Der Beta-Faktor (β) in Theorie und Anlagepraxis
Der Beta-Faktor
(β) verkörpert in der Finanzierungslehre eine fest bestimmte
Maßgröße (Kennzahl) für das mit einem Investitions- oder Finanzierungsprojekt
übernommene systematische Risiko
(kurz gefasst: Marktrisiko)
als Teil seines Gesamtrisikos mit Bezug auf das Marktumfeld.
Finanzwirtschaftliche Vorgänge und Handlungsweisen
jeglicher Art sind im gewöhnlichen Geschäftsleben, noch mehr aber in
unruhigen Zeiten, den verschiedensten Gefahren und Unsicherheiten ausgesetzt.
Diese zerfallen nach fachwissenschaftlicher Betrachtung grob in ein
"systematisches" und ein "unsystematisches Risiko". Die so bezeichneten
und von der Geschäftswelt im Verkehr übernommenen
systematischen
Risiken lassen sich der Hauptsache nach zurückführen auf Unbeständigkeiten
bei bedeutenden makroökonomischen bzw. gesamtpolitischen Einflussgrößen.
Als deren Quellen seien namentlich angeführt:
Auf- und Abschwünge der Wirtschaft und
deren Wachstumsraten, Wechselkurs- und Zinsänderungsrisiken, Vermögensverteilung
sowie Steuergesetzgebung und Wirtschaftspolitik. Doch die eben aufgeführte
Erscheinungsreihe ist weit davon entfernt, die einzigen Quellpunkte
dieser Risikoklasse aufzuzeigen. Systematische Risiken können selbst
in weit darüber hinausreichenden Unsicherheitstatbeständen ihre Entstehungsursache
haben: so nämlich in den unabsehbaren Folgeerscheinungen von denkwürdigen
Zeitereignissen, wie Staatsstreiche, Volksaufstände und sonstige staatsumwälzende
Bestrebungen und ähnliche Umtriebe im Ausbruch es sind, bis hin zu den
Auswirkungen von Gefahren, hervorgerufen durch Wirren eines Krieges,
eine Schreckensherrschaft, durch Terrorismus, Seuchen und all dergleichen.
Über alledem gehören hierher endlich grundlegende Unwägbarkeiten jenseits
menschlicher Einwirkung, verursacht durch unbeherrschbare äußere Einflüsse,
etwa die durch seit Urzeiten wiederkehrenden Launen der Natur und verheerende
Unglücksfälle erzeugte Notlagen, wenn und insofern sie auf die wirtschaftlichen
Belange der Menschen lasten. Zwar trifft das deretwegen auf die Märkte
hinüberschlagende Risiko (β) die einzelnen Wirtschaftsbetriebe, Investitionsgegenstände
und Finanzierungstitel rein äußerlich in unterschiedlichem Ausmaße;
indessen, die Weite ihrer Wirkungsstätte überspannt innerhalb der Grenzen
einer davon betroffenen Volkswirtschaft oder eines bezeichneten Wirtschaftsraums
alle Vermögenswerte ("assets") zusammengenommen, worin liegt,
dass kein Ding von echtem Gehalt sich der äußeren Einwirkung des Herrschaftsbereichs
systematischer Risiken zu entziehen vermag. In derselben Folgerichtigkeit
liegt es wieder, dass die systematischen Risiken stets und ausnahmslos
von einer Wirtschaftsgemeinschaft im Ganzen zu tragen sind.
