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Zum Preisfindungsverfahren
in den Futures-Märkten
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Futureskurse
sind von Natur aus bildsame, rasch wandelbare Größen. Gerade im hitzigen
Börsenleben der Jetztzeit sind die Kurse der Futures in einem wahrhaft
ewigen Wechsel* begriffen. Es ist dies sowohl im Geschäftsleben
und Umgang wie auch in der Wissenschaft und Forschung eine aus der Erfahrung
sattsam bekannte Erscheinungstatsache. Es fragt sich sodann, auf welche
Weise gelangen die Kurse der Futures überhaupt zur Entstehung? Welche
Kraft treibt sie an und hält sie unablässig in Bewegung? – Die Fragebeantwortung
kann nicht einen Augenblick zweifelhaft sein. Vom Futureskurse (der
oft auch als Futures-Preis oder als Terminkontrakt-Preis bezeichnet
wird; "futures prices") gilt nämlich dasselbe, was von den Preisen
aller marktfähiger Handelsgegenstände gilt: Sie kommen unter der Botmäßigkeit
wirtschaftlicher Bestrebungen zustande allein durch Bündelung von
Angebot und Nachfrage. Das will besagen, sie sind das bloße Ergebnis
von den Kauf- und Verkaufentscheidungen der einzelnen auf den Märkten
zusammentreffenden, unabhängig voneinander feilschenden Wirtschaftspersonen.**
So bildet sich immer dann ein neuer Futures-Preis, wenn sich einander
entsprechende Handelsaufträge (Orders,
Quotes) zweier Markthändler (Käufer und Verkäufer)
im Orderbuch der Terminbörse
ausführbar gegenüberstehen. Der Punkt auf der Kursskala aber, worauf
sich der Kontraktpreis des jeweils nächsten Handelsabschlusses festzusetzen
beliebt, lässt sich alles eher als mit zureichender Gewissheit vorhersehen.
Dieser kann sich, je nach Gestaltung der augenblicklichen Marktlage,
über den zuletzt Geltung gehabt habenden Kurs ebenso gut heben als ihn
untertreffen als sich mit ihm auf gleicher Höhe niederlassen; denn Angebot
und Nachfrage sind, wie man weiß, überaus biegsame Größen. Das Gesetz
von Angebot und Nachfrage beherrscht infolgedessen nicht bloß den gewesenen
und augenblicklichen Stand der Kurse, sondern vor allem auch die Kursverschiebungen
in der Zukunft.
[* In den lebhaftesten
und beweglichsten Märkten können sich die Kurse durchaus gegen 15- bis
20000 Mal je Börsensitzung
ändern – dies nicht zuletzt im Gefolge des Aufkommens des fortschrittlichen
Hochfrequenzhandels seit Beginn der Zweitausenderjahre ("high-frequency
trading"; vgl. etwa den Aufsatz "High-Frequency
Trading (HFT): What It Is & How It Works"), welcher durch die
Dienste von selbsttätig arbeitenden Hochleistungsrechnern den Terminverkehr
fast ganz ohne menschliches Zutun in eine beschleunigte Gangart gebracht
hat. Deutlich verfolgen lässt sich die Schnelligkeit des Taktschritts
im Kurswechsel musterhaft an der Hand eines laufend fortgeführten "tick"-Chart-Bildes
aus dem Kreis außerordentlich belebter Kontrakte, beispielweise für
den Lauf des
E-mini
S&P 500-Futures oder des
DAX® bzw.
DAX®-Futures.
Solcherart Charts geben während der Börsenstunden den
Kursverlauf getreulich
wieder, indem sie in stetem Schritt möglichst für jeden einzelnen Abschluss
den zugehörigen Kurs- oder Indexstand und dessen Änderung anzeigen,
während anschaulich und schmiegsam die der früheren der Reihe nach auf
der Zeitachse fortgesetzt in die Vergangenheit zurückgeschoben werden.]
[** So etwa im
fortdauernden, ordergeleiteten Auktionsmarkt ("fortlaufender Handel";
siehe hierüber die Typologie der
Marktorganisationsformen
im Futureshandel). Bei der Händlerschaft muss es sich nicht notwendig
immerzu um natürliche Personen handeln. Auch die von diesen als Behelf
eingesetzten elektronischen Handelsvorrichtungen ("automated trading
systems" ATS) sind ein gewichtiger Bestandteil der Handelswelt unserer
Tage.]
