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Über die Bepreisung von Devisen-Futures
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Devisenkassakurse ("spot
exchange rates", "spot rates of exchange") auf der einen
und die ihnen beigezählten
Futureskurse
("currency futures prices") ein und desselben Währungspaars auf
der anderen Seite werden sich im Regelfall der Praxis zu jedem Zeitpunkt
ihrer Feststellung unterschiedlich beziffern. Es erscheint dies insoweit
unmittelbar einleuchtend, als der bezügliche Devisenkassamarkt wie auch
der zugehörige Devisenterminmarkt nach außen hin gegeneinander abgesonderte
Marktsegmente vorstellen, die unter dem Einfluss der ihnen eigentümlichen
Kursbestimmungsgrößen stets eigene, aus sich zu betrachtende Marktrelationen
in ihrem Transaktionsergebnis an den Tag legen. Gleichwohl stehen beide
Äste nicht getrennt und vereinzelt da, sondern sind durch gewisse übergreifende
ökonomische Kräfte und Mechanismen kausaler Natur aufs innigste ineinander
verflochten.
Die
naturgemäß unausbleibliche Folge davon ist, dass der Börsenkurs von
Devisen-Futures – so wenig als sein OTC-Pendant:
der Terminpreis aus Devisen-Forwards
("forward exchange rate") – sich weder ganz nach Willkür noch
auch nur losgelöst vom Kassakurs der korrespondierenden Währung ("underlying")
wird festsetzen können. Vielmehr wird, wie die tägliche Anschauung sattsam
zeigt, der Terminkurs in ganz bestimmten (modelltheoretisch nachprüfbaren)
Grenzen mit Letzterem Fühlung halten. Schließlich gilt von Devisen nicht
minder als von jedem anderen marktgängigen Gut das eine, alles beherrschende
Gesetz, dass man Preise und Werte für einander ökonomisch völlig gleichwertige
Handlungsalternativen
zur Erreichung eines bestimmten Vorteil bringenden finanziellen Zieles*,
zu derselben Zeit am gleichen Ort verfügbar, nicht ohne wirtschaftlich
ins Hintertreffen zu geraten verschieden hoch ansetzen darf.
[* Der Endzweck
von Devisentermingeschäften besteht im hier betrachteten Wesenszug darin,
mit Blick auf einen gedachten Planungshorizont zu einem gegenwärtig
bereits bekannten Kurs über einen festen Devisenbetrag mit Gewissheit
verfügen zu können. Durch eine übereinstimmend zusammengesetzte Handlungsalternative
des Devisen-Kassamarktes ließe sich ein Devisentermingeschäft zu bekannten,
allseits verifizierbaren Bedingungen jederzeit in seinem Wirkungsbild
nachgestalten (replizieren). Aufgrund dieses Umstandes ist die Kopplung
der Preise in vorstehendem Sinne bedingt.]
Der
eben angerufene Grundsatz steht in der Wirtschaftslehre unter der Überschrift
"Gesetz der Unterschiedslosigkeit
der Preise" ("Law of One Price") und bildet den Kern-
und Angelpunkt für einen logisch nachvollziehbaren (theoretisch fundierten)
Bewertungsmechanismus zwischen den auf den Kassa- und Terminmärkten
hervorgebrachten Preisen. Unter der Botmäßigkeit des Gesetzes werden
die nebeneinander waltenden Teilbereiche der einzelnen Finanz- und Devisenmärkte
in diesem Stück notwendig ineinander übergreifen, gegenseitig auf sich
einwirken und also untereinander in eine wirtschaftlich sinnvolle Verbindung
einrücken müssen. Eine Verletzung der Gesetzmäßigkeit wiederum hätte
unausbleiblich die unverzügliche Einleitung auf Sofortgewinn abstellender
Arbitragestrategien*
von Seiten allgegenwärtiger marktmächtiger Finanzinstitutionen zur Folge,
die im Zuge ihrer eigennützigen Einwirkung auf den Marktverlauf die
Kurse in den eng miteinander verflochtenen Teilmärkten rasch wieder
in die Schranken einer bewertungskonformen Verbindung zurückdrängen
(nivellieren) würden. Ferner ist in der Dauerregel der Unterschiedslosigkeit
der Preise ein ganz wesentlicher Bestimmgrund für den Beobachtungstatbestand
gelegen, dass Devisenkassakurse und Futureskurse in der Kalenderzeitabfolge
– wenn auch nicht stetig und gewöhnlich unter Schwankungen – sich ziffermäßig
immerfort anzunähern trachten und mit Eintritt der Terminfälligkeit
des Futures alsdann endlich auf gleicher Höhenlage zusammenfallen (Konvergenzeigenschaft).