Die Wesensbeschaffenheit des Beta-Faktors
selbst ebenso wohl wie seine Hauptaufgabe: die eines Gradmessers für
ein bestimmt gegebenes Risiko, nehmen ihren sachlichen Ausgangspunkt
von der Überlegung, dass im letzten Grunde allein der systematische
Teil des Gesamtrisikos einer Kapitalverfügung den maßgeblichen Beitrag
zum Risiko des bezüglichen Investitions- bzw. Finanzierungsprogramms
in all seinen Stücken liefern werde. Das
unsystematische
Risiko hingegen, d.i.
allein das anlagespezifische Risiko* einer gewagten Kapitalverwendung
(alle Papiere, die eine Kapitalanlage verkörpern, seien im Folgenden
bündig mit dem Sammelnamen Wertpapier bezeichnet) lässt sich
regelmäßig durch eine klug zusammengesetzte
(effiziente) Mischung mit
anderen Wertpapieren zunichte machen (Diversifikation, "Risikostreuung")
– und findet deshalb auf dem Kapitalmarkt keine Rechtfertigung in Form
einer eigenständigen Abgeltung durch erhöhte Renditeforderungen. In
strenger Folgerichtigkeit des Gedankens können von diesem Gesichtspunkt
aus sich die Erwartungen eines Geldanlegers vernünftigerweise allein
darauf richten, nur für das von ihm am Kapitalmarkt getragene systematische
Risiko durch einen Kapitalertrag in angemessener Höhe der Renditeerwartung
entgolten zu werden.
[* Im Falle von
Aktien etwa ist das unsystematische Risiko ("idiosyncratic risk",
"specific risk") in allen wesentlichen Stücken in dem branchen-
bzw. unternehmensspezifischen Risiko der betreffenden Aktiengesellschaft
begriffen. Bei alleiniger Betrachtungsweise, zumal auf kurze Sicht,
wird das vorgenannte Risiko fast immer prävalieren.]
Das Gesamtrisiko eines marktgängigen Wertpapiers
summiert sich dem vorstehenden Grundgedanken gemäß aus zwei wesensverschiedenen
Risikokomponenten, wobei folgender förmliche Zusammenhang* gegeben
sei:
|
finanzielles
Gesamtrisiko einer Mittelverwendung = systematisches Risiko + unsystematisches
Risiko.
|
[*
Dieser Beziehungszusammenhang lässt sich in allgemeingültiger algebraischer
Schreibweise wie folgt rechnungsmäßig zum Ausdruck bringen:
σi
= (β2i * σ2m + σ2εi)½
,
mit: σi:
Gesamtrisiko einer Investition i, gemessen in der Standardabweichung
σ; β2: quadrierter Beta-Faktor der Investition
i; σ2m: Varianz des Marktportfolios;
σ2εi: das vom Marktrisiko unabhängige Risiko.]
Aus dem Obigen lässt sich als ein
erstes Ergebnis zusammenfassend feststellen:
Das nach Hinwegnahme
des unsystematischen Risikos durch Diversifikation verbleibende
Restrisiko einer finanzwirtschaftlichen Maßnahme stellt in Anknüpfung
an die Portfoliotheorie ihr marktbezogenes Risiko β
dar.
Im weitesten Umfang Beobachtung findet
die Kennzahl Beta (β) beim Umgang mit Geldanlagen in Form einer Maßgröße
für den (zufallsbedingten, "stochastischen") Abhängigkeitsgrad der Renditeentwicklung
kurshabender Wertpapiere in Bezug auf die Renditeentwicklung eines als
repräsentativ und ursächlich angenommenen Marktportfolios. Aus diesem
Gesichtspunkt pflegt man Beta häufig und gern als ein "relativiertes
Risikomaß" anzusprechen. In der Funktion eines Analyseinstruments soll
es das marktbezogene Risiko (Sensitivität, Reagibilität, Empfindlichkeit)
des untersuchten Wertpapiers (bzw. einer eigens ausgesuchten Zusammenstellung
davon = Wertpapier-Portefeuille) zahlenmäßig zu erkennen geben. Im Gegensatz
zur Volatilität – ein Risikomaß,
das das aggregierte, gesamte Risiko einer Investition für sich allein
genommen erfasst und das in der (annualisierten) statistischen Standardabweichung
seinen Maßstab findet – fußt Beta demnach notwendig auf
zweierlei unterschiedlichen
Rendite-Bezugsgrößen, nämlich 1.) auf der Rendite des untersuchten Wertpapiers
(bzw. Portefeuilles) selbst und 2.) auf der Rendite eines repräsentativen
Markportfolios. Stellvertretend für das eigentliche Marktportfolio,
das vom Leitgedanken her sämtliche Vermögensgegenstände ohne Ausnahme
– also mit Einschluss der Sachinvestitionen und des "Humankapitals"
– in verbriefter Form zu umfassen bestimmt ist, wird in der Masse der
täglichen Anwendungsfälle aus vielerlei Zweckmäßigkeitsgründen ein für
das Vorhaben geeignet erscheinender
Aktienindex in Gebrauch gezogen.
