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Zur Bepreisung von Zins-Futures
auf Kapitalmarktpapiere
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Preise
von Zins-Futures auf festverzinsliche
Wertpapiere ("Bond-Futures", "Note-Futures") leiten sich infolge
mangelnder Markt- und Lieferfähigkeit
synthetischer Anleihen,
wovon sich der weit überwiegende Teil jener Finanzmarktderivate bekanntlich
herschreibt, nicht unmittelbar von diesen, sondern mittelbar ab von
dem herrschenden Marktpreis der ihnen gegenwärtig zugeordneten billigst
lieferbaren, leibhaft existierenden Anleihe: der sogenannten CTD-Anleihe
(CTD = Cheapest to Deliver). Darüber hinaus stehen an den Marktplätzen
die Notierungsusancen für die Bond-Preise der Kassatitel mit jenen der
Bond-Futures ordentlicherweise in Harmonie, was die Kalkulation eines
theoretisch richtigen Preises ("fair value") von Rentenmarkt-Futures
erheblich erleichtert. Die Notierungsart für die am Terminmarkt zur
Wahl gestellten "fixed-income"-Futures stellt sich insofern der am zugehörigen
Kassamarkt gleich, als sie in ihrer äußeren Schlussform übereinstimmend
in Prozenten vom Nominalwert ("face value"), i.d.R
gerechnet je 100 Geldeinheiten davon, erscheint.* Eine beispielhaft
aufgestellte Kursnotiz von, sagen wir,
116,40%
könnte sonach für einen
Euro-Bund-Futures
der Terminbörse
Eurex (Produktkürzel:
FGBL) ebenso gut in Geltung stehen wie für irgendeinen effektiv umlaufenden
Rentenmarkttitel des bezüglichen Kassamarktes (Prozentnotierung).
[* Dies gibt zu
erkennen, wie hoch die in wahren Geldeinheiten je 100 Geldeinheiten
des Nominalbetrages ausgedrückte Summe ist, die im Beschaffungsfall
auszulegen wäre. An US-amerikanischen Futuresbörsen dagegen erscheint
die Kursnotiz von Zins-Futures auf Kapitalmarkttitel traditionell in
Gestalt von Prozenten und Bruchzahlen, und zwar regelmäßig in vollen
Prozentpunkten plus zweiunddreißigstel eines Prozentpunktes je 100 US-Dollar
nominal. Vgl. beispielsweise die Notierungsusancen für
30 Year U.S. Treasury Bonds Futures resp. für
10 Year U.S. Treasury Notes Futures des CBOT der
CME Group.]
Unter rechtlichem Blickwinkel
übernimmt der Käufer eines Bond-Futures (= Inhaber eines Terminkaufvertrages,
"Long")
mit Öffnung einer Position dieser Klasse die Verpflichtung, das im Standardvertrag
festgesetzte Nominalvolumen (Nennwert, "face value", "principal")
an der jeweiligen in den Futures gelieferten Anleihe zu dem an der Terminbörse
ausgehandelten Kurs (verrechneter Abschlusspreis, hochgerechnet auf
das Gesamtvolumen) "auf Termin"
zu erwerben. Der Verkäufer eines Bond-Futures (= Inhaber eines Terminverkaufsvertrages,
"Short") hingegen verpflichtet sich mit jenem Geschäft, das verhandelte
Nominalvolumen zum gleichen Preis zum gleichen Termin zu verkaufen.
Dabei hat in aller Regel nur er allein das Recht und die Pflicht, am
Ende unter den verschiedenen liefermöglichen Anleihen zu wählen. Ein
Börsentermingeschäft in einem Euro-BUND-Futures z.B.,
das zum oben genannten Kurs von 116,40 abgeschlossen wurde, sieht also
vereinfacht gesagt vor, zu einem späteren Termin (zur Erfüllungszeit)
ein Lieferungsgeschäft über ganz bestimmte Bundesanleihen im Kurswert
von 100000€
x 116,40/100 = 116400€
zum Vollzug zu bringen. Es obliegt dem Verkäufer des Futures (Short),
falls er seinen Kontrakt bis zum Termin durchhält, das Lieferungsgeschäft
innerhalb der vorgeschriebenen Frist durch regelrechte Ankündigung einzuleiten.
