Forwards und Futures
Was ist der Unterschied
zwischen einem Termingeschäft (=
"Forward") und einem Terminkontraktgeschäft
(= "Futures")?
Ein
Termingeschäft ("forward
commitment"; Forward-Kontrakt i.e.S.
oder kurz "Forward") in seiner Grundform geht hervor aus einer
besonderen, auf rechtlich völlig freier Grundlage zuwege gebrachten
wechselseitig bindenden, also rechtswirksamen Übereinkunft zweier privater
Vertragsparteien: d.i. ein
ausdrücklich begründeter, unbedingt zu erfüllender wirtschaftswertiger
Vertrag zwischen einem "Käufer" (Long) und einem "Verkäufer" (Short),
durch den sie beiderseits Vorschriften treffen, einen in seiner Beschaffenheit
genau umrissenen Vertragsgegenstand (wie es z.B.
Waren genau bestimmter Beschaffenheit, ganz bestimmte Wertpapiere, Devisen,
Zinsinstrumente oder sonstige Verfügungsrechte sind) in einer ausbedungenen
Menge (bzw. im Geldeswert eines bezeichneten Finanztitels), auf eine
festgesetzte zukünftige Zeit (zum "Termin") gemäß dem bei Vertragsschluss
abgemachten festbestimmten Austauschverhältnis (Terminpreis, Terminkurs)
zu vertauschen. Das den Termingeschäften Eigentümliche ist demnach darin
gelegen – der Name deutet in sinnfälliger Weise darauf hin –, dass ihr
Vollzug (bei Handelswaren und Wertpapieren durch Lieferung, Übergabe,
Empfangnahme und Bezahlung derselben zum Einigungspreis) ungleich Bargeschäften
auf eine entlegenere Zukunft hinausgeschoben ist. Der Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses und der Zeitpunkt der Erfüllung sind bei Termingeschäften
mithin erkennbar auseinandergerückt. Bei den frei gestaltbaren unbedingten
(OTC = "over-the-counter"-) Termingeschäften diesen Inbegriffs werden
alle wesentlichen Einzelheiten des Kontraktinhalts samt Sonderrücksichten
bereits in den voraufgehenden Vertragsunterhandlungen durch zweiseitige
Festsetzung mit bindender Kraft beschlossen, so auch der Vertragspreis
(Terminkurs) selbst. Wie bei jedem anderen Kaufgeschäft richtet sich
dessen Stand nach der persönlichen Auffassung des Käufers von seiner
Preisobergrenze wie die des Verkäufers von seiner Preisuntergrenze für
das in Rede stehende Kaufgut, d.i.
nach den "subjektiven Wertschätzungen" der Geschäftspartner, indes,
gewendet auf den hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt des Termingeschäfts.
Der Einigungspreis wird, je nach Verhandlungsgeschick und Marktlage,
mehr der einen oder mehr der anderen Seite zugeneigt sein, sich dennoch
der Regel nach am herrschenden Marktpreis ausrichten. Nebenumstände,
wie die täglich wiederkehrende Beimessung eines neuen Tageswertes, eine
musterhafte Verrechnung von Zahlungssalden ("marking
to market"), oder auch die zur Öffnung von Posten erforderten
Ersteinschüsse an Margin, wie sie für die vordefinierten Klassen der
Futuresgeschäfte kennzeichnend sind, sind den eigenlebigen Forwards
grundsätzlich fremd. Gleichwohl kann hier ein Margin ebenso Verhandlungssache
sein wie alle übrigen Vertragspunkte auch; das Erfordernis der Erbringung
eines Margin, ein bestimmungsgemäßes Erkennungsmal von Futures, ist
im Alltag der Forwards jedenfalls eine Erscheinung weit selteneren Vorkommens.
Stattdessen werden für gewöhnlich Kreditlinien vorausgesetzt. Forwards
zählt man demzufolge den nicht börsengehandelten, nicht standardisierten,
unbedingten (fixen) Termingeschäften bei. Zu den im Wirtschaftsleben
bedeutendsten Erscheinungsarten von Forwards gehören ohne Zweifel die
Devisen- und Zinstermingeschäfte (FX Forwards, Zins-Forwards).