Beta (β) selbst kann nach seinem inneren
Wesen ebenso wohl positive als auch negative Zahlenwerte annehmen. Positive
Werte für Beta weisen auf eine gleich ausgerichtete Veränderung der
Rendite des fraglichen Wertpapiers mit der des verwendeten Marktindex,
negative Beta-Werte andrerseits auf eine gegenläufige Renditeentwicklung
hin. Diese Aussage gilt in Rücksicht auf fallende wie auf steigende
Kurse des Wertpapiers gleichermaßen. Beispielsweise zeigt das mit der
Ziffer +1 angesetzte Beta eines
Wertpapiers an, dass, wenn die Rendite des Marktindex sich um einen
vollen Prozentpunkt erhöht (fällt), im Durchschnitt mit einem Renditeanstieg
(-rückgang) des untersuchten Wertpapiers von ebenfalls einem vollen
Prozentpunkt jedes Mal in gleicher Richtung gerechnet werden kann. Beträgt
der Beta-Faktor eines Wertpapiers das Doppelte, also
+ 2, so lässt dies bei steigenden
(fallenden) Marktrenditen durchschnittlich einen Anstieg (Rückgang)
in doppelt so starker Proportion, darum einen überproportionalen Anstieg
(Rückgang) des Aktienkurses erwarten. Bei einem Beta von
+ 0,5 bringt (büßt) sie nur
unterproportional die Hälfte dessen ein, was der zugrunde gelegte Marktindex*
gutmacht (abgibt). Dieser mechanische Wirkungszusammenhang bleibt sinngemäß
aufrecht auch für alternativ gedachte, beliebig gewählte Abstufungen
von Beta. Das Marktportfolio selbst hat, wie leicht begreiflich, streng
wissenschaftlich immerzu ein Beta von
+1. Im wirklichen Geschehen
hat die übergroße Mehrzahl der Aktien ein Beta, das auseinandergehend
zwischen +0,5 und
+2 gelegen ist. Das methodische
Arbeiten mit dem Beta-Faktor setzt demzufolge notwendig ein Denken in
Änderungsraten voraus (Marginalprinzip).
[* Hinweis:
Aktien, die ein Beta größer als plus 1 ausweisen, werden in der angloamerikanischen
Sonderfachsprache oft und gern als "aggressive
stocks" bezeichnet, wogegen Aktien, deren Beta kleiner ist
als plus 1, "defensive issues" heißen.]