Zu den ersten und vornehmsten
Aufgaben
einer Terminbörse gehört es ganz ohne Zweifel, die für einen geregelten
Handelsverkehr notwendigen institutionellen Marktstrukturmerkmale in
zweckbedachter Weise mit möglichst scharfer Bestimmtheit inhaltlich
abzustecken, für deren Einhaltung sie im weiteren Geschäftsverlauf alsdann
die Gewähr leistet. Gegenständlich und für jedermann öffentlich zugänglich
gemacht werden selbige durch das einschlägige Regelwerk der Börse. Darin
führen die Terminbörsen ferner eine ganze Zahl ohne Abweichung einzuhaltender
Regeln und Usancen auf, die in erster Linie dazu veranlagt sind, etwaigen
Spielraum für betrügerische Handlungsweisen im Börsenterminhandel auf
ein Kleinstes einzuebnen, sie nach Möglichkeit vollständig auszuräumen.
Diese und andere fest umrissene Rahmenbedingungen bereiten erst einen
tragfähigen Unterbau, auf dem sich der Marktverlauf fortan frei entfalten
kann; Kurse von Futures (und
Optionen) können sich daraufhin,
wie oben angesprochen, durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage
in freiem beidseitigem Wettbewerb laufend neu bilden. Die Börsen selbst
verhalten sich im fortlaufenden Handel passiv. Sie greifen nirgends
und niemals in den Handelsablauf ein noch erzeugen sie jemals eigenhändig
Futureskurse. Amtlich festgestellte Kurse gibt es an den Futuresbörsen
ebenso wenig. Die Börsenvorschriften legen obendrein fest, dass alle
Geschäftstätigkeiten und die sich dadurch ausbildenden Kurse den
Regeln entsprechend voran zu gehen haben, diese zusammen mit dem Umsatzaufkommen
bei der Abwicklung des Clearing durchgehend aufzuzeichnen und von Seite
einer übergeordneten Instanz, der Handelsüberwachungsstelle ("market
surveillance"), einer ständigen Aufsicht zu unterziehen sind (Markttransparenz).
Die Vermittlung durch das natürliche Gesetz
von Angebot und Nachfrage* ist nicht allein der Hervorrufung
von Futureskursen eigen. Der gleiche Mechanismus findet mit ungeschmälerter
Kraft, nur unter anderen Rahmenrichtlinien, Anwendung auf die mit diesen
in enger Wechselbeziehung stehenden Spotmarkt- bzw. Kassapreise ("cash
prices", "spot prices"), wie sie regelmäßig auf herkömmliche
Weise im Marktverkehr als Resultante aus Geschäften für prompte Lieferungen
hervorgehen. Doch selbst dann, wenn in einem konkreten Betrachtungsfall
der Gattung nach gleiche Bezugsgüter den Marktgegenstand bilden, werden
dessen Cash- und Futureskurse dennoch stets auf verschobenen Schauplätzen
zweier organisatorisch voneinander getrennter Märkte auf der Grundlage
der dort jeweils waltenden Kursdeterminanten erzeugt und sich damit
im Regelfall der Wirklichkeit überwiegend in ungleichen Ziffernansätzen
ausprägen.
[* Da nun gar kein
Grund zu der Annahme abzusehen ist, warum sich die Bewegungen der Preise
auf den Terminmärkten nach irgendwelchen anderweitigen Gesetzmäßigkeiten
bestimmen sollten als man sie auf den Kassamärkten vorzufinden gewohnt
ist, kann es nicht ausbleiben, dass unter geregelten Marktbedingungen
sich die Terminkurse gemeinhin auf denjenigen Stand einzupendeln trachten,
wo sich das Verhältnis, in dem die Kontrakte gegeneinander ausgeboten
und begehrt werden, auf den gleichen Fuß stellt.]
Gleichwohl schwanken die Preise am Spot-
bzw. Kassamarkt und die Börsenkurse der darauf passenden Futures nicht
etwa wild und zusammenhangslos durcheinander. Sieht man genauer zu,
so ist unverkennbar, dass beide unter dem Einfluss eigener Beweggründe
in einer andauernden kausalen Wechselbeziehung zueinander stehen. Sie
verständigen sich gewissermaßen untereinander und teilen sich je dem
anderen Markte mit, wodurch sie in nachvollziehbarer Weise markttechnisch
aneinander gekoppelt sind. Das Augenmerk der gelehrten Forschung gilt
gegenwärtig erhöht der Frage über die Natur der Wechselwirkung zwischen
dem Verlauf der Futureskurse und der Barpreise, hierbei mit Blickpunkt
auf die vorliegende Nachrichtenlage (informationsökonomischer Aspekt).
