Trading und Kalküle mit Spreads
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Zur Berechnung von Spreads
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Aus rechnerischer
Sicht besteht der Spread ganz allgemein und in bezeichnender
Weise in dem Ausmaß der Kursdifferenz zwischen den Kursziffern der zu
einer Spread-Position zusammengezogenen Arten von Futures. Letztere
bilden die beiden Seiten ("legs") des Spreads. Im Falle von intertemporalen
Spreads ("time spreads", "calendar spreads") lässt der
Spread sich ausdrücken – beim "bull"-Spread geradeso wie beim
"bear"-Spread – als Preisunterschied
zwischen dem Futureskurs
im zeitnahen Termin und dem Futureskurs im zeitfernen Termin des unterliegenden
Marktes, oder verkürzt gesprochen:
Spread = Kursdifferenz: "früher Terminmonat"
minus "später Terminmonat".
Der ausgerechnete
Spread (die Kursdifferenz) kann im Wertstand positiv, negativ oder allenfalls
zufällig und ausnahmsweise auch gleich null ("pari") sein. Er lässt
sich nicht nur absolut, sondern gemäß der Konvention zur Schrittgröße
in der Notation bei der Outright-Quotation ebenso gut auch in der Zahl
seiner "ticks" zum Ausdruck
bringen. Spreads dieser Art geben den augenblicklichen Preisunterschied
eines einheitlichen Gutes zwischen zwei verschiedene Zeitpunkte der
Lieferung zu erkennen.
Zur
sprachlich konformen Benennung eines in Frage stehenden Spreads von
der Art "calendar spread" wird der
Terminmonat des Futures
der Plusposition (Long-Bestandteil) ordentlicherweise vor dem
Terminmonat des Futures der Minusposition (Short-Bestandteil) gestellt.
Wird bspw. im Futures-Markt für
CBOT-Weizen
der Juli-Termin gekauft und der darauf folgende nächste September-Termin
verkauft, so ist demgemäß von einem "Juli/September-Spread" (der Art
"intramarket-spread") die Rede. Damit liegt zugleich auch fest,
ob es sich bei unserem Weizen-Spread um einen "bull"- oder um einen
"bear"-Spread handelt. Ein "Juli23/September23 CBOT-Weizen-Spread" stellt
offenbar einen
"bull"-Spread
dar, denn ein "bull"-Spread ist, wie an anderer Stelle erörtert, in
der technischen Sprache an den Warenterminmärkten dadurch charakterisiert,
dass ein zeitlich näher liegender Termin, so vielleicht der "nearby",
zum Kauf und praktisch gleichzeitig nebenher ein späterer
Termin zum Verkauf bestimmt wird. Ein anderes ist es etwa mit einem
"CBOT-Mais-Juli23/März23-Spread". Letzter kennzeichnet ganz offenkundig
einen "bear"-Spread; denn der erstgenannte Juli-Futures ist zum Kauf
und der (zeitlich nähere) März-Futures zum Verkauf gestellt.
Unakkurat,
weil zu Irreführungen einladend, scheint dagegen die überkommene, aber
übel geratene Redewendung vom "Kauf eines Spreads" zu sein. Selbige
steht weithin (bedeutende Ausnahmen bilden Devisen- und Aktien-Spreads)
als Bezeichnung für die Einrichtung eines "bull"-Spreads, also für den
Sachverhalt, dass Futures im zeitnahen Termin gekauft (long) und parallel
dazu korrespondierende Futures im zeitfernen Termin verkauft (short)
werden. Sinngleich, nur umgekehrt, ist die Wortwahl "Verkauf eines Spreads"
gleichermaßen zu missbilligen, die häufig und gern für einen "bear"-Spread
in Verwendung steht, also dafür, dass Futures im nahen Termin verkauft
und die dazu passenden im fernen Termin gekauft werden.* Stattdessen
sollte besser von "Eingehen eines (...-)
Spreads" (engl. "to enter (into) a spread", "to
put on a spread", "to do a spread"), oder vorteilhafter noch,
vom "Aufbau einer (...-)
Spread-Position" gesprochen werden.