Grob vereinfacht sei der im Vorausgehenden
beschriebene Sachverhalt anhand eines tabellarischen Zahlenbeispiels
näher erläutert:
Gesetzt,
für die letztvergangenen Wochen liegen folgende Indexstände und Aktienkurse
(Tagesschlusskurse) der Beobachtung vor:
|
Mo. |
Di. |
Mi. |
Do. |
Fr. |
Index |
4000,00 |
4020,00 |
4070,25 |
4110,95 |
4090,40 |
A-Aktie |
20,00 € |
20,16 € |
20,56 € |
20,89 € |
20,72 € |
B-Aktie |
30,00 € |
30,30 € |
31,06 € |
31,77 € |
31,55 € |
Man erhält
somit nachstehende Tagesrenditen (gerundet auf 2 Stellen hinter dem
Komma):
Rendite Index |
|
0,50 % |
1,25 % |
1,00 % |
– 0,50 % |
Rendite A-Aktie |
|
0,80 % |
2,00 % |
1,60 % |
– 0,80 % |
Rendite B-Aktie |
|
1,00 % |
2,50 % |
2,30 % |
– 0,70 % |
Wie aus
den Beispielsziffern der Tabelle zu ersehen, ist die A-Aktie am Mittwoch
zum Vortagsschluss um 2,0 Prozent gestiegen, während der maßgebende
Index, in dem die Aktie enthalten sein möge, lediglich um 1,25 Prozent
gestiegen ist. Wenn man die Renditen vom Mittwoch mit denen vom Dienstag
zusammenhält, dann lässt sich vermerken, dass die Rendite der A-Aktie
sich um 1,2 Prozentpunkte verändert hat, die des Index dagegen nur um
0,75 Prozentpunkte. Setzt man beide Renditeänderungen ins Verhältnis,
so ergibt dies: 1,2 / 0,75 = +
1,6. In ganz der gleichen Weise kann man nun mit den Renditeausprägungen
vom Donnerstag und Freitag verfahren, wobei man im Ergebnis für die
A-Aktie ein Verhältnis der Renditeänderung gleichmäßig von je
+ 1,6 erhält.
Führt man
die nämlichen Schritte nun auch für die B-Aktie durch, ist das Bild
ein nicht ganz so einheitliches wie eben. Am Mittwoch hat sich die Rendite
der B-Aktie um 1,5 Prozentpunkte verändert, der Index hingegen nur um
0,75. Das Verhältnis beläuft sich somit auf
+2. Am Donnerstag hat sich
die Rendite der B-Aktie im Vergleich zum Vortage um
–
0,2 Prozentpunkte geändert, der Index indes um
–0,25, mithin eine Variation
im Verhältnis von +0,8. Am
Freitag endlich ist bei der B-Aktie eine Renditeänderung von
– 3,0 Prozentpunkten zu verzeichnen,
während der Index eine Änderung um
– 1,5 Prozentpunkte erfahren
hat. Dies entspricht einem Verhältnis von
– 3,0
/ – 1,5 = + 2. Dennoch,
jeder von beiden Aktien ist derselbe Wertansatz für die Kennziffer Beta
eigen, nämlich ganz genau: β = +1,6.
Während
der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang der Renditeänderungen (zumindest,
was die hier betrachtete Woche anlangt) in Bezug auf die A-Aktie auf
das sichtbarste ausgeprägt ist – man spricht bei dieser Lage der Sache
von einer starken und signifikanten statistischen
Korrelation – ist die Wechselbeziehung
bei den Renditeänderungen zwischen der B-Aktie und dem Index nicht ganz
so stramm und einhellig; die Korrelation bei der Letzteren mit dem Index
schlägt entsprechend geringer an. Im großen Durchschnitt aber beträgt
die Renditebewegung der B-Aktie im Wertverhältnis zum Index ebenfalls
+ 1,6, wie auch die Probe
zu erkennen gibt: (2 + 0,8 + 2) / 3 = 1,6. Die B-Aktie hat damit ein
Beta in der gleichen Größenordnung wie die A-Aktie, das wieder einem
Wert von + 1,6 gleichkommt.
Wie das vorhin aufgeführte Beispiel bezeugt,
liegen die Beta-Faktoren risikobehafteter Kapitalposten im positiven
Wertebereich, falls die Veränderung ihres Marktwertes als Folgewirkung
"systematischer" Einflüsse, die das Marktportfolio vermittelt und auf
sie ausübt, dessen eingeschlagenen Gang der Grundrichtung nach im großen
Ganzen teilt. So werden Aufwärtsbewegungen des Index, und damit der
durch ihn vertretene Kurswert des Marktportfolios, den Wertstand einer
darin befindlichen Aktie im großen Durchschnitt in die Höhe ziehen wie
ihn Bewegungen nach abwärts im großen Durchschnitt in die Tiefe reißen.