Das durchgreifende
Unterscheidungsmerkmal zwischen Forwards und den mit ihnen von Haus
aus verschwisterten Futures begründet folgender Umstand: Forwards stellen
sich dar als das auf die jeweils verfolgten Geschäftsbedürfnisse zugeschnittene
gegenseitige Vertragswerk zweier rechtlich gleichgestellter Vertragspartner
("individualisierte Kontrakte"), wobei die Vertragsgestaltung nach außen
an keine feste Form gebunden ist, wohingegen Futures von den Börsen
einseitig abgefasste, vorweg normierte Verträge abgeben. Diese vornormierten
Verträge bereiten sodann das Muster, nach dem Kontrakte der nämlichen
Art an den Terminbörsen eingeleitet und dortselbst nach festliegenden
Regeln, eben dem beigebrachten Muster gemäß, fortgesetzt gehandelt werden.
Auf Individualität kommt den einzelnen davon hergeholten Futureskontrakten
nichts an; es wiegt der Gesichtspunkt der zweckerfüllenden Versachlichung
vor. Darin liegt, dass der über Forwards beschrittene Verkehrsweg zweiseitiger
("bilateraler") Vereinbarungen die Möglichkeit verschafft, durch freie
Willkür eine für beide Teile vorteilhaftere Vertragsgestaltung auszubedingen,
als sie die in hohem Grade vorbestimmten Futures vermitteln. So bleibt
es nicht aus, dass Forwards sich vor den festbestimmten Futures dadurch
auszuzeichnen vermögen, dass sie eine viel breitere Vielfalt an möglichen
Arten von Vertragsgegenständen ("underlying asset") wie auch
eine deutlich verbesserte Zeitflexibilität des kontrahierten Termins
in sich aufzunehmen die Fähigkeit haben. Eine weitere sachliche Verschiedenheit
bekundet die Natur der Zweckbeziehung: Bei herkömmlichen Forwards ist
die tatsächliche Lieferung des unterliegenden Vermögensgegenstandes
im Regelfall der Praxis ganz bewusst gewollt (nicht so allerdings bei
den selteneren "non deliverable forwards"), bei Futures stellt sie im
Gegenteil mehr nur die Ausnahme vor.
Ein Wesensmerkmal
von Forwards ist ferner, dass sie weit überwiegend in gerader Linie
"an der Börse vorbei" im sogenannten "Telefonverkehr" (d.i.
telefonisch oder über Handelsterminals) von Fall zu Fall angebahnt und
erst fix abgeschlossen werden, sowie über sämtliche Einzelheiten des
Vertrags Einvernehmen herrscht (=
OTC-Geschäft, "Dealer-Markt"). Die Umstände, unter denen
solcherart besondere Abmachungen (die Punktationen) hervorgebracht werden
und die sich dabei durchaus in die Länge ziehen können, sind aus naheliegenden
Gründen mit allerlei Anbahnungs- und Abwicklungskosten verbunden. Derlei
unter den Begriff der Transaktionskosten
fallende Aufwendungen schlagen bei Forward-Geschäften in ihrer Gesamtsumme
fast immer größer an als bei den unter Börsenbedingungen fortlaufend
abgewickelten Futuresgeschäfte gleichen Umfangs. Darüber hinaus unterliegen
Forwards im Gegenhalt zu Futures einem gewissen Erfüllungsrisiko (Adressenausfallrisiko,
"counterparty risk", "performance risk"), das jede der
beiden Konterparteien bis auf weiteres zu tragen hat; denn eine dritte
Partei, die bei Geschäftsabschluss mechanisch in die Lücke tritt, für
die Geschäfte einsteht und sie sichert, gibt es bei Forwards grundsätzlich
nicht.
