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Hedgegeschäfte und
die optimale Anzahl von Futures-Kontrakten: der Hedge-Quotient h
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Nachdem für den infrage stehenden Risikoposten
("risk exposure") ein zweckdienlicher
Futures ausfindig gemacht
werden konnte, der für den sich in einer bestimmten Weise darstellenden
Versicherungsfall das geeignete Sicherungsinstrument abgibt, ist an
die gelungene Einleitung der Maßnahme zur Preissicherung anknüpfend
der erforderliche Umfang des Absicherungsbedarfs ziffermäßig so sehr
genau wie immer möglich zu ermitteln.
Grundsätzlich lässt sich das zweckentsprechende
Ausmaß eines angehenden Absicherungsbedarfs, als auch dessen zeitliche
Ausdehnung, im Ernstfall eines neu einzurichtenden Hedge schwerpunktmäßig
auf dreierlei ausschlaggebende Einflussgrößen zurückführen: (1.) auf
das dem offenen Posten anhängende erwartete (antizipierte) Preisrisiko,
und zwar im Zusammenhang und im Verein mit allen übrigen im Portfolio
enthaltenen Vermögenswerten, (2.) auf den Belauf der Kosten von Hedging,
sowie (3.) auf die Tragfähigkeit für Risikoübernahme bzw. die persönliche
Risikoneigung des Entscheidungsträgers (d.i.
der Grad seines Sicherheitsstrebens). Die Festlegung auf eine bevorzugte
Rangstufe für den Sicherungsbedarf hat insofern eine herausgehobene
Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg, als jede Herabminderung des
Preisrisikos durch Hedging notwendig im gleichen Zuge mit einem im marktkonformen
Verhältnis erniedrigten Rentabilitätsanschlag einhergeht ("risk/return
trade-off"). An diesen Punkt knüpft der Begriff des Hedge-Quotienten
nahtlos an:
Das Hedge-Verhältnis
h (Hedge-Quotient, Absicherungsquotient,
Absicherungsverhältnis, "hedge ratio") bildet geradeso wie
die Basis einen fundamentalen
Strukturbaustein eines jeden Hedgegeschäfts und dient vor diesem Hintergrund
im Besonderen der fachgerechten Ermittlung der zum Zwecke der Kurssicherung
vernünftigerweise vorzüglich einzusetzenden "optimalen" Anzahl von
Terminkontrakten.
Der Lösungsansatz zur Berechnungsweise
für die am meisten zweckmäßige Zahl anzubringender Futures-Kontrakte
bei einem vorzunehmenden Hedge ("position sizing") richtet sich
bei der Verwirklichung aus am Größenverhältnis der in Auswahl gezogenen
Terminkontrakte zum Hedge-Gegenstand selbst, gewichtet mit dem "hedge
ratio" h. Das "hedge ratio"
h bestimmt hierbei das Größenverhältnis von eingenommener Position in
Futures zum Umfang der offenen Position, die einem
Preisrisiko unterworfen
ist. Oder noch genauer, das Hedge-Verhältnis bemisst sich nach dem Kontraktumfang
bzw. Nominalvolumen des Basisinstruments, den ein Futures repräsentiert,
mal Zahl der genutzten Futures-Kontrakte, in Beziehung zum mengen- bzw.
wertmäßigen Umfang der einem Preisrisiko ausgesetzten und zu sichernden
Spotmarkt- resp. Kassa-Position ("exposure"). Statt mit langer
Erörterung ganz im Abstrakten zu bleiben, sei dies anschaulich an einem
einfachen Beispiel erläutert:
Ich beabsichtige, einen
Bestand an 1000
Feinunzen Gold mithilfe
von Futures durch die nächsten drei Monate hindurch gegen womöglich
fallende Preise am Goldmarkt abzusichern. Mein erklärtes Ziel ist es,
das Preisrisiko jener gehaltenen Position in Gold für die Zeitfrist
des genannten Planungszeitraums so vollständig und nachhaltig es irgend
angeht wegzuschaffen. Als Hedge-Instrument kommt naturgemäß der
COMEX-Gold-Futures (Produktkürzel:
GC) in Betracht.