[* In Arbitrageabläufen
ist somit nicht nur die dahinterliegende Ursache für die markttechnische
Kopplung von Devisenkassa- und -terminkursen, sondern auch das erklärende
Prinzip für die in jedem Betracht enge Verflechtung von "klassischen"
OTC-Devisentermin- und Devisen-Futuresmärkten zu sehen – wobei die kausale
Verbundwirkung zwischen den Preisen unverkennbar ineinander übergreift
und damit offenkundig nicht systematisch nur im Sinne von Ursache und
Wirkung von einer auf die andere Richtung abfärbt.]
Aufgabe
soll es nunmehr sein, die einzelnen Bestimmgrößen für die innere gesetzmäßige
Verzahnung zwischen Kurs eines Devisen-Futures und dem Kassakurs seiner
Basiswährung ("underlying") herauszuarbeiten, um hiernach zu
sachgerechten, auch empirisch fundierten Folgerungen zur Preisbildung
in den Devisenmärkten zu gelangen. Dazu mag die folgendem Inhalt beigelegte
Symbolik Verwendung finden:
K0 : Die Variable K0 bezeichnet den in
US-Dollar ausgedrückten Preis einer Währungseinheit der einem Devisen-Futures
unterliegenden Währung zu einem vor Terminfälligkeit liegenden Zeitpunkt
t = 0, entlehnt bspw. vom jetzigen empirisch beobachteten Kassapreis
derselben.
F0 : Die Variable F0 kennzeichnet den zu
berechnenden theoretisch richtigen Futures-Preis eines Devisen-Futures
(in US-Dollar) zum gleichen Betrachtungszeitpunkt. F0 bezieht
sich im Regelfall der Praxis ebenfalls auf eine Einheit der zugrunde
liegenden Dollar-fremden Währung.
i$ : Jeder Währungsbetrag, einerlei, ob in Euro, Dollar,
Pfund, Franken, Yen usf., lässt sich innerhalb des jeweiligen Währungshoheitsgebietes
festverzinslich veranlagen, und zwar in der Weise, dass sowohl die versprochene
nominale Verzinsung wie auch der Rückzahlungsbetrag als vollständig
sicher erachtet werden können. Die Variable i$ bezeichne
den landesüblichen Zinssatz per annum* (p.a.)
für eine solche sichere Finanzanlage von US-Dollar, der sich auf einen
Zeitraum beschränkt, welcher mit der Restlaufzeit des untersuchten Devisen-Futures
genau übereinstimmt (Nullkuponsatz, "repo rate"; praktisch zumeist
LIBOR, EURIBOR).
[* Hierbei wird
üblicherweise von einem 360-Tage-Jahr ausgegangen. Ausnahmen: Britisches
Pfund, Australischer Dollar und Kanadischer Dollar:
Hier wird herkömmlicherweise nach 365-Tage-Jahren gerechnet.]
iA : Die Variabel iA gibt analog dazu den
entsprechenden landesüblichen Zinssatz (p.
a.) an, der nach Maßgabe einer laufzeitäquivalenten risikolosen
Geldanlage in der dem Devisen-Futures zugrunde liegenden Dollar-fremden
Währung innerhalb des jeweiligen Währungshoheitsgebiets anzusetzen ist.
T : Die Dauer der Restlaufzeit des Devisen-Futures, ausgedrückt
in Jahren.
Der funktionale Zusammenhang zwischen Futureskurs einer Währung und
Kassakurs derselben Währung und den korrespondierenden Marktzinssätzen,
auf einen beliebigen Betrachtungszeitpunkt t0 berechnet,
lässt sich nun modellmäßig sehr einfach – zunächst in annäherungsweiser
Form – nach dem folgenden Ausdruck bestimmen:
F0 = K0
· [1 + (i$ – iA)
· T] .
Der zum Berechnungszeitpunkt t = 0 faire Devisen-Futureskurs F0
entspricht damit dem in jenem Augenblick herrschenden Kassakurs K0
multipliziert mit dem Term [1 + (i$ – iA)
· T]. Wenngleich wirklichkeitsfern, so sei der
methodischen Vereinfachung halber dennoch hier und im Folgenden von
Marktunvollkommenheiten,
wie etwa von Transaktionskosten durch Makler- und Clearinggebühren,
Margenzahlungen, als auch von beschränktem Tauschverkehr (Konvertibilität)
mit Devisen oder gar von Transferhemmnissen u.
dgl. unter den Währungen zunächst abgesehen.
