, so werden diese in der üblichen Weise vorläufig geschätzt ("estimated volume"). Mit dem Ausnahmefall von Geldmarkt-Futures schlagen die Verkehrsziffern in den verschiedenen Futures-Märkten im zeitlich nächsten ("nearby", "Frontmonat") bzw. mit näher rückender Fälligkeit im übernächsten Monatstermin fast immer am größten an.* Zu genau welcher Zeit der Wechsel ("switchover") stattfindet und der nachfolgende Termin das Übergewicht erringt, ist nicht immer eindeutig vorherzusehen. Der erstfällige oder der zunächst folgende Termin gibt jedoch damit im einen wie im anderen Fall den Ton für alle übrigen an. In diesem Sinne wird der Termin mit den höchsten Umsatzzahlen, der zugleich am nächsten liegt, oft auch als "active month" benannt. Die Märkte zeitlich naher Termine sind vorherrschend von ansehnlich hoher Liquidität und – damit ineinandergreifend – dazu von vorteilhafter Markttiefe, womit offenkundig die Wahrscheinlichkeit wächst, für Abschlüsse auf jenen Märkten einen allzeit "fairen" Terminkurs zu erhalten. Je mehr Umsatz ein Futures andauernd auf sich zu ziehen vermag, desto größer ist grundsätzlich auch seine allgemeine Bedeutung für den Handelsverkehr.

[* Die Märkte für die zeitlich nächsten Termingüter sind im Zusammenhalt mit den entlegeneren regelmäßig nicht nur von der höheren Liquidität, sondern auch von der höheren Volatilität. Es hat dies seinen Grund darin, dass die Glaubwürdigkeit neu eintreffender marktrelevanter Nachrichten mit sich ausdehnendem Ereignishorizont abnimmt ("Samuelson Effekt"). Überhaupt bietet das Aufkommen richtungweisender Tagesneuigkeiten einen Antrieb zu vermehrter Regsamkeit im Handelsverkehr, und diese wieder führt, mitunter ganz unerwartet, zu angespannten Volatilitätsgraden, bei Nachrichten ohne innere Berechtigung zuweilen auch zu leidigem "noise".]

Die von den Terminbörsen ausgewiesene Kennzahl "open interest" dagegen ist der Sache nach stets zeitpunktbezogen. Sie bringt das Marktinteresse in jedem Monatstermin innerhalb der verschiedenen Futures-Märkte zum Ausdruck. Das Offene Interesse wird für jeden einzelnen derselben eigens bekannt gegeben. Den Bezugszeitpunkt seiner Berechnung bildet regelmäßig der Handelsschluss der soeben abgelaufenen Handelsperiode. Auf diese Weise wird jeder Terminmarkt als Teil eines Futures-Marktes für sich genommen mit Rücksicht auf den genannten Bezugszeitpunkt durch eine ganz bestimmte Gesamthöhe an "open interest" öffentlich ausgezeichnet, die sich im ausgewiesenen Stand der Kennzahl mitteilt. Darüber hinaus arbeiten die Börsenaufsichtsbehörden (in den Vereinigten Staaten z.B. die CFTC) an allen Welt-Terminbörsen ausführliche Berichte ("Commitments of Traders Report", COT Report*) aus, welche das jeweilige Ausmaß des "open interest" bis ins Einzelne zu übersehen erlauben. Diese werden, wie es üblich ist, allwöchentlich bezw. vierzehntäglich jedes Mal in frischer Fassung vor die Öffentlichkeit gebracht. Die beigebrachten Berichte sind vorzugsweise brauchbar, um der Handelswelt und deren Beobachtern einen genaueren Aufschluss über die Geschäftstätigkeiten der gesonderten Gruppen von Marktteilnehmern und deren Macht über die Kursentwickelung zu verschaffen. Das Verfahren der Veröffentlichung der COT-Berichte in regelmäßiger Folge schafft letzten Endes eine willkommene Verbesserung der Durchschaubarkeit des Marktablaufs (Markttransparenz).