[* Randbemerkung:
In der lässlichen Alltagssprache des Terminhandels wird hie und da,
zumal bei solcherart Spreads, die von jeher als eigenständige Gebilde
aufgefasst werden, wie der TED- oder der NOB-Spread, gleichwohl von
der durchaus verfänglichen Wortwahl "Kauf" bzw. "Verkauf" eines Spreads
Gebrauch gemacht, etwa mit folgendem Wortlaut: "Der Kauf eines Spread
bedeutet, dass eine frühere Komponente ge- und eine spätere verkauft
wird". Nach dieser Auffassungsweise werden den Begriffen "Kauf" und
"Verkauf" eine von der eingebürgerten abweichende Bedeutung unterlegt.
Offenbar werden nach der vorstehenden Redeweise zwei verschiedene Dinge
unter einem Namen zusammengefasst. Denn für bare Münze genommen ist
ein Kauf an sich damit nicht nur ein Kaufgeschäft, sondern für den Käufer
gleichzeitig immer auch ein davon zu trennendes Verkaufgeschäft eines
anderen Kaufgutes! Jeder Kauf wäre demnach ein Doppelgeschäft, dessen
eine Hälfte einen Kauf, die andere einen Verkauf ausmacht. Gleiches
gilt dann sinngemäß für den Verkauf – offenbar ein zweideutiger, Verwirrung
stiftender und die Unterschiede verwischender Sprachgebrauch. Dieser
umgeworfene Sprachgebrauch ist indes ein rein formeller und hat, um
langatmige Umschreibungen zu ersparen, eine – cum grano salis – bloß
terminologische Bedeutung. Offenkundig lehnen sich Letztere vornehmlich
an hypothetischen Nettozahlungsströmen aus einer kombinierten Position
an, die sich im Zeitpunkt ihrer Einrichtung einstellte, falls der frühere
Termin den späteren im Preise übertrifft.]

Wie
oben zur Erörterung gebracht, werden die Preise von Spreads gewöhnlich
ausgedrückt in den Kursdifferenzen, die sich zwischen beiden Seiten
eines Spread errechnen. Dieser Unterschiedsbetrag wird gemeinhin auch
bezeichnet als Größe eines Spreads ("relative strength")
oder auch als hinausgeschobene Basis ("calendar basis"),
oder kurz als Spread-Basis. Variationen der Basis (Basisrisiko!)
sind das Ergebnis eines geänderten Zusammenwirkens ihrer Bildungsbestandteile.
Zu den daran Mitwirkenden zählen im Einzelnen 1.) die Nettofinanzierungskosten
("cost of carry", d.i.
die sogenannte "carry"-Basis), die in Ansatz und Ausmaß Änderungen
und Höhenunterschieden unterworfen sein können, und zwar in Hinsicht
auf jede ihrer Komponenten besonders, vornehmlich mithin bei den Finanzierungs-,
Lagerungs- u.dgl., Transport-
und Versicherungskosten usw., sodann 2.) die Wertbasis ("value-basis"),
die zu einem sehr namhaften Teil auf nicht quantifizierbaren "psychischen"
Faktoren und anderen "Marktunvollkommenheiten" beruht, und endlich –
indes nur im Falle von verwahrfähigen Konsumgütern – 3.) die sog. "convenience
yield", also der "Vorteilszins", der aus der unmittelbaren
physischen Herrschaft über ein Gut erwächst. Wir erhalten sonach die
folgende Gleichung:
Spread
= Kursdifferenz: "früher Terminmonat" minus "später Terminmonat"
= Differenz in den Nettofinanzierungskosten plus Differenz in der
Wertbasis plus Differenz in der "convenience yield", alles das gerechnet
auf die Zeitspanne zwischen den angehenden Terminen zum Zeitpunkt
der Aufsuchung des Spreads.