Da bekanntermaßen der
Mindestschluss im vorgenannten Gold-Futureskontrakt an der Terminbörse
COMEX (eine Abteilung der
CME Group)
laut Standardvertrag eine Produktenmenge von je 100 Feinunzen Gold umfasst,
liegt es nahe, zusammengenommen 10 Gold-Futures zu verkaufen; denn gemäß
obigem Ansatz zum Hedge-Verhältnis fußt die angemessene Zahl der einzusetzenden
Terminkontrakte eines Hedge auf dem Verhältnis der jeweiligen Nominalvolumina:
1000/100 = 10. Demnach wären
10 Gold-Futures zu verkaufen (=
Short-Hedge).
So einleuchtend und vernünftig die Absicherungsvorkehrung
des eben aufgeführten Illustrationsbeispiels auf den ersten flüchtigen
Blick vielleicht scheinen mag, so leicht führt eine derartige Vorgehensweise
in manch ähnlich gelagerten Alltagsfällen – zumal auf den Märkten der
"financial assets", regelmäßig aber auch bei den zahlreichen Ausartungen
eines Cross-Hedges – auf
Irrwege, und damit, vornehm-abstrakt und gelinde ausgedrückt, nur zu
suboptimalen Ergebnissen. In weitaus den meisten Fällen ist eine nachher
sich einstellende Abweichung des mit einem Hedgegeschäft tatsächlich
erreichten Gesamtergebnisses vom ursprünglich angestrebten in der Hauptsache
zurückzuführen auf einen im lebendigen Handel oftmals unvollkommenen,
nicht notwendig allemal gleichförmigen Verlauf von Spot- bzw. Kassamarktpreisen
einerseits und den dazugehörenden Futureskursen andererseits (Basisrisiko).
Wenn beispielsweise in einem Gedankenspiel der Preis eines Futures-Kontrakts,
etwa als Reflex auf einen plötzlichen Umschwung, im großen Durchschnitt
doppelt so stark schwankte wie der zugehörige Kassakurs, so ist es handgreiflich
klar, dass dann auf das vorhin aufgeführte Zustandsbild gewendet für
einen für meine Zwecke tauglichen (d.h.
das Kursrisiko minimierenden) Hedge ersichtlich nur fünf Gold-Futureskontrakte
zum Einsatz kommen müssten. Eine Hedge-Strategie, die ihr Augenmerk
unter Anlehnung an unser Beispiel unter Fortlassung aller übrigen Einflussgrößen
ausschließlich auf Nominalwerte richtet, wird in der Fachsprache mitunter
auch als "naive hedge" bezeichnet. Wie der sprechende Name bereits
zum Ausdruck bringt, lassen sich befriedigende Ergebnisse hiermit praktisch
nur in seltenen, ganz besonderen, keineswegs jedoch immer in allen Sicherungsfällen
herbeiführen.
Solange die Merkmale des zu sichernden
Gutes ("asset") strukturell wesensgleich sind mit jenen des dem
Futures zugrunde liegenden Gutes ("identische Güter") – was im obigen
Gold-Beispielsfall offenkundig als gegeben anzunehmen ist – steht dem
Aufbau eines Hedge-Postens, der sich unmittelbar an bestehenden nominalen
Größenverhältnissen ausrichtet, grundsätzlich nichts im Wege. Dies wird
vorzugsweise Geltung beanspruchen können bei Verwendung der zeitnahen
Terminmonate in den Futuresmärkten
("nearby"); denn die frühen Termine von Futures weisen für gewöhnlich
nicht nur eine vorzügliche
Marktliquidität auf,
sondern ihren Preisbewegungen haftet regelmäßig auch eine kaum zu übersehene
hohe positive empirisch-statistische Korrelation mit der Preisentwicklung
der ihnen zugeordneten Instrumente im Effektivmarkt an, mit dem Schlusserfolg,
dass Futures im "nearby" eine besonders innige und nachhaltige kompensatorische
Wirkung zu entfalten die Kraft haben. Bei
Financial-Futures
als Hedge-Instrument sind im Fall ihrer Anwendung indes noch einige
Besonderheiten zu beachten, worauf in den entsprechenden Abschnitten
noch des Genaueren einzugehen ist.