Der
theoretisch korrekte Kurs eines Devisen-Futures
(Gleichgewichts-Futureskurs, "fair value") – hier unter Anwendung
der im Schrifttum weit verbreiteten kontinuierlichen (stetigen) Verzinsungsmethode
– ergibt sich aus dem nachstehenden Ausdruck:
F0
= K0 ·
e
(i$
– iA) · T
.
[Hinweis:
mit e : nach dem Schweizer Mathematiker
Leonhard Euler benannte
eulersche Zahl e = 2,71828182845904…, als Grenzwert der
Folge (1+1/n)n ,
mit n → ∞].
Ein Beispiel: Der Kassakurs des Euro (K0),
ausgedrückt in US-Dollar, möge an den Devisenmärkten derzeit 1,28US-$
notieren. Wie hoch muss gleichzeitig der theoretisch korrekte Futureskurs
für den Euro FX
Futures mit 6-monatiger Restlaufzeit an der Terminbörse CME
sein, wenn der nominell sichere Zinssatz für Sechsmonatsgeld für Dollarguthaben
in den USA mit 4,5 % p.
a. und der entsprechende Sechsmonatszinssatz für Eurobeträge
am Geldmarkt im Euroraum mit 2,0
% p. a. veranschlagt
wird?
Lösung: F0 = 1,28
· [1 + (0,045 – 0,02) ·
0,5] = 1,2960, bzw. unter Zugrundelegung der gleichlaufenden
(kontinuierlichen) Verzinsung theoretisch korrekt:
F0 = 1,20 ·
e (0,045 – 0,02) · 0,5 = 1,2961004 , und gerundet
gemäß den Notierungsusancen für Euro FX Futures: 1,2961.*
[* Hinweis: Zinseffekte
aus dem Margining können im
Ergebnis zu geringfügigen Abweichungen von dem hier errechneten Futureskurs
führen.]
Dem genauer Zusehenden,
der mit den Grundzügen der Materie über "Internationales Finanzmanagement"
genügend vertraut ist, wird gewiss nicht entgangen sein, dass es sich
bei der vorstehenden förmlichen Gleichgewichtsbeziehung von Devisenkassakurs
zu Terminkurs und Zinssätzen eines Währungspaares um eine Einkleidung
des sogenannten Zinsparitätentheorems*
("interest-rate parity", IRP) zur Bestimmung von Wechselkursrelationen
handelt, wie man sie in den Lehrbüchern wiederholt rezipiert findet.
[* Das Zinsparitätentheorem
postuliert, dass der Kassa- und Terminkurs eines Währungspaares und
die in den betreffenden Währungsräumen herrschenden Zinssätze ("pure
rate") in einem festbestimmten systematischen Verhältnis stehen
müssen, um die Aussicht auf Sofortgewinne durch Arbitrage zu durchkreuzen.
In der akademischen Literatur wird das Zinsparitätentheorem meist in
folgende Formel geprägt: (1+iH)/(1+iA)
= F0/K0
; mit iH = Zinssatz der im Anwendungsfall heimischen Währung,
iA = Zinssatz der ausländischen Währung, K0 =
Kassakurs und F0 = Terminkurs.]
Da nach den der Formel zugrunde liegenden Bestimmungsgrößen der komputierte
("faire", ideale) Devisen-Futureskurs F0 in direkter funktionaler
Abhängigkeit allein zum Kassakurs und zu den Geldmarksätzen steht, wird
offenbar, dass die gehegten Erwartungen der Marktbeteiligten an die
Entwicklung der künftigen Wechselkursparitäten als ein Faktor für die
rechnerische Bestimmung seiner Höhe ganz ohne Belang bleibt. Die Relation
ist vielmehr ausschließlich durch die Geldmarktsätze vergleichbarer
Investitionen gedeckt ("covered interest parity"). Bevor veränderte
Erwartungen am Markt hinsichtlich des künftigen Wechselkurses sich tatsächlich
im Terminkurs manifestieren können, müssten also erst parallel damit
sich entsprechende Anpassungen der in- und ausländischen Zinssätze vollziehen.
Bei
näherer Betrachtung lässt die Gleichung für den fairen Preis eines Devisen-Futures,
wie am IMM der
Terminbörse CME Group in Chicago spezifiziert, erkennen, dass
– ceteris paribus – der Abschlag (Deport, "discount") des Futureskurses
F0 vom Kassakurs K0 umso größer wird, je weiter
der maßgebliche Zins der dem Futures unterliegenden Auslandswährung
iA den Zins für die Anlage von Dollarbeträgen i$
übersteigt und umgekehrt. Allgemein gilt: Ist aus Sicht der Vereinigten
Staaten das ausländische Zinsniveau höher als das Zinsniveau
im Währungsraum des Dollar, so notiert der Devisen-Futures mit einem
Abschlag zum Kassakurs; ist hingegen das auswärtige Zinsniveau
niedriger als die entsprechenden landesüblichen Zinssätze im
Dollarraum, so notiert der Devisen-Futures mit einem Aufschlag
(Report, "premium") gegenüber dem Kassakurs jener Währung.