Ein positiver
Zahlenwert bei einem in Untersuchung stehenden "time"-Spread ist Ausdruck
eines "umgekehrten
Marktes" ("backwardation" im strengen Sinne). Eine derartige
Marktlage bekommt ihr Gepräge unzweifelhaft aufgedrückt vom Vorwalten
eines Vorteilszinses. Im Gegensatz dazu ist ein negativer Zahlenwert
bei einem Spread der benannten Art kennzeichnend für einen "carry"-Markt
von mehr oder minder geringem Einschlag einer "convenience yield". Im
letztgenannten Fall sind es die
Haltekosten, die den maßgeblichen
Einfluss geltend machen. Der Spread zwischen zwei endlichen Terminen
kann aus Arbitragegründen indessen nicht beliebig weit auseinander fahren.
Der größtmögliche ziffermäßige Abstand zwischen einem beliebigen späten
Terminkurs und einem beliebigen ihm voraufgehenden Terminkurs innerhalb
ein und desselben untersuchten Futures-Marktes bewahrfähiger Güter steht
zu jedem gegebenen Betrachtungszeitpunkt einmal mehr im Bann der "cost
of carry"-Beziehung der Preise. Bliebe der frühere Termin im Verhältnis
zu dem späteren Termin unter der durch diese Beziehung festgeschriebene
Kursuntergrenze zurück, wäre eine einsetzende "forward cash-and-carry
arbitrage" die unmittelbar zu beobachtende Folge. Demgemäß können wir
in Anlehnung an die allgemeine
Formel zur
Preisbeimessung von Futures auf aufspeicherbare Marktgegenstände
die nachfolgende Ungleichung aufstellen:
F0,2 ≤ F0,1
(1
+ c)
;
mit F0,1: Futureskurs des frühen Termins; F0,2:
Futureskurs des späten Termins, jeweils zum Zeitpunkt t0;
c: Haltekosten "cost of carry", ausgedrückt als Kostensatz je Einheit,
die entstehen, um das fragliche Gut vom Zeitpunkt t1 bis
zum Zeitpunkt t2 zu bewahren.
Auf
denjenigen Finanzmärkten, auf denen weder Lager-, Versicherungs- oder
Verwaltungskosten noch eine Verfügbarkeitsrendite eine wesentliche Rolle
spielen, gibt der Spread, vomhunderterweise genommen ("implied repo
rate", in Prozenten), grob und schlicht den Terminzinssatz des jeweiligen
Referenzzeitraums wider. Freilich, sollte die maßgebliche Zinsrate erheblich
auf und ab schwanken, erhöht sich damit auch das Risiko im betreffenden
Spread. Demgegenüber gestaltet sich eine vergleichbare Untersuchung
und Einschätzung von Spreads aus den Warenterminmärkten und eine entsprechende
Ausdeutung ihrer Ergebnisse weitaus verzwickter, da in ihren Kreis eine
Reihe zusätzlich zu berücksichtigender Einwirkungsgrößen aufzunehmen
notwendig sind. Die sachliche Schwierigkeit liegt insbesondere darin,
die Entwicklung der beiden Teilkräfte Wertbasis und Vorteilszins halbwegs
glaubwürdig vorauszusehen und nach Gebühr einzukalkulieren. Ihre Schwankunken
bilden den wesentlichen Bestimmungsgrund für die Variabilität (das Basisrisiko)
von Commodity-Spreads. Vom ökonomischen Standpunkt aus betrachtet fällt
dem Preis-Spread, ebenso wie dem Cash-Basis oder dem Futures-Preis für
sich, eine eigene wichtige gesamtwirtschaftlich Funktion zu: Er vermittelt
nämlich der Allgemeinheit einen Fingerzeig auf den erwarteten "fairen"
Wertverlauf im Markt des betreffenden Bezugsgutes zwischen den einzelnen
Futures-Terminen.
Neben
einem verringerten Bedarf an Margin
sind an besonderen Vorteilen, die der Handel in Spreads mit sich bringt,
im Einzelnen hervorzuheben, dass 1.) einem einmal aufgenommenen Trend
in Spreads – wenn und weil in höherem Grade ökonomisch fundiert – die
ihn charakterisierende Erscheinungsform typischerweise mit dauerhafterer
Stabilität anhaftet als dies bei einer erkannten Tendenz auf einem alleinstehenden
Markt herkömmlicher Solo-Positionen regelmäßig zu beobachten ist (d.h.