[* Die CFTC bringt regelmäßig freitags um 15:30 Uhr (ET) COT-Reporte für alle jene Terminmärkte heraus, in denen mindestens fünf Händler (Trader) Positionen halten, welche in ihrem Umfang die Zahl für die Meldepflicht von Terminkontrakten ("reportable limit") übersteigen.]

Wann genau zu welcher Stunde, Minute und Sekunde eines Börsentages welche Anzahl an Kontrakten zu welchen Kursen angeboten, nachgefragt und gehandelt wurden, erfährt der am Marktgeschehen Anteil nehmende unter der Angabe "Times and Sales" (T&S), d.i. eine gesonderte von den Terminbörsen in regelmäßiger Folge vor die ganze beteiligte Öffentlichkeit gebrachte Statistik über Umsatzzahlen für die Gesamtheit der Terminmärkte am Platze ("trading statistics"). Anhand der Umsatzausweise solcher Art vermag jedermann sich Kenntnis zu verschaffen über die Zeit des Vorkommens (Zeitstempel, "timestamp") sowie den Umfang eines jeden Terminkontraktgeschäftes, das innerhalb des fraglichen Börsenhandelsabschnitts auf dem betreffenden Markt vorgenommen wurde. Die statistischen Belege dienen noch einem weiteren Ziel: Eine sorgfältige innerbetriebliche Auswertung des gesamten vorliegenden Zahlenwerks im Rahmen einer wiederholt stattfindenden umfassenden Kontrolle des Handlungsablaufs aller Marktbetätigungen ("systematische Handelsüberwachung") soll einer verbotenen, verzerrenden Vorspiegelung von Scheinumsätzen in Futures (d.i. der gleichzeitige Kauf und Wiederverkauf von Kontrakten einerlei Art, sog. "wash sales") und anderweitigen Umtrieben vom Anfang an die Spitze abrechen.

Deuten lässt sich das "open interest" einerseits als Anzeiger ("Indikator") für den an der Restlaufzeit der Terminkontrakte ausgerichteten, noch zu tätigenden Mindestumsatz auf diesem Markt; denn schließlich müssen alle derzeit gehaltenen, aber vorläufig noch ungedeckt gebliebenen Futures-Kontrakte spätestens zum Fälligkeitstage glattgestellt (oder gegebenenfalls tatsächlich erfüllt oder aufgerechnet) werden, wie es nach allseits bekannten Regeln von allen "unbedingten Termingeschäften" ohne Unterschied verlangt wird. So gesehen vermittelt das "open interest" ein zuverlässiges Merkzeichen dafür, welcher Mindestumsatz in Zukunft noch zu erwarten steht. Zum anderen stellt das "open interest" zweifellos auch ein bedeutendes Richtmaß zur Einschätzung der Liquiditätslage eines Terminmarktes dar.