In manchen praktischen Alltagsfällen eines
Preissicherungsbedarfs liegen die Dinge so, dass ein "direct hedge"
weder wünschenswert noch überhaupt erst durchführbar ist. Unter derartigen
Verhältnissen darf der Absicherungsquotient eines Hedge keinesfalls
blindlings mit 1 gleichgesetzt werden. Denkt man sich beispielsweise
in die Lage eines Landwirts hinein, der Frühlingsweizen anbaut und
Winterweizen, möglicherweise von
jener Art, wie sie dem ehemals an der Börse von Kansas City (KCBT,
bis 2015 eine Abteilung der CME Group) gehandelten "Wheat"-Futures
zugrunde gelegt ist, auf Termin verkauft. Hier verlaufen beide Preisentwicklungen
zuverlässig nichts weniger als vollkommen gleichlinig. Um im
hier vorliegenden Fall eines Cross-Hedge wie auch in jedem anderen gegebenen
Einzelfall dennoch genügend berechenbare Aussagen über die angemessene
Zahl der einzusetzenden Futures-Kontrakte treffen zu können, ist es
rätlich, zunächst das jeweils vorliegende Hedge-Verhältnis h
in Erfahrung zu bringen.
Wie lässt sich nun nach dem hier Gesagten
ein optimaler, das Kursrisiko minimierender Hedge auch im lebendigen
Anwendungsfall bestimmen?
Um die Gefahr eines Vermögensverlustes
aus einem Hedge nach Möglichkeit vollständig abzuwehren, ist anfangs
bei dessen Einrichtung die Anzahl an Futures-Kontrakten zu ermitteln,
die das in der Varianz der Wertänderungen gemessene Risiko des Hedge-Postens
insgesamt auf das allergeringste Maß einschränkt ("minimum variance
hedge"). Den Ausgangspunkt hierfür mag die folgende elementare Gleichung
bezeichnen:
X = (Kn / Fn)
× h ,
mit:
X
: gesuchte Zahl der für einen vorzunehmenden Hedge einzusetzenden
Futures-Kontrakte;
Kn
: Gesamtumfang der abzusichernden
Position im Effektivmarkt, quantitativ gemessen nach der Zahl
der Einheiten;
Fn
: nominale Kontraktgröße
des "underlying" eines
Futures-Kontrakts (Kontraktumfang bzw. Kontraktvolumen), und
h
: das Hedge-Verhältnis ("hedge ratio").
Die Werte des einführenden Beispiels
in unsere Formel eingesetzt ergibt bei einem vorab unterstelltem
"hedge ratio" h von +1:
X = (1000
/ 100) × 1 = 10 .
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Es wären folgerichtig abermals 10 COMEX-Gold-Futures
zu verkaufen ("short hedge"). Hingegen wären bei Vorliegen
eines Hedge-Quotienten h von angenommen 0,5 offenbar nur insgesamt 5
COMEX-Gold-Futures zu "shorten".
[Hinweis: Futures
lassen sich nicht in beliebigem Grade teilen ("indivisibility");
die kleinste handelbare Einheit (Mindestordergröße, Mindestschlusseinheit)
bei Futures beträgt stets genau je ein (1)
Kontrakt. Infolge
mangelnder Mengenkongruenz ist im Gebrauch oft zwangsläufig auf die
nächste glatte Menge an Kontrakten zu runden. Die Ganzzahligkeitsbedingung
von Futures bewirkt offenbar, dass ein Hedge nicht immer ohne Rest aufgeht,
was freilich jedes Mal eine gewisse Qualitätseinbuße am wirtschaftlichen
Gehalt der Hedge-Maßnahme nach sich zieht.]