Nachhaltigkeit und Beharrlichkeit des Trends im Spread durch eine längere
Zeitspanne hindurch), ohne dass dabei die Notwendigkeit besteht, die
generelle Gestaltungsrichtung der Preisentwicklung in den jeweilig einbezogenen
Märkten genauer zu untersuchen; 2.) ein Trend in Spreads gewöhnlich
in "ruhigeren, sichereren Bahnen" verläuft, als dies der überwiegende
Teil der Einzelpositionen zur Schau trägt (er somit eine geringere
Volatilität bei höherer Persistenz
aufweist), was 3.) wiederum zur Folge hat, dass das Spread-Trading dem
Händler nun nicht mehr eine ansonsten notwendige durchgängige, ja oft
geisttötende, keine Unterbrechung duldende, überverhältnismäßig zeitraubende
mechanische Verfolgung von den letzten, brandneuen ("real-time")
Kursen unter ständiger persönlicher Handelsbereitschaft abverlangt.
Ein Erfolg versprechender Trading-Ansatz im Handel mit Spreads ist mithin
allein unter Zugrundelegung von Tagesschlusskursen dann sogar in den
weniger liquiden Märkten möglich. Infolgedessen lassen Futures sich
ganz neuen, selbst längerfristig ausgerichteten Anlegerschichten nutzbar
machen.
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Trading mit Spreads
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Die Terminspekulation
mit Spreads in Futures genießt im Allgemeinen den Ruf eines eher bodenständigen
Tradings; denn sie bietet Zugang zu einer ganzen Zahl von fein aufeinander
abgestimmten Trading-Strategien, denen im Zusammenhalt mit gewagten
Positionen in alleinstehenden Finanzderivaten ("outright directional",
"straight") allesamt ein vergleichsweise knapp bemessenes Marktrisiko
innewohnend ist. Nichtsdestominder verlangt der Umgang mit Spreads eine
kundige Hand. Erste Vorbedingung für einen gediegenen wie einträglichen
Ansatz im Trading mit Spreads sind gesicherte realwirtschaftliche als
auch technische Sonderkenntnisse jener Märkte, in denen Spreads zu handeln
beabsichtigt werden. Um die besonderen Gewinnträchtigkeiten, die der
Handel mit Spreads je zuweilen bietet, erfolgreich ausschöpfen zu können,
sollte unzweifelhaft Klarheit darüber bestehen, welche der einmal erkannten
verschiedenartigen, oft vielfach ineinander verschlungenen ökonomischen,
politischen, sozioökonomischen usw. Einflussgrößen in Gegenwart und
Zukunft ursächlich und bestimmend sind für die Wechselwirkung der Preise
in den Partikulärmärkten eines in Aussicht genommenen Spreads – mit
besonderem Augenmerk auf die im ständigen Flusse befindliche Terminstruktur
("contango", "backwardation") und den sich an ihr im Zeitablauf
ereignenden relativen Änderungen.