Die Festsetzung der Notierungsweise
von Zins-Futures in der oben benannten Spielart stimmt naturgemäß stramm
zusammen mit der gewohnten inversen Beziehung zwischen Zinsniveau und
Marktwert eines zinstragenden Finanzierungstitels: Ein Anstieg der mittel-
resp. langfristigen Zinsen des Kapitalmarktes schlägt sich, von Zufälligkeiten
einmal abgesehen, über den Marktverlauf nieder in fallenden Kursnotierungen;
ein Rückgang des Zinsniveaus führt hingegen zu steigenden Futureskursen
von Rentenmarkt-Futures. Börsenkurse von Zins-Futures auf Rentenpapiere
werden demnach ebenso wie die Rentenpapiere, von denen sie sich herschreiben,
bewegt von Verschiebungen in der Zinsstruktur und bei den darauf gründenden
Erwartungen, so zumal vom Stand der gegenwärtigen Inflationserwartungen
und anderen belangreichen makroökonomischen Größen.

Die
Kurse von Zins-Futures auf
festverzinsliche Wertpapiere kommen – ebenso wie die weitaus überwiegende
Mehrzahl anderer Marktpreise – an den Börsenplätzen unmittelbar zustande
durch Zusammenführung von Angebot und Nachfrage. Ihr Zusammenwirken
nimmt seinen Ausgang von den Entscheidungen einzelner unabhängig voneinander
planender und agierender Futures-Händler. Diese durch die freien Entscheidungen
Einzelner vermittelten Marktkräfte bewirken aus sich heraus, dass Kassa-
und Futureskurse im fortlaufenden Handel unter regelmäßigen Verhältnissen
analogen Verlaufsmustern folgen, d.h.,
steigt der Preis der korrespondierenden CTD-Anleihe im Kassamarkt, so
steigt parallel mit Letzteren auch ihr Futures-Preis, und umgekehrt.
Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Kurse in beiden Marktsegmenten
immerzu in die gleiche Richtung laufen oder gar mit innerer Notwendigkeit
in jedem Augenblick von identischer Höhe sein müssen. Der Marktmechanismus
stellt nichtsdestoweniger sicher, dass die korrespondierenden Kursgrößen
fortwährend in einem ökonomisch sinnvollen Verhältnis miteinander Fühlung
halten.
Bei der rechnerischen
Ausmittlung eines richtigen und als fair zu betrachtenden Preises kommt
im Falle von Zins-Futures erschwerend hinzu, dass der Marktpreis der
herangezogenen CTD-Anleihe zunächst mittels eines zweckerfüllenden (oft
Investor-individuellen) Berechnungsmodells umzurechnen ist in einen
damit in Übereinstimmung stehenden Börsenterminkurs. Dieser Vorgang
wird sich auszurichten haben nach der dem zu bepreisenden Zins-Futures
zugrunde liegenden künstlichen (synthetischen) Anleihe, die trotz Verschiebungen
des Marktzinsfußes und trotz wechselnden CTD-Anleihen in ihren einzelnen
Merkmalen mit den vonseiten der Börse vorgefertigten Spezifikationen
immer und in jeder Art in Übereinstimmung bleibt. Letzten Endes richtet
sich der Futureskurs eines Zins-Futures stets auch dann ausschließlich
nach den Kontraktparametern seiner synthetischen Anleihe, wenn eine
wirklich lieferbare Anleihe hiervon in ihren Merkmalen abweicht, indem
sie etwa einen anderen Kupon trägt oder sich in ihrer Restlaufzeit verschieden
zeigt. Die aus dem Ergebnis der Berechnung erhaltene numerische Differenz
zwischen Kassakurs und Futures-Preis heißt
Basis. Mit abnehmender
Restlaufzeit des Zins-Futures verringert sich die Basis mit empirisch
nachweisbarer Regelmäßigkeit, tatsächlich jedoch durchweg in unstetiger
Weise – und bisweilen unter mächtigen Schwankungen. Darüber hinaus wird
die Basis in Abhängigkeit von den jeweils herrschenden Zinserwartungen
über die verschiedenen Laufzeiten (Zinsstruktur, "term-spread")
in den ihnen zugeordneten
Terminen sich im Allgemeinen
unterschiedlich entwickeln.