Anders liegen die Dinge in dem besonderen Fall von vom Nennwert her
risikolosen Geldanlagen*, beispielshalber die im hohen Grade
gesicherten Schatzwechsel (Treasury-Bills), Pensionssätze ("repo-rate"),
praktisch nun auch €STR oder SOFR usw.
Allen diesen Letztgenannten ist dem Leitgedanken der Wertpapierlinie
des CAPM gemäß allesamt ein
Beta-Faktor von gleich null beizumessen. Nominelle Renditen aus Deckungsunterlagen
des Geldmarkts, also Renditen, die eben diese vorstehend genannten Titel
zuversichtlich einbringen, nehmen im Tagesgeschäft weder unmittelbar
Einfluss von fallenden noch von steigenden Aktienkursen. Sie können
ganz im Einklang mit ihrer hoch geachteten Sicherheit vielmehr als unabhängig
von den täglichen Renditeschwankungen des Marktportfolios aufgefasst
werden. Auch sonst sind diese im Verkehrsleben keinerlei nennenswertem
Kreditrisiko preisgegeben. Ein null gleichkommendes Beta spiegelt diesen
in den Tatsachen gegebenen Sachverhalt auch im Zahlenwert wider.
[* Selbst wenn
im Leben jedweder Art der Kapitalüberlassung immerzu ein gewisses Ausmaß
von Unsicherheit anhaftet, mögen die hier genannten Anlageformen dennoch
als vermeintlich "risikolos" eingestuft werden. Auswirkungen von Kaufkraft-
resp. zwischenzeitlichen Marktzinsänderungen indes seien hier und in
Nachstehendem geflissentlich beiseite liegen gelassen.]
In welchem Sinne aber lassen sich negative
Beta-Werte ausdeuten? Nun, zunächst sei vorausgeschickt, dass negative
Beta-Werte bei Aktien und artverwandten Eigenkapital verbriefenden Wertpapieren
(Beteiligungstitel) in der Praxis der Finanzmärkte von ziemlicher Seltenheit
sind.* Die kleinsten empirisch Werte für β, die beispielsweise
bei risikoärmeren Aktien gemessenen werden, bewegen sich in aller Regel
in einem Zifferbereich gegen +0,6,
und eher selten deutlich weniger. Solche Wertpapiere aber, die negative
β-Werte positiv vorweisen, legen damit für alle sichtbar das eigentümliche
Verhaltensmuster einer gegenläufigen Entwicklungsbeziehung zwischen
den auf ihren Märkten und den mit dem bezüglichen Index erreichten Renditeausprägungen
an den Tag. Weist die festgestellte Renditefolge des maßgebenden Index
im Durchschnitt eines untersuchten Zeitraums von längerer Dauer etwa
eine emporsteigende Tendenz auf, so sind Reihe an Reihe mit ihr fallende
Renditen auf dem betreffenden Wertpapiermarkt der Aktien mit negativen
Beta-Werten des gleichen Zeitabschnitts zu gewahren. Im Tatsächlichen
kann dies wieder ein Anzeichen für eine gegenwärtig schlechte Ertragslage
der infrage stehenden Unternehmung sein, was ein vereinzelt dastehendes,
gleich ausgerichtetes Investment, eine "buy-and-hold"-Strategie, in
dieser Aktie wohl verbieten mag, ein antizyklisches hinwiederum duldete.
[* Eine Liste von
Börsenpapieren, welche negative Beta-Werte vorweisen, findet der geneigte
Leser auf
folgender Seite.]
Allgemein gefasst:
Der Beta-Faktor (β) sagt aus, welche
Änderung die erwartete Rendite eines gegebenen Wertpapiers oder
eines besonders zusammengesuchten Wertpapierportefeuilles bei einer
Änderung der Rendite des Marktportfolios um einen Prozentpunkt im
Durchschnitt eines betrachteten Zeitraums erfährt, und zeigt damit
in schulgerechter Weise den verhältnismäßigen Zusammenhang
zwischen der erwarteten Rendite einer eigenständigen risikobehafteten
Investition und der erwarteten Rendite des Marktportfolios für planmäßige
Anlageentscheidungen auf.