Fragen wie: Welche Auswirkungen hat das Dasein von Futures auf die
Marktvolatilität und ganz
allgemein auf den Kursstand, auf das
Handelsvolumen als
auch auf die Spanne von
"bid-zu-ask"-Spreads
in den einzelnen Märkten?, üben Futures einen stabilisierenden oder
destabilisierenden Einfluss auf die unterliegenden Spot- und Kassamärkte
aus?, schlagen sich neue Informationen rascher in den Futures- oder
in den Cash-Preisen nieder? – und damit in engem Zusammenhang: Welcher
von den beiden Märkte ist der bestimmte, und welcher der bestimmende?,
folgen Futureskurse den Kassa- und Spot-Kursen nach oder eilen sie ihnen
im umgekehrten Wechsel doch voraus, oder sind sie abwechselnd Ursache
und Folge?, alle diese Fragen stehen dabei im Mittelpunkt der scientifischen
Forschungsbemühungen. Was die letzterwähnte Fragestellung anlangt, so
geht die Mehrzahl der Untersuchungen dahin, dass die Derivatemärkte
dank ihrer vorzüglichen
Liquidität und ihrer
vergleichsweise geringen
Transaktionskosten
marktübergreifende Informationen im Allgemeinen rascher zu reflektieren
vermögen als die mitunter schwerfälligen Spot- und Kassamärkte, mit
der ganz natürlichen Auswirkung, dass Kassapreise, je nach Markt, den
Futureskursen in der Anpassungsgeschwindigkeit um wenige Augenblicke
bis zu einigen Minuten hinterherzuhinken neigen ("leading and lagging").
Alles in allem harrt dieser Stoff jedoch noch der endgültigen Aufhellung.
Beispiel
zur Erläuterung des strukturellen Zusammenhangs zwischen dem Spotmarktpreis
von Mais ("corn") und unterschiedlich terminierten
CBOT-Mais-Futureskursen
(amtliche Schlusskurse vom 18.07.2003):
Terminmonat |
"settle" |
September |
206 |
Dezember |
211 |
März04 |
219 ½ |
Mai04 |
225 ½ |
July04 |
229 ¼ |
Dezember04 |
235 |
Der Spotmarktpreis von
Mais ("corn") möge zum Zeitpunkt der vorstehenden Notierung 200
US-Cent für den Scheffel ("bushel")
betragen. Ein Blick auf die Tabelle gibt zu erkennen, dass hier eine
"ansteigende Termintreppe" ("normaler Markt", "carry
market") vorliegt, nach welcher beispielsweise der Unterschied
zwischen dem Preis am Spotmarkt und der Terminnotiz Dezember04 ganze
35 US-Cent beträgt. Die in Prozenten gerechnete Terminprämie ("futures
forward premium", "implied repo rate") beläuft sich hiernach
auf (235/200 – 1) × 100 = 17,5
%. Ansteigende Termintreppe heißt, je weiter der Erfüllungstermin
eines Futures in der Zukunft liegt, desto höher stellt sich der Futureskurs.
Die hier am Beispiel verschieden gegriffener
Terminpreise klar gemachte Gestaltung der Terminstruktur ist mitnichten
ein Spiel des Zufalls. Zwischen den Marktsegmenten Spotmarkt und Terminmarkt
besteht, und dies gilt von allen Arten dauerbarer Marktgegenstände,
die in ausgebildeten Märkten auf Termin gehandelt werden, ein auf sogenannten
Arbitragebeziehungen beruhender fester
ökonomischer Wirkungszusammenhang,
d.i. eine gegenseitige kausale
Abhängigkeit (Interdependenz, Verbund) der Preise, in deren Gefolge
die solcherart korrelativ verknüpften Kurse bei fairer (idealer) Bewertung
sich immerfort in ein dem Wirtschaftsleben angemessenes Preisverhältnis
zueinander zu stellen wissen.* Darin liegt nun zweierlei: Zum
einen werden die Barpreise und Futureskurse üblicherweise fein aufeinander
abgestimmt auf und nieder schwanken, d.h.,
steigt mit der Strömung des Tagesgeschäfts der Spot- oder Kassa-Preis
der Wertbezugsbasis ("underlying"), so steigt damit zugleich
auch der Futurespreis und umgekehrt**. Zum anderen werden sich
die Kurse in beiden Teilmärkten, wenn auch nicht stetig im genauen Einklang,
so doch mit abnehmender Restlaufzeit eines Futures nach und nach einander
angleichen (Konvergenzeigenschaft von Futures). Die hierbei in
jedem Augenblick festgestellte (positive oder negative) ziffermäßige
Differenz zwischen Cash-Kurs und Futures-Preis wird als
Basis bezeichnet. –
Ein vernünftiger Umgang mit Futures setzt ein grundlegendes Vorverständnis
dessen voraus, was diese Zusammenhänge ausmacht und ihnen das Gepräge
verleiht.