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"Fair
value" von Bond-Futures
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Dreh- und Angelpunkt
der Überlegungen, die geradewegs zu einem aus theoretischer Sicht richtigen
Preis von Zins-Futures hinüberleiten, bildet wiederum der
"cost of carry"-Ansatz zur
Preisbildung. Der auf diesen Zweck gewendete Ausdruck für den berechneten,
theoretisch berechtigten Futureskurs ("fair value"), der für
alle auf Investitionsobjekte, so denn auch für auf festverzinslichen
Wertpapieren basierende Futures-Kontrakte (mit Berücksichtigung der
Notierungsweise sowohl als des Zeitwerts des Geldes) Geltung beansprucht,
lautet allgemein:
F0 = K0
× (1 + c)t
,
Die in der Formel untergebrachten Größen tragen folgende Bezeichnungen:
F0 = kalkulierter Futureskurs, K0 = Kassakurs
der unterliegenden Anleihe (d.i.
bei synthetischen Instrumenten die in Geltung stehende CTD-Anleihe,
berichtigt um den Konvertierungsfaktor) in dem gleichen Betrachtungszeitpunkt
t0, c = Nettofinanzierungskostensatz ("cost of carry")
und t = Kalenderzeitraum, gemäß der Restlaufzeit des Zins-Futures ("time
to delivery"), ausgedrückt in Jahren (beispielsweise t = 0,25 für
drei Monate, t = 2 für zwei Jahre usw.).
Man
ersieht leicht, ein "fair value"-Futurespreis einer Anleihe steht förmlich-technisch
in einem ebenso bestimmten als einfachen Verhältnis zu ihrem Kassakurs
und den während der Laufzeit auflaufenden Haltekosten "cost of carry".
Vom Belauf der vorstehenden Größen empfängt dieser also seine eindeutige
Bestimmung. In Worten vereinfacht ausgesprochen: Der Preis eines
Zins-Futures F0 ist gleich dem Kassapreis K0 der
äquivalenten Anleihe, ggf. um ihren Konvertierungsfaktor berichtigt,
plus Absolutbetrag der "cost of
carry" C ( wobei C, wie üblich, berechnet ist auf den Endfälligkeits-
bzw. Lieferungszeitpunkt des betrachteten Zins-Futures).*
[* Die Gültigkeit
dieses formallogischen Zusammenhangs zwischen Futureskurs und Kassapreis
von Zinstiteln beruht – gleichwie für andere Anlagegegenstände auch
– auf folgenden Voraussetzungen: Märkte arbeiten ohne jede Reibung,
wobei weder Transaktionskosten
(wie z.B.
Margin-Zahlungen, Maklergebühren
usw.) noch Steuern anfallen. Des Weiteren sei unterstellt, es herrsche
ein ungehemmter, vollwirksamer Wettbewerb, wonach es in keines Handelnden
Macht stehe, von sich aus einen spürbaren Einfluss auf die Marktpreisentwicklung
auszuüben (atomisierte Konkurrenz). Marktbeteiligte können
Leerverkäufe unumschränkt
durchführen und können überdies zu einem risikolosen, einheitlichen
und im Zeitablauf gleich bleibenden Zinssatz nach Belieben Geld aufnehmen
und veranlagen. Fernerhin stehen sämtliche wichtigen Informationen allen
Marktteilnehmer gleichzeitig und kostenlos zur Verfügung. Alle Marktpersonen
sind somit gleich gut über die gegenwärtige wirtschaftliche Sachlage
unterrichtet und handeln zielentsprechend in dem Sinne, dass sie ihren
erwarteten Konsumnutzen bis zum höchsten erreichbaren Maß zu steigern
trachten, wobei eine hinlänglich große Anzahl unter ihnen bereit
und imstande ist, bei ungehinderter Arbitrage jede lohnende Arbitragegelegenheit
auf dem Fuße folgend wahrzunehmen. ("Annahme vollkommener Märkte").