Wer vernunftgemäß wirtschaftliche Entschlüsse
fassen will, muss notwendig vorher sämtliche der verfügbaren und miteinander
konkurrierenden Handlungsalternativen in den Kreis seiner Überlegungen
einbeziehen und sie in ihrer Erwünschtheit gegeneinander abwägen. So
mag es nicht immer in der Linie des Zweckes liegen, ein Effektivgeschäft
in seinem vollen Umfang gegen Preisrisiken zu immunisieren ("full
hedge"). Die zweckmäßige Größenordnung für die Zahl der zum Einsatz
kommenden Futures-Kontrakte wird maßgeblich von dem gewünschten Selbstbehalt
an Marktrisiken bestimmt, also entscheidend beeinflusst davon, bis zu
welchem Grad das Gewinn- und Verlustpotential aus dem Grundgeschäft
durch Hedging beschnitten werden soll ("risk/return-trade-off").
Im Grunde wäre diejenige Positionierung zu erstreben, die unter Einbeziehung
aller beachtenswerten ökonomischen Bestimmgrößen im Ganzen den subjektiv
höchsten Zielbeitrag ("Nutzen") stiftet. Neben den marktbezogenen Bestimmgrößen
Wert des zu sichernden Postens, erwarteter Preisgang und anfallende
Transaktionskosten
für die Einrichtung des Hedgegeschäftes wird in regelrechter Übereinstimmung
hiermit der persönliche Wagemut (Risikoempfindung und Grad der Risikoaversion)
des Hedgers als Ausfluss seiner Befindlichkeit gegen drohende Preisgefahren
den Ausschlag bei der wahrhaftigen Umsetzung einer angedachten Hedge-Strategie
geben.
Futures zeichnen sich insofern als ein
ausgesprochen wendiges und anpassungsfähiges (flexibles) Hedge-Instrument
aus, als sie es im vorsorglichen Umgang im Geschäftsleben durchaus erlauben,
gegebenenfalls – und zwar je nach persönlicher Markteinschätzung und
Grad des Sicherheitsstrebens – auch weniger als die das Risiko
beseitigende Zahl an Kontrakten zu nutzen. Hierdurch lässt sich der
Selbstbehalt von Preisrisiken bis auf ein für tragbar gehaltenes Maß
herabdrücken, sodass bei lediglich teilweiser Absicherung die jeweilig
in ihrer Art bestmögliche ("nutzenoptimale") Zielausrichtung erreicht
werden kann.
Gelangt dagegen, des Guten zu viel, eine
größere Zahl Futures-Kontrakte zum Einsatz als der Sache nach nötig
(= Übersicherung), so wird hierdurch eine an sich zu Sicherungszwecken
bestimmte Position in ihrer Richtung zweckverfehlend ins Gegenteil verkehrt.
Sie wandelt sich von selbst, bewusst gewollt oder ungewollt, zu einer
offenen Position. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem
sogenannten "reversed hedge" (im meist übel angebrachten Fall
von gleich- anstelle von gegenläufigen Teil-Positionen ist dagegen von
einem Texas-Hedge die Rede). Aber auch bei einer angemessenen
Zuweisung der zum Einsatz gelangenden Kontrakte ist für den Erfolg von
Hedging letztendlich die Frage alles entscheidend, ob sich die zukünftige
Kursentwicklung in den betreffenden Märkten hinreichend genau vorauswissen
(antizipieren) lässt. – Alle diese Einsichten sind nun im Folgenden
sinngleich auf die Überlegungen zur Ermittlung des richtigen Hedge-Quotienten
zu übertragen.
Auf umstehender Textseite sei mithin eingehender
zur Darstellung gebracht, auf welche Weise sich das Hedge-Verhältnis
h auch in Absicherungsfällen des täglichen Wirtschaftslebens mit getreulicher
Genauigkeit bestimmen lässt.
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