[* Aus Vorstehendem
ist ersichtlich, dass allein die unterschiedliche zeitliche Verfügbarkeit
eines der Gattung nach bestimmten ein und desselben Beschaffungsobjektes
einen Wertunterschied bewirkt. Ein Beschaffungsobjekt zur prompten Lieferung
kann dabei aufgrund besonderer Verhältnisse, auf die im Folgenden noch
einzugehen ist, ebenso wohl höher wie niedriger im Preise stehen als
ein gattungsgleiches zur künftigen Lieferung.]
[** Einen vollkommen
ebenmäßigen Gleichlauf der Preisbewegungen wird es an den Märkten jedoch
nicht geben. Selbst wenn die Preise im großen Ganzen harmonieren, ist
es nicht ausgeschlossen, dass in einem kurzen Augenblick sich Cash-
und Futureskurse durch das Wellenspiel von Angebot und Nachfrage in
entgegengesetzter Richtung bewegen.]
Die zwischen Termin- und Effektivmarkt
hervortretende Kursdifferenz (Basis) wird bis zum Erreichen des
Fälligkeitsdatums eines Futures folglich mit der Zeit gegen null konvergieren.
Wer in der Gegenwart gleichsam als Ersatz für ein kommendes Kassageschäft
einen Futures-Kontrakt eingeht (kauft bzw. verkauft), beseitigt über
die heutige Fixierung des Futureskurses im Terminkontrakt fürderhin
jede Unsicherheit über den in Zukunft auszulegenden Preis für den Erwerb
des unterliegenden Beschaffungsgegenstands (nicht jedoch bzgl. des Risikos
von Ausbringungsmengen, sofern unbedingte Termingeschäfte zur Kurssicherung
abgeschlossen wurden! – Siehe über diese Frage auch:
Hedging mit Futures).
Im Zeitpunkt
des Abschlusses eines jeden Futuresgeschäftes ist der Futureskurs allemal
so bemessen, dass der in Geld wiedergegebene Wert des Kontrakts selbst
sowohl für den Käufer als auch für den Verkäufer stets haargenau gleich
null beträgt; denn es kostet schließlich nichts, an der Terminbörse
einen Futures-Kontrakt einzugehen.* Durch den Handelsschluss
wird weder Wert geschaffen, noch räumt eine Partei der anderen damit
einen finanziellen Vorteil ein. Erst in dem Augenblick der Änderung
des Futureskurses erhält der Kontrakt Wert. Ändert sich also der Futureskurs
in unmittelbarer zeitlicher Folge auf einen Futureskauf resp. -verkauf,
so entsteht hieraus, je nach Richtung der Kursverschiebung, für eine
der beteiligten Parteien und Inhaber der korrespondierenden
Long- bzw. Short-Position
ein Vermögensgewinn, für die andere entsprechend ein Verlust, – die
wieder, je nach Ausmaß der Variation, verstärkt werden durch das Wirksamwerden
des Hebeleffekts
("Leverage-Effekt" oder auch "leverage-/gearing"-Effekt)
.
[* Der Wert eines
Futures-Kontrakts selbst ist streng zu trennen von dem Wert seines zugrunde
liegenden Vermögensgegenstandes ("underlying"). Durch Abschluss
eines Futuresgeschäftes wird weder unmittelbar Wert geschaffen noch
wechselt in diesem Zeitpunkt Geld dafür die Hände.
Margenzahlungen, also Ersteinschüsse,
die ohnehin keinen Kaufpreis, sondern eine Art "Bürgschaft" vorstellen,
Maklergebühren und andere Handelskosten ändern an diesem grundsätzlichen
Sachverhalt nichts. Um den Grundgedanken besser herauszustellen, seien
im Folgenden die vorhin genannten Transaktionskosten der Einfachheit
halber ausgeklammert.]