Forwards
werden üblichermaßen bedarfsgerecht auf Laufzeiten von Monaten abgeschlossen,
wogegen Futures nach einer von der Börse einheitlich vorgegebenen Schablone
auf eine Auswahl ganz bestimmter
Standardtermine abgeschlossen
werden, an denen sie je zuweilen fällig werden. Da es sich bei nicht
standardisierten, nicht börslichen unbedingten Termingeschäften, wie
es Forwards sind, um bindende (bilaterale) Absprachen im Einzelverkehr
handelt, die im Zuge der Dokumentation die gegenseitigen Rechte und
Pflichten mit Rücksicht auf alle wesentlichen Punkte verbindlich festschreiben
und damit perfekt machen, lassen sich Forwards, ungleich Futures, nicht
ohne weiteres einseitig wieder lösen. Der eine der beiden Vertragsteile
an einem Forward kann sich nur dann nach eigenem Gutbefinden wieder
davon losmachen, falls es ihm gelingt, im gütlichen Einvernehmen eine
übereinstimmende Willenseinigung mit dem andern Teil herbeizuführen
und diesem Vorhaben überdies vom Rechtsstandpunkt auch sonst keine sonderlichen
Hindernisse entgegenstehen (d.i.
eingeschränkte Fungibilität durch einen fehlenden oder nur schwach ausgeprägten
Sekundärmarkt). Eine Verletzung der Vertragstreue durch vorfristige
Aufkündigung des Vertrags unter Bruch anfänglich getroffener Vereinbarungen
hätte dagegen notwendig eine empfindliche Konventionalstrafe zur Folge.
Das zunehmende Bedürfnis der zeitflexiblen Lösung von vertraglichen
Abmachungen bei Geschäften mit Forwards, besonders bei Devisentermingeschäften
unter Banken ("foreign exchange forwards", "forex forwards"),
hat im Wirtschaftsleben dieser Tage zu der in weitestem Umfang zugelassenen
und anerkannten Möglichkeit geführt, durch Einnahme einer entsprechenden
Gegenposition ein zuvor abgeschlossenes "forward"-Geschäft auf Erfordern
augenblicklich wieder glattzustellen. Selbst die Einschaltung einer
im Mittelpunkt stehenden Clearingstelle CCP, zwar für OTC-Transaktionen
nicht zwingend notwendig, ist den außerbörslich abgeschlossenen Termingeschäften
– besonders seit dem Jahr 2007 unter dem zunehmenden Druck der Finanzkrise
– zur Erhöhung der Sicherheit und Durchschaubarkeit inzwischen nicht
mehr fremd (OTC Clearing). Zudem hat der vermehrte Gebrauch von standardisierten
Rahmenvereinbarungen (bspw. die als mustergültig geltenden Rahmenabkommen,
die sog. "master agreements", der International Swaps and Derivatives
Association, Inc.,
ISDA) auch auf dem
Felde der Aufrechnung und der Garantie von OTC-Geschäften schon zeitig
für eine gewisse Erleichterung bei deren Abwicklung gesorgt. Für die
weitgehend noch unregulierten Märkte für Forwards ist in Zukunft eine
verstärkte Regulierung schon heute abzusehen (z. B., wie in Amerika
für standardisierte OTC-Geschäfte unter Banken erfordert, durch sog.
"swap execution facilities" SEFs).
Futures
gehen aus den Schoße der Forwards hervor. Sie sind als eine Entwicklungsform
geradewegs aus den weit loser gefügten, an sich aber ungelenken Forwards
entsprossen. Schon im Zuge ihrer Vorbereitung erhalten Futures von Haus
aus eine marktgerechte Vereinheitlichung (Normierung, Standardisierung),
durch die sie für den Verkehr leicht übertragbar gemacht werden. Gleichwohl
sind beide Instrumente wesenseins. Sie ergänzen einander und haben hier
wie dort ihre eigenen Nutzanwendungen und besonderen Vorteile für sich.
Ihnen ist daher auch das gleiche symmetrische Gewinn-/Verlust-Profil
eigen (wohl aber haben sie wegen ihrer graduellen Verschiedenartigkeit
ein unterschiedliches Risikoprofil!), sind – allerdings nur bei gegebener,
über alle Laufzeiten gleichförmiger (deterministischer) Zinsstruktur
– von gleichem Wert, und so lassen sie sich auch zum Zwecke einer nachhaltigen
Absicherung (Hedging) gegen eine künftige unsichere Zins- und Preisentwicklung
im zugrunde liegenden Risikoposten in vergleichbar wirkungsvoller Weise
handhaben.

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