Um zunächst
einen Überblick über bisherige Höchst- und Tiefststände im gewählten
Spread zu gewinnen, und um sich so – a prima vista – ein möglichst
getreues Vorstellungsbild vom Gang der erwartlichen Preisentwicklung
in den zu handelnden Märkten zu verschaffen, bietet sich nun als Ausgangspunkt
für die weiteren Überlegungen eine vergleichende Analyse historischer
Kursverläufe anhand geeigneter Chart-Bilder an. Lässt schon der bloße
Eindruck des Augenscheins eine gewisse Gleichläufigkeit der Kurse wahrnehmen,
so schließt sich daran eine tieferdringende Untersuchung zusammen mit
einer kritischen Würdigung der in Diskussion stehenden Märkte an. Ziel
hierbei ist es, mit zureichender Verlässigkeit Preiszusammenhänge ausfindig
zu machen, die sich durch ein längeres Zeitintervall hindurch mit gewisser
Regelmäßigkeit wiederholt saisonweise einzustellen pflegen. Ein geeignetes
Mittel zu einer vernünftigen Beurteilung der Erfolgsaussichten von Spreads
bieten bewährte mathematisch-statistische Methoden, von denen einige
im Folgenden näher vorgestellt werden sollen. Vom Ergebnis der Untersuchung
hängt insbesondere ab, ob ein Markt unter dem Gesichtspunkt des richtigen
Timings derzeit überhaupt für ein Spread-Trading in Betracht
kommt, und bejahendenfalls, welche
Art Spread
unter der herrschenden Marktbedingungen und Gegebenheiten an technischen
und ökonomischen Einflussgrößen zweckmäßigerweise in die engere Wahl
gezogen werden soll.
[* Die Börsen
selbst verbreiten auf herkömmlichem Wege keine Kurse für Spreads. Kursquotierungen
für Spreads lassen sich stattdessen beziehen, entweder von ausgewählten
Marktdatenzustellern ("data
vendor"), im Netz von Fach- und Sonderdiensten, wie z.B.
SeasonalFuturesCharts.com oder MRCI, oder lassen sich
füglich auch in Eigenarbeit zusammenstellen. Dazu bringt man einfach
den Kurs der Short-Seite von dem der Long-Seite in Abzug, mit dem Ergebnis,
dass Gewinne im Spread sich, wie gewohnt, in ansteigenden Zifferwerten,
Verluste in fallenden Zifferwerten niederschlagen.]
Nähert
sich die Marklage dem Musterfall eines sogenannten "full carrying
charge market" – d.i. ein
Marktzustand, in dem die Terminkurse
der bezüglichen Ware ("commodity prices") sämtliche Lagerhaltungs-
und sonstige Finanzierungskosten (= "cost of carry") in voller
Treue unmittelbar widerspiegeln –, so wird mit besonderer Vorliebe
der "bull"-Spread bedacht. Abgesehen von einem jähen Anwachsen
der "cost of carry" ist das Verlustrisiko des Spread-Traders beim Einsatz
eines "bull"-Spread insoweit verschwindend gering, als ein Kursanstieg
über die im Terminkurs bereits enthaltene Prämie ("premium",
"contango") hinaus als sehr wenig wahrscheinlich gilt.*
Somit behält der Trader zwar die Aussicht auf Kursgewinne im Long-Bestandteil
seines Spreads, wohingegen kaum noch mit einem unerwünschten überverhältnismäßigen
Kursanstieg im späteren Monatstermin, der den Short-Bestandteil des
Spreads bildet, zu rechnen ist. Entwickelt sich bei so bewandter Lage
daraus ein "umgekehrter Markt", ist die Gewinnaussicht in diesem Spread
sogar theoretisch unbegrenzt. Die Verlustgefahr dagegen ist von vornherein
eng begrenzt, weil ein Aufpreis über die "full carrying charges"
hinaus einen dazu gegenläufigen Anpassungsvorgang zur sofortigen Folge
hätte. Unzählige Arbitrageure – es sind dies i.d.R.
sogenannte "commercials", die ihre Märkte aus der Nähe kennen und sie
unablässig mit wachsamem Auge zu verfolgen verstehen – wären nun zur
Stelle, um unter Einsatz erheblicher Geldsummen große Transaktionsmengen
("volume") von Futures im zeitnahen Termin in aller Eile zu kaufen
und gleichzeitig solche im zeitfernen Termin ebenso rasch zu verkaufen,
was im Ergebnis sehr bald wieder zu einer Verschmälerung ("narrowing")
des Spreads führen würde ("forward cash and carry arbitrage").
Ein derartiger (ungleichgewichtiger) Marktzustand könnte infolge davon
nicht lange Bestand haben. Ein Spread nach dem vorstehend beschriebenen
Zuschnitt wird nicht zuletzt deshalb füglich auch mit dem Namen "limited
risk spread" bedacht.