Jede nachfolgende Kursänderung des Futures,
erst gegenüber seinem Einstandskurs ("agreed price") des Abschlusszeitpunktes
("trade date"), dann gegenüber jedem nächstfolgenden, ruft darum
unfehlbar eine Vermögenswertänderung aus dem Kontrakt hervor, die mit
ihr in einem durch den Hebeleffekt eindeutig bestimmten Verhältnis steht:
Steigt der Futureskurs, so profitiert der Käufer des Futures im überproportionalen
Verhältnis von Wertzuwachs aus seiner eingenommenen Position gleicherweise
wie der Verkäufer desselben durch Wertminderung um ebenso viel verliert.
Fällt umgekehrt der Futureskurs, so profitiert der Verkäufer des Futures
vom Wertzuwachs aus seiner bezogenen Position überproportional, während
der Käufer infolge der Wertminderung dieselbe Summe verliert (Wette,
"bet"). So gesehen addieren sich Gewinne und Verluste – von Kosten
des Börsenhandels abgesehen – stets zu null: Ein Mehr hier bei dem einem
Teil verkörpert immer einen gleichhohen Verlust aufseiten des anderen
Teils, der Gegenpartei an dem Kontrakt (Nullsummenspiel; symmetrisches
Gewinn-/Verlustprofil von Futures).
Wie
die tägliche Anschauung aus
dem Börsenleben lehrt, sind die Kurse der Futures fortwährend wechselnde
Größen. Änderungen im Kurse sind Augenblickssache, mitunter verändern
sie sich im Sekundentakt.
Ein Futureskurs steigt immer dann, wenn
und insoweit das effektive Kaufinteresse derer, die im betreffenden
Markt eine Long-Position beanspruchen, das effektive Verkaufsinteresse
derer, die eine Short-Position begehren, mehr als aufwiegt. Umgekehrt
wird ein Futureskurs niedersinken, wenn und insoweit das wirksame Kaufinteresse
hinter dem wirksamen Verkaufsinteresse zurückbleibt. Ein Futureskurs
wird damit zum zahlenmäßigen Abbild des lebendigen Handelsgeschehens
als Resultante der sich auf einem Terminmarkt begegnenden Nachfrage
und des ihr gegenüberstehenden Angebots.*
[* Ursächlich bestimmt
wird die persönliche Nachfrage und das persönliche Angebot grundsätzlich
von den innerwirtschaftlichen Wertschätzungen Einzelner (d.i.
der Grad der Bedeutung, den der Terminhändler einer unmittelbaren Verfügung
über eine bestimmte Positionierung auf dem Terminmarkt beimisst und
die Begierde, mit der ihr genüge getan wird), die unter dem Blickwinkel
unterschiedlicher Erwartungshaltungen von – je nach
Marktbreite und -tiefe – mehr
oder weniger zahlreichen Marktmenschen im Verfolg ihrer wirtschaftlichen
Ziele ausgehen. Dass die Nachfrage nach Terminkontrakten sich dadurch
vom tatsächlichen Begehr, das Angebot an solchen vom tatsächlichen Vorrat
und Bestand der Basisware vollständig zu lösen vermag, sei nur im Vorübergehen
erwähnt. Da nun die Preisbildung von Futures dem Wesen der Sache nach
den gleichen Gesetzen unterliegt, die auch bei allen übrigen Gütern
des Wirtschaftsverkehrs leitend sind, erklären sich Futures-Preise somit
im letzten Grunde aus der Gesamtheit der auf dem Markt zusammentreffenden
subjektiven (Tausch-)Wertschätzungen
für Zukunftsgüter.]
Sooft auf der Skala der möglichen Terminkontraktpreise
die auf einem Markt angebotene Menge an Kontrakten der nachgefragten
die Waage hält und ausführbar gegenübersteht, geht bei dieser Gelegenheit
je ein neuer Futureskurs hervor. Solange bei fortbestehendem Angebot
die Nachfrage steigt, wird dies den Kurs der Futures emportreiben; im
wechselseitig umgekehrten Fall wird er dagegen im Kurse hinabsinken.