Folgende Handlungsempfehlung lässt sich
nun, soweit es darauf ankommt, aus dem Gesagten ableiten: Werden steigende
Aktienkurse erwartet, so verspricht der Kauf jener Aktien, deren Beta-Faktor
nur groß genug anschlägt, im Falle einer Hebung der Kurse der im Index
vertretenen Werte überdurchschnittliche (überproportionale) Kursgewinne.
Werden dagegen fallende Aktienkurse erwartet, so wäre dem oben gegebenen
Leitgedanken nach auf Wertpapiere negativen Betas von entsprechendem
Grad zu setzen.* Man beachte wohl, dass eine praktische Anwendung
des Beta-Faktors notwendig allemal vorausschauend auf Zukunftserwartungen
Bedacht nehmen wird (Ex-ante-Wert). Da indes auf eine jetzt noch
unbekannte Wirklichkeit der Zukunft berechnete Daten regelmäßig mit
allerlei Unwägbarkeiten behaftet sind, muss zu deren Bestimmung vernünftigerweise
nach Schätzungsverfahren vorgegangen werden, die aus Zweckmäßigkeitsgründen
auf dem Boden bewährter wahrscheinlichkeitstheoretischer Überlegungen
geführt werden sollten. Zu diesem Dienst versteht man sich im Allgemeinen
dazu, einem bestimmten in Untersuchung gezogenen Wertpapier(-Portfolio)
bzw. einem als repräsentativ angesehenen Index aus vorliegenden Häufigkeitsverteilungen
von Renditen der Vergangenheit mit Hilfe anerkannter statistischer Verfahren
einen Wert beizulegen, der dem wahren, aber einer unmittelbaren Beobachtung
entrückten Beta-Faktor so nahe wie möglich kommt, und der auch sonst
für tägliche Investitionsentscheidungen brauchbare Ergebnisse zu liefern
verspricht. Hierbei ist den tatsächlichen Marktgegebenheiten freilich
besondere Beobachtung zu schenken, da man ansonsten allzu leicht in
die Fänge einer, ja, Phantasmagorie geraten kann; denn Folgendes leuchtet
doch sofort ein: Durch mangelnde Wirklichkeitsnähe und heroische Modellannahmen
würde der empirische Gehalt und Gestaltungsanspruch des Beta-Faktors
für wirklichkeitsbezogene Investitionsentscheidungen im Nu zugrunde
gerichtet!
[* Anmerkung:
Finanzderivate sind befähigt, bestimmte Beschaffenheiten von Aktienportfolios
in Hinsicht auf das Ziel der Geldanlage zweckgerecht abzuwandeln. Mithilfe
von Aktienindex-Futures z.B.
lässt sich der Beta-Wert eines Aktienportfolios passgenau und zudem
im wirklichen Gebrauch des Verkehrs vergleichsweise kostengünstig steuern
– und zwar a.) ohne hierbei erst die Mühsal der Suche nach Aktien mit
negativen Beta-Werten auf sich nehmen zu müssen und b.) ohne dass die
Notwendigkeit besteht, Umschichtungen am Portfolio selbst vorzunehmen.]
Finanzwirtschaftliche Konkurrenzgleichgewichtsmodelle,
wie z.B. das
CAPM oder die APT es sind,
richten ihr Augenmerk vorrangig auf Zukunftswerte. Der Sache nach lässt
sich der Beta-Faktor unter Anlehnung an diese Modelle auf nachstehend
aufgestellte Formel bringen:
βi
=
COVi,m
/ σ2m
=
ki,m
*
σi
/
σm
,
d.