[* Zur Beachtung:
Grundsätzlich grenzenlos ist das Verlustrisiko indes bei "bull"-Spreads
auf nicht lagerfähige Waren, wie z.B.
auf Flüssigmilch, Eier, lebende Schweine oder
lebende Rinder.
Die diesen Märkten in jedem Augenblick eigene innere Preisstruktur von
Terminen ist aller Erfahrung nach in einem Maße aufgelockert, dass der
Handelsverkehr in jedem einzelnen Termin derselben sich praktisch als
eigenständiger Markt geltend macht. So gesehen wird der Name des "Spread"
ad absurdum geführt.]
Der Inhaber eines "bear"-Spreads
trägt im Allgemeinen ein Risiko von deutlich höheren Prozenten als der
Halter eines "bull"-Spreads. Die hinter diesem Umstand liegende Ursache
ist in einem geldmäßig unbeschränkten Verlustrisiko aus offenen Posten
verkaufter Futures-Kontrakte auszumachen. Während die Gewinnaussichten
für den Halter eines "bear"-Spreads begrenzt sind durch das Erreichen
eines "full carrying charge market", besteht demgegenüber grundsätzlich
keine Begrenzung im Hinblick auf steigende Marktpreise im Spotmonat
(d.h. in der Höhe des Abschlags
("discount") des Futureskurses beim späteren Termin gegenüber
dem Marktpreis im "nearby" bzw. der Höhe der "convenience
yield" zwischen den Terminen). Hat sich in der gegenwärtig vorhandenen
Lage am Terminmarkt eines aufhebbaren Gutes ein "normaler Markt" ("contango
market") ausgebildet, so ist es hier mehr denn je ratsam, einen
"bear"-Spread nur mit äußerstem Bedacht und unter großer Umsicht einzusetzen.
Doch
von welchen Gesichtspunkten aus wird die Wahl zwischen mehreren zur
Auswahl stehenden Spreads letztlich getroffen werden? – Die Vorgehensweise
zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einzelner Spreads knüpft an die
Berechnung ihrer Basen an: "früher Termin minus später Termin".
Sowie nun die in die engere Wahl gezogenen Spreads mit ihren jeweiligen
Zahlenwerten vorliegen, werden diese anschließend zum Zwecke der Vergleichbarkeit
auf einen Monat normiert, d.h.
Division des absoluten Spreads durch die Anzahl der Monate zwischen
Long- und Short-Position. Beim Dezember23/August23 Heizöl-"bear"-Spread
wäre beispielsweise durch 4 zu teilen, da zwischen August und Dezember
eines Jahres insgesamt 4 Monate liegen. Um schließlich Aussagen über
die Vorteilhaftigkeit in Hinblick auf eine konkrete Anlageentscheidung
treffen zu können, werden die so berechneten relativen Spreads in einem
letzten Schritt der Größe nach geordnet. Hiernach genießt derjenigen
"bear"-Spread den Vorzug vor allen anderen Spreads gleichen Typus, der
in seinem Preisspread den höchsten Wert (die stärkste Basis)
für den Monat aufweist. Richtet sich das Augenmerk an den Märkten hingegen
auf eine entsprechende Strategie unter Verwendung von "bull"-Spreads,
so fällt die Wahl umgekehrt auf den niedrigsten Preisspread (die
schwächste Basis) je für den Monat. Dies sei an einem Beispiel im Einzelnen
vorgeführt:
Folgende Terminkurse des Heizöl-Futuresmarktes
(NYMEX Heating Oil
No. 2) liegen vor (alle Angaben in US-Dollar und Cent für die
Gallone):
Terminmonat |
Futureskurs |
Oktober04 |
0,8192 |
November04 |
0,8215 |
Dezember04 |
0,8245 |
Januar05 |
0,8252 |
Februar05 |
0,8176 |
Berechnung des vorteilhaftesten
"bear"-Spreads unter den folgenden Alternativen:
Nov./Okt.: – 0,0023/1 =
– 0,0023
Dez./Okt.: – 0,0053/2 =
– 0,00265
Jan./Okt.: – 0,0058/3 =
– 0,002
Feb./Okt.: – 0,0016/4 =
– 0,0004
Dez./Nov.: – 0,003/1 =
– 0,003
Jan./Nov.: – 0,0037/2 =
– 0,00185
Feb./Nov.: + 0,0039/3 =
+ 0,0013
Da der vorangeführte "bear"-Spread
mit +0,0013 die stärkste Basis aufweist, ist demnach der Februar05/November04-Spread
hier eindeutig der vorteilhafteste unter den oben gegebenen Wahlmöglichkeiten.