Äußerlich angestoßen und in Gang gehalten wird dieser Mechanismus des
Steigens und Fallens der Kurse im Zeitlauf vorwiegend durch die Grundtatsache
von Wissensänderungen*, die sich ihrerseits wieder auf die verschiedenartigsten
tiefer liegenden Ursachen zurückführen lassen. Zu den Letzteren gehören
– wenngleich die Aufzählung keineswegs erschöpfend – der Gang und Stand
allgemeiner makroökonomischer wie auch politischer Einflussgrößen, also
Wechselkurs- und Zinsentwicklung, Wachstumsraten und Konjunkturzyklen,
Wirtschaftspolitik und Steuergesetzgebung usw. Nebstdem üben einen gewissen
Einfluss auf den Lauf der Kurse freilich auch Vorgänge tief im Seelenleben
der menschlichen Natur aus, bspw. Gemütstimmungen und Antriebe, die
selbst zum Teil wieder von begründeten, zum Teil von unbegründeten Erwartungshaltungen
herrühren mögen, und, insbesondere an den Warenmärkten, gehört mit hinzu
auch die Dringlichkeit physisch-psychisch vorzufindender Verbraucherwünsche;
ferner sind zu anzuführen technische Innovationen und darüber hinaus
Erscheinungen von Kräften jenseits menschlicher Einwirkung, wie saisonbedingte
und wetterabhängige Bedingungen, z.B.
Dürrezeiten, Überschwemmungen oder andere unabwendbare Naturereignisse
und -unglücke großen Ausmaßes usw., bis letztlich hin zu den Folgeerscheinungen
unabsehbarer Zeitereignisse, wie Terroranschläge und Kriegsgefahren
es sind. (Vgl. hierüber:
Wie entstehen Börsenkurse?)
[* Dies schließt
jedoch nicht aus, dass die Terminpreise kurzfristig auf und ab schwanken,
ohne dass der Wissensstand aller die mindeste Änderung erfahren hätte
("technische" Kursbewegung, Rauschen).]
Angesichts der ungeheuren Vielfalt an
Kurseinflussgrößen, die ohne Unterlass auf die Terminmärkte bestimmend
einwirken und sie vorantreiben, überrascht es kaum, dass unzählige
Börsenspekulanten (Trader,
"player"), die Aussicht auf schnelle Vermögensgewinne greifbar
vor Augen, danach streben, durch bewusste, wohlüberlegte Inkaufnahme
von Risiken an den zeitlichen Bewegungen der Kurse im Handel mit Derivaten
mit durchschlagendem Erfolg teilzuhaben. Spekulanten, die auf einem
angeschauten Markt aus den Geschehnissen einen Anstieg des Futureskurses
herauslesen, kaufen (nehmen eine Long-Position ein, "gehen long"), andere
wiederum, die einen Kursrückgang erwarten, verkaufen Futures (nehmen
eine Short-Position ein, "gehen short"). Ein wichtiger Gesichtspunkt
und eine notwendige Voraussetzung für das
Zustandekommen von Futuresgeschäften
ist hierbei offenkundig eine gegensätzliche Markterwartung von Kauf-
und Verkaufslustigen, die sich ihrerseits ableitet aus einer unterschiedlichen
Übersetzung von Marktinformationen in persönliche Preisgrenzen; denn
beide Teile, die mit einem Futuresgeschäft zu tun haben, werden sich
heute nur dann über einen bestimmten Börsenterminkurs handelseinig werden,
wenn sie unterschiedliche Einschätzungen über "faire" künftige Kurse
vertreten.*
[* Dies impliziert,
dass der augenblickliche Börsenpreis von beiden Parteien an einem Futuresgeschäft
als Fehleinschätzung des Marktes über den "wahren" Wert des "underlyings"
zum Termin aufgefasst wird. So sehr die Markteinschätzungen Einzelner
auch auseinandergehen mögen, sobald sich ein Futureskurs einmal gebildet
hat, wird er richtungweisend für die gesamte Marktlage sein. Nachhaltig
bestimmt wird Letzterer dabei abschließend und unabhängig von ephemeren
Schwankungen vom Verhältnis von Bedarf und Deckung, das auf dem Markt
des nämlichen Gutes zum Termin das vorherrschende sein wird. Denn der
aus diesem Verhältnis hervorgehende Preis wird von den Börsen als der
maßgebliche für die Schlussbewertung des Kontrakts herangezogen. Im
Nachhinein werden beide klüger sein, doch mit jedem Wechsel der Preislage
wird unvermeidlich einer von beiden enttäuscht werden.]
