Der spezifische in Geldeswert vorgestellte
Vorteil, den der uneingeschränkte Besitz einer handgreiflich gegenwärtigen
Sache (Rohstoffe, Fabrikate, Warenpartien u.dgl.)
vor einer Position in Futures,
die zum Zwecke des erst künftigen Erwerbs einer gleichartigen Sache
durch eine gewisse Zeit gehalten wird, voraus hat, ist mit dem Namen
"convenience yield"
(y) in die fachbezogene Sprache* eingegangen. Im deutschen
Schrifttum stehen für die gleiche Deutung wahlweise zwei noch andere
Ausdrucksformen in Übung, nämlich "Vorteilszins"
und "Verfügbarkeitsrendite".
[* Vgl. hiezu ganz
besonders Working, H.: "The theory of the price of storage",
in: American Economic Review 39, S. 1254 –1262.]
Die durch Futures in Zukunft zur Verwendung
verfügbaren Güter stehen als Nutzungsträger naturgemäß allein zukünftigen
Verwendungsbegehren offen. Dinghaft vorrätige Güter der betreffenden
Art hingegen können, sofern dauerbar, ganz nach Belieben ebenso wohl
den jetzigen wie den künftigen wie den bis dahin zwischenzeitlich sich
fallweise geltend machenden nutzbringenden Zwecken zugeführt werden.
Von dem Grad der diesem letzteren Umstand beigemessenen Bedeutung leitet
eine "convenience yield" ihren Wert her. Je nach körperlicher Beschaffenheit
und je nach wirtschaftlicher Nutzanwendung eines bestimmten in Rede
stehenden Gutes ("asset") lassen sich an besonderen, schätzbaren
Vorteilen der prompten Verfügbarkeit desselben, die sein andauernder
Besitz durch einen bestimmten Zeitabschnitt seinem Eigner gewährt und
gewahrt, neben anderen Rücksichten in diesem Sachzusammenhang die nachfolgenden
exemplifizieren:
an der Spitze den allgemeinen Vorteil
der Erschwingung des zur Lebensfristung naturnotwendigen Haushaltungskonsums
und der Sicherstellung des Wohlseins an Leib und Seele. Des Weiteren
den eines geschäftsspezifischen Eigenwertes bei der Erzeugung von Kapitalgütern,
insonderheit die Möglichkeit der Ausnützung einer günstigen Konjunktur,
Einhaltung von Produktionsplänen, d.i.
die Vermeidung von Brachliegen einsatzbereiter Mittel zur Leistungserstellung
(der Produktionsfaktoren) wie die von Stockungen oder gar ernsteren
Störungen der Geschäftsabläufe in Unternehmungen sowie die Verhütung
kostspieliger Umstellungen der Produktionspläne, Abhilfe bei der Gefahr
einer aufgezwungenen Betriebseinschränkung, Wettbewerbsvorteil bei zeitweiliger
Verknappung des benötigten Gutes, als endlich die Aufrechterhaltung
der Lieferbereitschaft durch einen dem Augenblicksbedürfnis geschuldeten
Ge- bzw. Verbrauch des betreffenden Marktgegenstandes. Die Verfügbarkeitsrendite
y gibt demnach im Untersuchungszusammenhang der Bepreisung von Warenterminkontrakten
("commodities") einen Maßstab
für den marginalen Extravorteil* ab, der sich jenseits aller spekulativ
erwarteten Preisentwicklungen herleitet aus der Sicherheit vor Besitzstörungen
durch effektiven Besitzstand von begehrten Wirtschaftsgütern.
[* Die Größe des
marginalen Vorteils aus den materiellen Nutzleistungen von Gütern ist
wieder bedingt durch die Größe der Bedeutung, die eine gesicherte Verfügung
über bestimmte Gütervorräte durch eine bestimmte Zeitspanne ihren Besitzern
verschafft. In Zeiten eines unverhofften, alle Erwartungen übertreffenden
konjunkturellen Aufschwungs etwa mag der Vorteil größer sein als in
Zeiten von allgemeiner wirtschaftlicher Flaute. − Erläuternder Hinweis:
Nutznießer einer "convenience yield" sind in aller Regel Gewerbetreibende,
die die bezügliche Ware betrieblich in Gebrauch haben. Handelsspekulanten
("trader")
dagegen beanspruchen so gut wie nie einen Vorteilszins von einem Gute,
das den Gegenstand ihrer Differenzgeschäfte bildet.]
Es wäre an sich nun ein Leichtes, eine
"convenience yield" − der geldwerte Nutzen eines gefragten Konsumtivgutes,
den seine ausschließliche und unangefochtene Bestandhaltung im Faustbesitz
erbringt − gedanklich den Vorzügen gegenüberzustellen, die aus Finanzinvestitionen
des Kassamarkts erwachsen, zumal aus solchen, die einen in Geld kalkulierbaren
Ertrag in Form von Mittelzuflüssen aus Dividenden, Einräumung von Bezugsrechten,
Zinserträgen u.dgl.m.
("financial asset income") abwerfen. Die letzterwähnten sind
indes nur schwerlich mit der Vorstellung der Verfügbarkeitsrendite y
kommensurabel, da in barem Geld beschiedene Größen naturgemäß von grundanderer
Färbung sind als die durch Realgüter vermittelten Benefizien.