Dieser Zusammenhang bleibt nicht nur für den betrachteten Devisen-Kassakurs,
sondern auch für die gesamte Stufenfolge der Termintreppe im Devisenterminmarkt
aufrecht.
Des Weiteren verdeutlicht das vorstehende Beispiel, dass der Unterschiedsbetrag
zwischen Kassakurs K0 und Devisen-Futureskurs F0
mit länger werdender Restlaufzeit in einem regelmäßigen Verhältnis ansteigt
bzw. fällt. Zur Erklärung dieses Sachverhalts lässt sich Folgendes anführen:
Deport und Report (allgemein auch als "Swapsatz" benannt) an
den Devisenterminmärkten beruhen, wie wir wissen, maßgeblich auf Zinsdifferenzen
zwischen den verschiedenen Währungsräumen. Sieht man sich die Terminstruktur
eines bestimmten Devisen-Futuresmarktes (z.B.
des Euro FX Futures der CME Group) bei Lichte an, so gewahrt
man mit einem Blick, dass die prozentualen Kursdifferenzen zwischen
den einzelnen Terminen ziemlich genau übereinstimmen mit den im Augenblick
herrschenden Differenzen zwischen den Zinssätzen der betreffenden Währungsgebiete
nach den verschiedenen Laufzeiten.
Der streng wissenschaftlich
richtige Preis eines Devisen-Futures ist sonach stets sein arbitrage-freier
Preis. Sollte der Kurs eines Devisen-Futures je zuweilen dem angerufenen
Prinzip einmal wirklich hohnsprechen und merklich (nach auf- oder nach
abwärts) von dem rechnerisch als angemessen betrachteten Wert abweichen,
ließen in einer gegebenen Ungleichgewichtslage solcher Art "cash-and-carry"-
bzw. "reverse cash-and-carry"-Arbitrage-Anstrengungen (die hierbei vielfach
als "covered interest arbitrage" benannt werden), technisch getragen
von Computer-gestützten Marktanalyseprogrammen und durchgeführt von
einer ganzen Zahl von Devisenhändlern der kapitalkräftigsten Finanzinstitute,
welche den Devisenmarkt ohne Unterlass und mit Argusaugen zu beobachten
verstehen, nicht lange auf sich warten. Derartige, meist unter Einsatz
von beachtlichen Kapitalsummen in Gang gekommene Arbitrageprozesse würden
in ihrem Laufe nicht zum Erliegen kommen, ehe sämtliche Arbitragegewinne
bis zum Ende abgeschöpft werden konnten mit dem Schlusserfolg, dass
die Kurse hernach wieder in einem ausgeglichenen Verhältnis zueinander
stehen. Das heißt aber: Erst die aus den unermüdlichen Arbitrageanstrengungen
und -aktivitäten hervorgehenden Marktkräfte erzeugen die Bestimmgründe
für die auch in der Praxis sehr weitgehende Gültigkeit des oben angesprochenen
Zinsparitätentheorems. Demgemäß ist ein "Gleichgewicht" ("fair value")
in und zwischen den Devisenmärkten erst dann erreicht, wenn sämtliche
Arbitragemöglichkeiten sich ganz und gar verflüchtigt haben, wonach
jede Aussicht, in irgendeiner Weise weiterer Arbitragegewinne doch noch
einzustreichen, nunmehr verbaut ist (Arbitrage-freier Zustand).
Zusammenfassend betrachtet:
Kern der Überlegungen zur Preisbildung von Devisen-Futures sind Verbund-
und Wechselwirkungen, unverkennbare gegenseitig abwechselnde Interdependenzen
als ein elementarer Erfahrungssachverhalt über in Arbitrageverband stehende
Märkte, so, wie sie die Welt-Finanzmärkte unserer vielverschlungenen
und vernestelten offenen Volkswirtschaften tagtäglich zur wirksamen
Geltung bringen. In- und ausländische Geldmarktzinssätze, Devisenkassa-
und Devisenterminkurse wie auch Börsenkurse von Devisen-Futures stehen
infolge der internationalen Verflechtung der Marktkräfte, d.i.
durch das Wirken von Kausalverhältnissen, permanent in einer nahen funktionalen
Wechselbezüglichkeit (Paritäten). Allein ohne näher zu differenzieren
und von außen betrachtet bieten die Zins- und Devisenmärkte uns das
Bild eines organisch fein zusammenhängenden Ganzen.
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