– Anmerkung: Streng genommen gilt der vorliegende förmliche Ansatz lediglich
für Termingeschäfte in Gestalt von "financial
forwards", da die börsentäglichen Ausgleichszahlungen ("variation
margin") hier außer Acht bleiben. Allerdings lässt sich nachweisen,
dass bei konstanter und über alle Laufzeiten gleicher ("deterministischer")
Zinsstruktur der theoretische Futureskurs mit dem ihm gegenüberstehenden
(Gleichgewichts-) Terminkurs
von "financial forwards" genau deckend zur Übereinstimmung kommt. Wird
hierbei die periodische Anpassung der Verrechnungskonten an veränderte
Schlusskurse von Zins-Futures durch das Clearinghaus ("marking
to market") mit in den Gang der Untersuchung einbezogen, so
lässt sich nachweisen, dass der tatsächlich festgestellte Börsenkurs
eines Zins-Futures entsprechend unter dem nach dem obigen Ansatz
berechneten Kurs liegen muss. Der Unterschiedsbetrag ist jedoch gerade
bei kurzen Restlaufzeiten im Futures vernachlässigbar gering und bleibt
deshalb der Einfachheit halber im Weiteren aus den Betrachtungen ausgeklammert.]
An
dieser Stelle sei noch einmal der Sachverhalt ausdrücklich ausgesprochen,
dass es sich bei F0 gemäß dem vorstehenden mathematischen
Ansatz um einen berechneten, unter einem gesetzten Bedingungsrahmen
theoretisch richtigen (idealen) Preis eines Zins-Futures handelt.
Ihm steht sein empirisches Gegenstück gegenüber, der in Wahrheit beobachtete
Futureskurs, wie er parallel dazu an der Terminbörse ausgehandelt und
festgestellt wird, und von dem er mithin streng auseinandergehalten
werden muss. Bei dieser Gelegenheit soll nicht versäumt werden, darauf
hinzuweisen, dass eine mathematisch zwingende, präzise Berechnung des
"fair value" eines Bond-Futures mehrfache Schwierigkeiten bereiten kann.
Oft ist dies nur mit beiläufiger Annäherung möglich. Neben mannigfaltigen
Marktunvollkommenheiten wird seine Kalkulation vor allem durch den Umstand
erschwert, dass jedes Ergebnis einer Preisermittlung letztendlich abhängig
ist von dem höchstpersönlichen finanziellen wie steuerlichen Umfeld
des Disponierenden mit allem Besonderen – welches, wie jedermann weiß,
von Person zu Person auf das Stärkste verschieden sein und damit aus
verständlichen Gründen einer Quantifizierung in allgemeingültiger Weise
auch nicht fähig sein kann – ebenso wohl wie von dem eigens darauf aufbauenden
Bewertungsmodell.*
[* Ein weiterer
Unsicherheitsfaktor ergibt sich aus dem wirklichen Andienungsprozess
von Anleihen, und zwar im Besonderen aus den verschiedensten Wahlmöglichkeiten
aufseiten des Inhabers der Short-Position ("seller's option").
Ist ein positiver Wert aus derlei Optionen unverkennbar, so wird sich
dies geradewegs in einem Abschlag des Börsenterminkurses eines Zins-Futures
niederschlagen.]
Hinzu tritt, dass ein
durch Beobachtung festgestellter Futureskurs mit Rücksicht auf sich
fallweise überlagernde, gegenseitig verstärkende und teils sich durchkreuzende
Markteinflussgröße, die nicht zum wenigsten aus den eben berührten Umständen
folgen mögen, sich während der Laufzeit des Futures
i.d.R.
über eine bald mehr bald minder schmale Bandbreite um den nach dem jeweiligen
Modell ermittelten theoretisch richtigen Futureskurs herum zerstreuen
wird, wobei offen bleibt, wie zuverlässig oder "fair" ein beobachteter
Futureskurs im vorliegenden Betrachtungsfall nun tatsächlich ist. Aber
auch dann, wenn ein "fair value" selten oder nie für eine längere Dauer
strenge behauptet werden kann, so kennzeichnet er doch im Groben den
Gleichgewichtszustand, um den herum die laufenden Börsenterminkurse
einer beispielhaft zugrunde gelegten Anleihe sich bis zu einem gewissen
Grade elastisch bewegen werden.