h. er ist bestimmt durch den Quotienten aus der statistischen
Kovarianz (cov) zwischen den Renditen des betreffenden Wertpapiers i
und des Marktportfolios M als Dividend und der Varianz (σ²) der Renditen
des Marktportfolios M als Divisor. Ebenso gut, was im Effekt auf das
Gleiche hinausläuft, lässt sich Beta hiernach formal definieren als
Produkt aus dem Korrelationskoeffizienten k des Wertpapiers i zum Marktportefeuille
M mit dem Verhältnis der Standardabweichung der Renditen des Wertpapiers
i zur Standardabweichung der Renditen des Marktportefeuilles M. Obige
Gleichung erhellt ein weiteres Mal, dass Beta sich gleichsam als "Sensitivitätsmaß"
für die Änderung der erwarteten Rendite eines Wertpapiers in Beziehung
auf die Änderung der Rendite des Marktportfolios auffassen lässt.
[Hinweis:
Unter Korrelation versteht
man die gegenseitige Bewegungsabhängigkeit (Interdependenz) zwischen
Zufallsvariablen. Der Korrelationskoeffizient
k quantifiziert die Abhängigkeiten zwischen den in Betracht genommenen
Größen, indem dieser Stärke und Richtung des linearen Zusammenhangs,
beispielsweise zwischen den Renditen eines einzelnen Wertpapiers und
den Renditen des Markt-Portefeuilles, zum Ausdruck bringt. Der Korrelationskoeffizient
k liegt immer im Intervall [+1|–1],
diese eingeschlossen. Beträgt der Korrelationskoeffizient
etwa +1, so folgt daraus, dass
die Renditen sich in jedem Augenblick stets nach der gleichen Richtung
und hierbei in einem festen Verhältnis ändern. Es besteht mithin ein
statistisch perfekter positiver Zusammenhang. Bei einem Korrelationskoeffizienten
von gleich null wäre hingegen ein statistischer Zusammenhang nicht zu
vermuten (auf stochastische Unabhängigkeit im streng mathematischen
Verstand darf indes nicht ohne Besinnen geschlossen werden!), bei
k = –1 wieder ein perfekt negativer
Zusammenhang. Die Geltung und damit die Aussagekraft des Beta-Faktors
steigert sich in dem Maße, wie die Korrelation zwischen den Renditen
der untersuchten Aktie und denen des Marktportfolios inniger wird.]
Zu dem Zweck, den "wahren" Beta-Faktor
eines Kapitalmarkttitels auch im tatsächlichen Geschehen festzustellen,
müsste die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Renditen des untersuchten
Titels für jeden der anstehenden Börsentage zweifelsfrei beobachtbar
sein. In der Welt der wirklichen Börsen lassen sich indessen stets nur
Angaben aus der Vergangenheit ("historische" Wertpapierkurse, Ex-post-Kurse)
herbeischaffen, die aus allerlei Zweckmäßigkeitsrücksichten und der
Einfachheit halber dann zumeist als Verwirklichungen von Häufigkeitsverteilungen
aufgefasst werden. Sind im Rahmen des aktiven Portfolio-Managements
Entschlüsse zur Geldanlage auf dem Grundstock von verwirklichten Kursdaten
zu treffen, so drängt sich geradezu die Frage auf: Auf welchem Wege
lassen sich im Geschäft der ernsten finanzwirtschaftlichen Entscheidungen
unter Unsicherheit gute, zuverlässige Verlaufsvorhersagen aufstellen,
die es ermöglichen, aus gewesenen Marktpreisen zukunftsbezogene Wertegrößen
mit hinreichender Genauigkeit herzuleiten?
Die nächstliegende Aufgabe ist damit aus
sich heraus klar vorgezeichnet. Anhand eines Alltagsbeispiels sei auf
nachfolgender Seite aufgezeigt,
wie sich vor dem Hintergrund der oben aufgerollten Fragestellung der
historische Betafaktor einer Aktie mithilfe einfacher mathematisch-statistischer
Verfahrensweisen fachgemäß richtig berechnen lässt.
Lesen Sie auf der folgenden Seite:
Die Berechnung des Beta-Faktors
(β) aus historischen Kursdaten mit Hilfe statistischer Methoden
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