In der anschaulichen Vorstellung, aber auch in Wirklichkeit kann das auf einem Terminmarkt sich ausweisende "open interest" den Umfang des auf dem nebengeordneten Loko- bzw. Kassamarkt herrschenden physischen Angebots leicht um ein Vielfaches überflügeln. Was an sich niemand wundernehmen wird; denn es kann herkömmlich mehr Ware auf Termin durch Absprache vertraglich abgemacht als erzeugt, können mehr Wertpapiere kontraktiert als emittiert werden. Das Grundübel hiervon ist, dass eine Übersteigerung des Mengenverhältnisses, gleichviel ob durch gröbliche Unachtsamkeit einzelner größerer Händler oder vom Widerpart durch übelwollenden Gebrauch mit arger List herbeigeführt, zum Nachteil für das gesamte betreffende Wirtschaftsgebiet ausschlagen kann ("market abuse"). Ebenso denkbar und vom Übel wäre das Ansinnen Einzelner, die Preislage zu einer Alleinherrschaft (Monopol) hin auszubauen, um damit rein eigennütziger Zwecke willen Missbrauch zu treiben. Angespielt sei in diesem Bezug auf die Gefahr der Entfremdung von den eigentlichen, wesenhaften Absichten des Handelsverkehrs mit Futures durch den Kunstgriff eines sogenannten "corner" (oder auch "squeeze" genannt; zu Deutsch manchmal als "Ring" angesprochen). Unter dem Begriff "corner" versteht man den zwar gewieften, aber anrüchigen und verpönten Winkelzug einer wohlbewussten Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung in einem Markt andienungsfähiger Terminkontrakte.* Ein derartiges Unterfangen wird eingeleitet und durchgesetzt vornehmlich durch Erzeugung einer zeitweiligen "künstlichen" Angebotsverknappung auf Umwegen durch still in Gang gesetzte Aufkäufe ganz im Dienste eines nachhaltigen Preisauftriebs ("corner the market"). Die List einer "Cornerung" des befangenen Marktes hat im Allgemeinen eine umso bessere Aussicht zu glücken, je seltener und gefragter der betreffende Marktgegenstand im Leben ist. Bei Eintritt der Terminfälligkeit des Kontrakts ist der Aufkäufer (meist ein Konsortium oder deren Dunkelmänner) auf der Long-Seite nunmehr im Besitz eines Großteils des physischen Gesamtangebots, wodurch er leichtes Spiel hat; denn kraft seiner Übermacht stecken die ihm gegenüberstehenden Inhaber von ungedeckten Short-Positionen nun in der Klemme: Sie können ihren Lieferverpflichtungen nicht anders nachkommen, als den fraglichen Marktgegenstand zu dem ihnen abgepressten, vom Aufkäufer wucherisch hochgehaltenen Preis anzukaufen. "Corners" drohen allenthalben zu entstehen, sobald mit herannahender Terminfälligkeit in einem Kontraktmarkt die durch das "open interest" verkörperte Menge über die tatsächlich vorhandenen Bestände an der Grundware hinausgesteigert ist. Glücklicherweise sind die Derivatebörsen heutzutage bestrebt, "corners" mit den daraus drohenden Übelständen und Bedrängnissen den Aufkäufern durch strafferes Vorgehen zu verleiden. So gehen die Terminbörsen durch Einrichtung z.B. von Positions-Obergrenzen in Verbindung mit der verbindlichen Vorgabe verschiedener Gütegrade für die Lieferung darauf aus, Ausschreitungen durch "corners" bereits in ihrer Ausgangslage im Keime zu ersticken.

[* Unterliegt ein Markt für eine zwar grundsätzlich andienbare Ware jedoch den Bestimmungen der Barandienung ("cash settlement"), so ist jeder Versuch einer Cornerung des Marktes durch die Möglichkeit des Barausgleichs bei Fälligkeit von vornherein zum Scheitern verurteilt.]

 

Aufzählung

"open interest" und "volume" als Kennzahlen im praktischen Einsatz

Man möchte meinen, jeder Terminmarkt für sich führe als solcher ein lebensähnliches Dasein, welchem ein Werden, Wachsen und Vergehen beschieden ist. So nimmt gleich nach Einführung eines neuen zyklischen Termins in den Handelsverkehr das "open interest" in diesem Markt gewöhnlich zuerst ganz allmählich Fahrt auf, wächst im weiteren Laufe immer mächtiger an und verbleibt meist ohne spürbare Abschwächung auf verhältnismäßig hohem Stand, zumal wenn zu jenem Termin der Voraussicht nach umfangreichere Hedgegeschäfte anstehen. In seiner weiteren zeitlichen Erstreckung wird diese Ziffer – so nämlich besonders augenfällig unter der Wirkung saisonbedingter Einflüsse und, wie man immer wieder erfährt, mit diesen zusammentreffenden zunehmend häufig wiederkehrenden spekulativen Ausschweifungen – mehr oder weniger stark ausgeprägten Schwankungen unterliegen, um nach Erreichen ihres vorbehaltlichen Gipfelpunktes dann langsam, aber stetig im Niedergang begriffen einige wenige Tage vor Fälligkeit des Termins steil und immer rascher abzufallen, bis das "offene Interesse" längstens nach Vollendung des letzten Handelstages schlussendlich notwendig so weit verflacht, dass es auf ein verschwindendes Maß zurückgewichen oder gar wieder bei null angelangt ist ("Kontraktlebenszyklus"). Der schleunige Rückgang im "open interest" besonders während der letzten Handelstage eines Futures ist erfahrungsgemäß auf Umschichtungen zurückzuführen von dem nun auslaufenden hinein in den jetzt nächsten, nunmehr liquideren Monatstermin (dieses Verfahren wird in fachlicher Sprache "roll-over", auch "switching" genannt). Fast immer verdichten sich die Handelstätigkeiten an den Futures-Märkten auf die vorderen Terminmonate, so dass beide Kennzahlen, "open interest" wie auch "volume", aus eben diesen die aus den späteren Terminen in aller Regel ziffermäßig weit überragen. Mitbegriffen in die Kennzahl des "open interest" ist hierbei selbstverständlich auch der meist nicht unwesentliche Anteil an im Markt offengehaltenen Spread-Positionen.