Sonach ist nichts gewöhnlicher
als das Auftreten von – wenn auch nicht himmelweit – vom Gleichgewichtspreis
abstehenden Börsenterminkursen, ohne dass es sich der Mühe verlohnen
mag, jene registrierten Ungleichmäßigkeiten sogleich anzugehen, um sie
handelsstrategisch für sich auszunützen. Sollte sich allerdings der
auf den Finanzmärkten der Wirklichkeit hervorgehende Terminkurs über
Gebühr von seinem theoretischen Preis entfernen, so wird es abermals
unmittelbar klar zutage liegen, dass derartige Konstellationen von Preismissverhältnissen
allenfalls von kurzer Dauer sein können. Denn die Zone "fairer" Terminkurse
ist klar beschränkt durch nimmermehr rastende Arbitragehandlungen. Ein
Ausscheren aus ihr hätte nämlich unfehlbar eine sofortige Umsetzung
von Futures/Forward-Arbitragen zur Folge, die jede lohnenswerte Arbitragegelegenheit
aus sich heraus postwendend zum Versiegen brächten. Der Schlusserfolg
davon ist, mit einem Wort, dass ein Ungleichgewichtszustand solcher
Art auf effizienten Märkten sich geradezu von selbst sogleich wieder
aufhebt. – Zusammengefasst und anders formuliert: Als Folgeerscheinung
von natürlichen Marktunvollkommenheiten und vor dem Hintergrund unterschiedlicher
persönlicher Umstände und ebenso unterschiedlicher finanzieller Ausgangslagen
(Steuern, Transaktionskosten usw.), unter denen die einzelnen Marktteilnehmer
tätig werden, kann man nicht erwarten, dass der theoretisch richtige
Börsenpreis eines Zins-Futures sich für jedermann durch irgendwelchen
aus einer gefälligen algebraischen Abkürzungsformel gewonnenen Berechnungsschlüssel
immerzu zweifelsfrei bestimmen lässt. Bestenfalls ist ein "fairer" Terminkontraktpreis
für zinstragende Kapitalmarkttitel innerhalb einer mehr oder weniger
großen Preisspanne abschätzbar ("fair range", "range of no
aribtrage opportunity").
Gelten aber die dahinterstehenden
modelltheoretischen Voraussetzungen zum oben skizzierten Verbund zwischen
Kassakurs der CTD-Anleihe und Futureskurs, und stimmt damit im fraglichen
Fall der theoretische mit dem in der Wirklichkeit registrierten Futureskurs
überein, so folgt aus alledem logisch zwingend, dass zu diesem Zeitpunkt
in jenem Markt keinerlei Möglichkeit einer auf Gewinn angelegten
Arbitrage mehr aufrecht
bleiben kann, womit gleichzeitig und umgehend sämtliche Arbitrage-Geschäftigkeiten
erlischen werden. Durch Bestand der förmlichen Wechselbeziehung "fairer"
Preise ist Arbitragefreiheit erzwungen, der Markt mithin ausbalanciert.
Schlüsselt man den formalisierten Ausdruck F0 = K0
× (1 + c)t nach
seinen einzelnen selbständigen Größen weiter auf, so wird es erklärlich,
dass der (um den entsprechenden Konversionsfaktor bereinigte) Futureskurs
eines Zins-Futures in einem arbitragefreien Markt gleichzusetzen ist
mit dem wahrgenommenen Kassakurs der CTD-Anleihe ("clean price")
plus den gesamten Nettofinanzierungskosten C, die für das Halten des
betreffenden Anleiheportfolios in Anschlag zu bringen sind. Im Einzelnen
besteht hierbei folgender Zusammenhang:
Für alle
Zins-Futures auf
mittel- oder langfristige Anleihen gilt mithin:
Kurs eines Zins-Futures
auf festverzinsliche Wertpapiere ("fair value") =
tatsächlich festgestellter
(empirischer) Kassakurs der zugrunde liegenden festverzinslichen
Anleihe (bei synthetischen Bonds dient als Referenz immer die am
billigsten zu liefernde reale Anleihe: die sogenannte CTD-Anleihe,
korrigiert um den entsprechenden Konvertierungsfaktor)
+ Zins- und
Depotkosten für das Halten des Anleiheportfolios (mit dem Geldmarktsatz
als maßgeblicher Satz, "spot rate", "kurze Ende" der Zinsstrukturkurve;
praktisch gilt zumeist "repo-rate")
für eine Haltedauer, die der Restlaufzeit
des zu bewertenden Zins-Futures entspricht)
− empfangene
Kuponerträge der CTD-Anleihe
− sonstige Erträge,
die bis zum Erfüllungstermin des Futures aus dem Anleiheportfolio
gezogen werden.
Ganz ohne Zweifel sind
im Bewertungszeitpunkt der Kassakurs der CTD-Anleihe und zudem auch
die mutmaßlich zufließenden Erträge aus dem Besitz der Anleihe bekannt.