Angenommen, der Spread-Trader geht den Februar05/November04-Spread
zu den obengenannten Kursen ein: Er kauft 5 Februar05-Heizöl-Futures
zu 0,8176 US-$ und verkauft gleichzeitig 5 November04-Heizöl-Futures
zu 0,8215 US-$. Eine gewisse Zeit später schließt er seine Position
in "bear"-Spreads wieder, wobei im November04-Heizöl-Futures ein Kurs
von 0,8310 US-$ und im Februar05-Heizöl-Futures von 0,8295 US-$ realisiert
wird. Die Brokergebühren für Spread-Geschäfte sind einheitlich mit 7
US-$ für den "round
turn" anzuschlagen. Welches Ergebnis hat der Spread-Trader erzielt?
Lösung:
Terminmonat |
Kaufkurs |
Verkaufskurs |
Differenz |
November04 |
0,8310 |
0,8215 |
– 0,0095 |
Februar04 |
0,8176 |
0,8295 |
+ 0,0119 |
Ergebnis:
|
+ 0,0024 |
Der Gewinn aus jenem Spread beträgt demnach 0,0024
US-$ pro Gallone Heizöl. Da ein Heizöl-Futures bekanntlich 42000
U.S. Gallonen (= 1000
Barrels) Heizöl umfasst,
errechnet sich ein Gewinn je Spread von 42000
× 0,0024 US-$ = 100,80 US-$. Insgesamt wurden 5 Spread-Positionen eingegangen.
Dies ergibt einen Bruttogewinn von 5 × 100,80 US-$ = 504 US-$. Davon
sind Brokergebühren in Höhe von 5 × 7 US-$ = 35 US-$ abzuziehen, wonach
ein Nettogewinn vor Steuern von 469 US-$ ausgewiesen
wird.
Abschließende Bemerkungen:
In Ansehung
des erhöhten Schwierigkeitsgrades wie auch mit Blick auf die eigentümlich
verwickelte Natur, die dem ganzen Gegenstand von den Spreads unleugbar
anhängt, tut der handelsbeflissene Spread-Trader wohl daran, statt im
Übereifer ohne vorgängige Einübung getreu dem Ausspruch "frisch gewagt
ist halb gewonnen" schaffensfroh und unbekümmert zur wirklichen Tat
überzugehen, sich zunächst mit den Grundlagen gewöhnlicher (singulärer)
Futures-Geschäfte sorgfältig und umfassend vertraut zu machen. Auch
wird er es nicht unterlassen, die Besonderheiten bei der
Ordererteilung sowohl wie
auch jene bei den Rechnungsverfahren für Spreads auf das Gründlichste
einzuüben. Von nicht minder hohem Nutzen für einen glücklichen Einstieg
in das lebendige Spread-Trading wird überdies ein gediegenes, grundlegendes
Verständnis des reinwissenschaftlichen
Zusammenhangs zwischen Spot-
und Terminpreisen und in gleicher Weise eins von dem Aufbau der Terminstruktur
an den Futuresmärkten sein. Auf diesen Kenntnissen aufbauend eignen
sich Spreads freilich glänzend selbst für den risikobewussten Einsteiger
und vorsorglichen Gelegenheitshändler. Mit etwas Geschick bieten sie
ihm bei verantwortbarem Marktrisiko damit beste Trading-Aussichten an
den weltweiten Börsenplätzen.

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