Anerkannt brauchbare Anwendung finden die beiden Kennzahlen "open interest" und "volume" u.a. bei der Untersuchung der Zusammensetzung der das gegenwärtige Marktgeschehen prägenden Gruppen von Händlern (beispielsweise untergliedert nach Hedgern, Hedge-Funds, sonstige Kapitalanlagegesellschaften und Kleinanlegern usw.), zwecks Aussagen über den Zuwachs im Handelsverkehr von bestimmten Futures-Produktreihen, ferner zur Beurteilung der an den Derivatemärkten vorzufindenden allgemeinen Liquiditätslage einschließlich deren Größenordnung und Aktivitätsgrad, als endlich zur groben Einschätzung der Erwartungshaltung der Marktbeteiligten im Hinblick auf die mögliche künftige Kurs- und Umsatzentwicklung im bezüglichen Terminmarkt. Ein hohes "open interest" bei gleichzeitig leidlich geringem "volume" etwa deutet i.A. hin auf ein breiteres kommerzielles Interesse an Kurssicherungsgeschäften; denn nicht wenige berufsmäßige Hedger ("commercials") pflegen ihre Terminmarktpositionen durch einen längeren Zeitraum hindurch auf einheitlichem Stand aufrechtzuerhalten. Andererseits legt der Beobachtungssachverhalt eines geringen "open interest" bei gleichzeitig verhältnismäßig großem "volume" den Schluss nahe, dass in einem derartigen Markt das kurzfristige spekulative Interesse vorwiegt. Was als ein hohes und was als ein niedriges "open interest" und "volume" zu deuten ist, hängt ab vom jeweiligen Markt verglichen mit anderen Märkten und deren Entwicklung der Kennzahlen im Zeitlauf. So kann ein als gering erachtetes "open interest" oder "volume" für den einen Markt durchaus ein als hoch aufgefasstes für den anderen sein.* Zu vermerken ist indes, dass die Betriebsamkeiten der "Daytrader" und "Scalper" im Allgemeinen nicht in das "open interest" mit einfließen, da diese beiden Gruppen von Tradern ihre eingeleiteten Positionen bis zum Ende jeder Börsenhandelszeit wieder aufzuheben gewohnt sind.

[* Das weltweite "open interest" in Futures stand etwa zum Monatsende im Januar 2023 bei rund 283,43 Mio. Kontrakten (fast 7% mehr als im nämlichen Vorjahresmonat), wobei gut ein Viertel dessen allein auf das Konto nordamerikanischer Börsen ging.]

Augenfällig ist es, dass Größenänderungen bei den Kennzahlen "volume" und "open interest" nicht zwingend in Abhängigkeit zueinander stehen. Beispielsweise wird ein hoher Umsatz innerhalb einer Handelsphase allemal dann ohne allen nennenswerten verändernden Einfluss auf das "open interest" bleiben, wenn sich gleichzeitig die Zahl der neu geöffneten Kauf- mit der der neu geöffneten Verkaufspositionen ungefähr die Waage hält. Auch lässt sich als möglich denken, dass das "volume" bei fallendem "open interest" eine steigende Richtung einschlagen wird, sofern bei lebhaftem Fluss des Handels mehrheitlich Posten geschlossen werden. Außerdem kann das "volume" bald höher, bald tiefer liegen als das "open interest".