Komplizierter gestaltet sich die Ermittlung der Finanzierungskosten
(impliziter Refinanzierungssatz).
Es sei nochmals darauf
hingewiesen, dass der beobachtete Futureskurs c.p.
niedriger notieren wird als es das Ergebnis vorstehender modelltheoretischer
Berechnung widerspiegelt, sofern die oben benannten Lieferoptionen des
Verkäufers ("seller's
options") einen positiven Wert haben. Des Weiteren ist nicht
zu verkennen, dass unter diesem Modell solche Kräfte, wie die Erwartungen
des Marktpublikums, die insbesondere auch denkbare Zins- bzw. Kassapreisentwicklungen
oder Änderungen in der Volatilität
im fraglichen Rentenmarktpapier einkalkulieren, keinen unmittelbaren
Einfluss auf die für den Futureskurs dieser Anleihe maßgebenden Marktlage
nehmen. Vielmehr schlagen sich derartige Erwartungen idealtypischerweise
als Erstes in den Preisen der Basistitel nieder, wovon sich wiederum
der Preis eines Zins-Futures ableitet. Diese Eigenschaft bei der Preisbildung
von Futures nach dem "cost-of-carry"-Ansatz markiert den charakteristischen
Unterschied der Bepreisung von Futures-Kontrakten in Gegenüberstellung
zu Preisbildungsmodellen von Optionen.
Sieht man sich den
oben dargestellten Zusammenhang zwischen Kassakurs und Terminkurs von
Rentenmarkttiteln bei Lichte an, begreift sich wohl, dass bei der Preisbestimmung
von Zins-Futures auf das vorliegende Zinsgefüge Rücksicht zu nehmen
ist. Die beiden folgenden Fälle sind dabei zu unterscheiden:
a.) Besteht ein "normales
Zinsgefüge", d. h. mit zunehmender
Bindungsdauer steigende Sätze, abgebildet durch eine "normale
Zinsstrukturkurve", so resultiert aus dem Halten des bezüglichen Anleiheportefeuilles
bis zur Terminfälligkeit ein Nettoertrag (= "positive carry");
denn die Stückzinserträge (welche ja ihren Maßstab vom "langen Ende"
der Zinsstrukturkurve hernehmen) übersteigen den Zinsaufwand, den die
kurzfristige Finanzierung des Anleiheportfolios bis zur Terminfälligkeit
erfordert. Folglich wird der Futureskurs mit einem Abschlag ("discount")
zum Kassapreis der (um den Konvertierungsfaktor korrigierten) CTD-Anleihe
notieren.
b.) Liegt hingegen
eine "inverse Zinsstrukturkurve" vor − die Zinsen am "kurzen
Ende" übersteigen dabei in ihrer Höhe die Zinsen am "langen Ende" −,
so werden die Zinserträge in ihrer Höhe hinter den Finanzierungskosten
zurückbleiben. Die effektiven Nettofinanzierungskosten (= "negative
carry") sind somit positiv im Sinne eines Zahlungsmittelabstroms.
Dieser Fall ist als Bestimmungsgrund anzuführen für einen Futureskurs,
der einen Aufpreis (Prämie, "premium") zum (bereinigten) Kassakurs
der zugrunde liegenden lieferoptimalen Anleihe (CTD-Anleihe) erfährt.
Letztlich verdient der
Umstand hervorgehoben zu werden, dass der Börsenpreis eines Zins-Futures
organisch an den Preis der gerade waltenden CTD-Anleihe gebunden ist.
Namentlich vom Kurswert dieser erhält er mit innerer Notwendigkeit seine
unmittelbar wirkenden Impulse, deren Regulativ wiederum auf Arbitrageprozessen
ruht. Sollte etwa unverhofft eine andere als die jetzige die Stellung
der CTD-Anleihe einnehmen, beispielsweise ausgelöst durch eine Anpassung
der Zinsstruktur an Veränderungen des Zinsumfeldes, oder Prätendenten
durch eine anstehende Neuemission von Anleihen bereits absehbar sein,
so kann es sich erweisen, dass bedingt durch derlei Verhältnisse der
Zins-Futureskurs der sich darauf stützenden Anleihe schlagartig − und
bisweilen unter intensiven Preisschwankungen − sprunghaft in diese oder
jene Richtung wechselt.
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Futures auf Geldmarktinstrumente

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