Da anders als bei einem Effektengeschäft
(wie z.B. bei Aktien-,
ETF-
oder Obligationsgeschäften kassa), wo der Preis unmittelbar das Austauschverhältnis
bestimmt, der mit Abschluss des Futures-Kontrakts festgestellte Preis
nicht sofort bezahlt werden muss (dieser wäre erst später bei einer
etwaigen Erfüllung "Ware gegen Geld" auszulegen),
dient ein Futureskurs zunächst gänzlich anderen Zwecken. Dem Inhaber
einer offenen Position in Futures bspw. dient er vom Zeitpunkt der Begründung
an bis hin zu dessen Auflösung in erster Reihe als rechnerischer
Referenzwert zur dokumentierenden Wert- bzw. Gewinnbemessung.
Kurz
zusammengefasst:
Der allgemeine Wissensstand,
hier im Sinne von Tatsachenwissen mit Bezug auf die Bar- (Kassa-/Spot-)
und Futures-Märkte, verschiebt sich von Augenblick zu Augenblick (Informationsrisiko).
Auf den wohl organisierten, liquiden und hochfunktionstüchtigen (d.h.
zumindest annähernd effizienten) Märkten, wie ein gutes Dutzend Terminkontraktmärkte
es uns in einem fort zu erkennen gibt, schlagen sich in jedem Zeitpunkt
sämtliche öffentlich* zugängliche Informationen (z.B.
über die gegenwärtigen und die zu erwartenden fundamentalen wirtschaftlichen
Angebots- und Nachfrageverhältnisse an den Güter- und Finanztitelmärkten)
unverzüglich in der Preisbildung nieder (Signal- und Informationsfunktion
der Preise, Bewertungseffizienz). Der gewichtigste gesellschaftlich-ökonomische
Nutzerfolg, der aus dem Informationsgehalt eines augenblicklichen Futureskurses
erwächst, besteht in den ("gleichgewichtigen") Märkten vorstehend bezeichneter
Art demzufolge darin, dass solche sich frei bildende Preise das gesamte
marktbezogene Wissen gleichsam als ihr Destillat unmittelbar und völlig
rein widerspiegeln (Gleichgewichtskurs). So verstanden, vermitteln
Futures-Preise durch das Kollektivurteil des Marktes als bestmögliche
(unbefangene, "unbiased") Schätzer künftiger Spot- bzw. Kassakurse
ihren Reflektanten – einerlei, ob selbst am Marktverkehr beteiligt oder
ihm fern bleibend – einen Anhalt über den angemessenen Wert des Bezugsgutes
eines Futures, der mit durchschnittlicher Treue zum Termin in Erwartung
steht.** Auch wenn die Voraussicht so gut wie nie mit voller
Exaktheit zutrifft, gibt eine vorkommende positive oder negative Differenz
eines Futureskurses zum gegenwärtigen Barpreis einen Hinweis in Form
eines Richtungspfeils auf den vermuteten Preis zum Termin. Eine solche
ungehinderte Wissensverbreitung, vermittelt durch objektivierte Terminkurse,
leistet insofern einen höchst bedeutenden Beitrag zum Abbau von Informationsasymmetrien
und – damit eng verknüpft – gemeinwohlfördernd auch zu einer Verstetigung
von Produktions- und Konsumverhältnissen in unserer arbeitsteiligen
Verkehrswirtschaft.
[* und bei Gültigkeit
der These von der strengen Informationseffizienz auch alle nicht
öffentlich zugänglichen Informationen.]
[** Wer sich ernstlich
in die Modellaussagen des Capital Asset Pricing Model (CAPM)
der modernen Finanzierungstheorie vertieft hat und ihnen zustimmt, wird
die im Text gemachte Behauptung allerdings nur unter der Bedingung zu
bejahen wissen, dass die
Korrelation
der Renditen des
einem Futures unterliegenden Marktgegenstandes sich mit denen des Marktportefeuilles
ziffermäßig genau auf null stellt. Es sei mir gestattet, die auf theoretisch-mathematische
Einzelheiten sich tiefer einlassende Leserschaft auf die mir vorliegende
11. Auflage von
Hull, J.C.:
"Options, Futures,
and Other Derivatives", S.
122ff.
zu verweisen, welche ausführlich
über diesen Stoff handelt.]
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Futureskurse,
"bid-/ask"-Spreads und Transaktionskosten
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