Händler mit einem Hang zur "Technischen Analyse", besonders die, die der Charttechnik* zuschwören, beeifern sich, aus dem durchgehenden Verlauf der Entwicklung des "open interest" im untersuchten Futures-Markt handfeste Schlüsse zu ziehen, und das mit der Hoffnung, daraus stichhaltige Anhaltspunkte für den wahrscheinlichen Gang der künftige Kurse gewinnen zu können. Zu diesem Zweck bedient man sich in Börsenkreisen mit Vorliebe einer Chartanalyse unter Einbeziehung von "open interest" und Umsatzverlauf ("volume"). Ihre Ergänzung findet diese häufig und gern durch sogenannte "Indikatoren" und "Formationen", welche der technische Analytiker den gewesenen Kursbewegungen glaubhaft zu entnehmen vermeint. So stellen im Munde von "Chartisten" gewisse "Signale", wie etwa ein zunehmendes "open interest" bei gleichzeitig gesteigertem Orderbuchumsatz und hoch gehenden Kursen, ein Prognostikon auf, das aller menschlichen Voraussicht nach auf weitere Kurssteigerungen hindeute; denn – so wird manchenorts ins Gefecht geführt – "es werden fortwährend aggressiv neue Käufe zu immer höheren Kursen getätigt, was auf einen 'technisch festen Markt' mit Anschlusskäufen schließen lasse".

[* Charts sind optisch aufbereitete Kurs-Schaubilder, die in graphischer Darstellung Aufschluss über die Kurs- und Umsatzentwicklung innerhalb der bezüglichen vergangenen Zeit geben.]

Einen abschließenden Überblick dessen, was den mutmaßlichen Zusammenhang zwischen Futures-Preis, Orderbuchumsatz ("volume") und "open interest" ausmacht, vermittelt die folgende Tabelle. Über den Erkenntnisgehalt, der einer derartigen Lehre vielfach untergeschoben wird, mag indes einiger Zweifel angebracht sein.

Futures-Preis "open interest" "volume" Beurteilung
 steigt  steigt  steigt  fester Markt ("bullish")
 steigt  fällt  fällt  sich abschwächender Markt
 fällt  steigt  steigt  schwacher Markt ("bearish")
 fällt  fällt  fällt  sich erholender Markt

Tabelle: Futures-Preis, "volume" und "open interest"

Lesen Sie auf der folgenden Seite:

Settlement: Erfüllung von Futures durch physische Lieferung

 Aktienhandeln ohne Kommission

Siehe auch:

 

Aufzählung

Was sind Futures?

Aufzählung

Wie entstehen Futures?

Aufzählung

Der Handel mit Futures

Aufzählung

Der Futureskurs

Aufzählung

Glattstellung offener Positionen: Das Gegengeschäft

Aufzählung

Settlement: Die Erfüllung eines Futures-Kontrakts durch physische Lieferung oder "cash settlement"

Aufzählung

Die Mindestkursänderung ("tick", "minimum price fluctuation")

Aufzählung

Tägliches Kurs-Limit ("daily price limit") – "limit-up" bzw. "limit-down"

Aufzählung

Die Positions-Obergrenze ("position limit"), "accountability rules" und Reportpflicht ("reportable limit")

Aufzählung

Zur Beziehung zwischen Spotmarktpreis und Futureskurs und "cost of carry"

Aufzählung

Devisen-Futures

Aufzählung

Aktienindex-Futures

Aufzählung

Zins-Futures auf Geldmarktinstrumente

Aufzählung

Zins-Futures auf mittel- und langfristige Anleihen

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Albert Einstein (1879-1955), Physiker

 

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Stand: 09. November 2024. Alle Rechte vorbehalten.