Zu konstatieren ist sonach, dass das volle
Ausmaß eines Vorteilszinses y von Nutzgütern des Ge- und Verbrauchs
vom Grunde aus nichts weniger als eine unmittelbar messbare monetäre
Größe vorstellt. Weder ist dieser in seinem wirklichen Belauf einer
exakten ziffermäßigen Messung zugänglich noch lässt sich seine künftige
Entwickelung je mit einiger Beruhigung absehen ("convenience yield
risk"). Wegen seiner höchst subjektiven Natur lässt sich über y
jedes beliebigen Untersuchungszeitpunktes bestenfalls eine mehr oder
minder vage Vermutung hegen, die sich implicite und indirekt
auf eine Beobachtung der in demselben Augenblick herrschenden Terminstruktur
wird stützen müssen. In alledem aber liegt zugleich das eigentliche
Wesen der Verfügbarkeitsrendite. Sie gibt nämlich zuvörderst ein bloßes
Konzept zur bündigen Erklärung der Terminstruktur lagerfähiger Ge- und
Verbrauchsgüter ab als eine immerzu eindeutig in Zahlen abschätzbare
Größe vorzustellen. Ganz anders liegen die Dinge auf den Finanzmärkten.
Bei Investitionsobjekten als Bezugsgut ("underlying") von Futures
muss − sofern die eingangs gesetzten
Prämissen
Geltung haben − die "convenience yield y" sich erklärlicherweise im
Geldwert stets und notwendig auf null stellen, widrigenfalls sich die
günstige Gelegenheit böte, vermittels elementarer "Basis-Trades"
mit Zuverlässigkeit sofortige Übergewinne aus
Arbitragen zu erwirtschaften.

Formallogisch in die Gewandung einer Gleichung
eingekleidet lässt y sich folgendermaßen begreifen:
F0 × (1 +
y)t = (K0
+ L0) × (1 + i)t
.
Werden nun die absoluten diskontierten
Lagerspesen L0 der rechten Seite der Gleichung ebenfalls
in prozentualer, annualisierter Schreibweise, will sagen als proportionaler
Lagerhaltungskostensatz l ausgedrückt, so erhalten wir analog:
F0 × (1 +
y)t = K0
× (1 + i + l)t
.
Umgeformt nach F0 erhält man
die Gleichung:
F0 = K0
× (1 + i + l)t /
(1 + y)t .
Demzufolge misst die als Satz genommene
"convenience yield" y den Grad, in dem die linke Seite der Ungleichung
F0 ≤ (K0+L0)
× (1+ i)t hinter
der von den Finanzierungskosten der Bestandhaltung bestimmten rechten
Seite zurückbleibt. Sobald eine "convenience yield" auf die Preisbildung
von Commodity-Futures Einfluss nimmt, wird sich sein Börsenterminpreis
folglich unter seinem "full-carry"-Preis stellen. Eine am vollkommenen
Markt vorgefundene Differenz zwischen Spot- und Terminkurs entspricht
damit, von allem anderen abstrahierend, eben den Nettofinanzierungskosten
"cost of carry" (C) abzüglich
Vorteilszins:
F0 − K0 = C − Y
.
Gilt y > 0, so zeigt dies auf, dass der
Futures-Preis des Nutzgutes
eine "convenience yield" in sich schließt. Die Existenz einer Verfügbarkeitsrendite
mindert den Futures-Preis gegenüber dem "full-carry"-Preis. Sie drückt
ihn gewissermaßen unter den Letzteren hinab. Wie weit tiefer er sich
wirklich zu stellen vermag, hängt ab vom positiven Ziffernwert von y
als Ausdruck für den Umfang der "convenience yield". Da aber, wie oben
darauf hingewiesen, eine Verfügbarkeitsrendite auf realen Märkten sich
als eine ziffermäßig nicht präzise, nicht mensurable Größe darstellt,
schafft sie aus sich selbst heraus zugleich eine Zone, innerhalb der
jeder hervorgebrachte Terminkurs angemessen zu sein scheint und in der
allein Arbitragefreiheit bestehen kann.
Mathematisch beschreiben lässt sich jene
Zone durch folgenden Ausdruck:
K0 × (1 +
i + l)t
/ (1 + y)t
≤ F0 ≤ K0
× (1 + i + l)t
.*
[* Unter den in
Wirklichkeit obwaltenden Marktverhältnissen wird die Spanne arbitragefreier
Futureskurse noch verbreitert vor allem durch allfällige direkte wie
indirekte Transaktionskosten
als auch durch ungleiche Soll- und Habenzinssätze.]
Gründe für das Bestehen einer "convenience
yield"
Wie im Vorstehenden auseinandergesetzt,
wird auf dem Boden empirisch-fundamentalwirtschaftlicher Bedarfs- und
Deckungsverhältnisse im Vorhandensein einer "convenience yield" der
in Geld vorgestellte Nutzen zum Ausdruck gebracht, den die vollkommene
und unmittelbare gegenwärtige Verfügungsmacht über das angehende begehrte
Gut kraft eines tatsächlichen Besitzstandes an demselben stiftet. Nachdem
einlässlich klargelegt worden ist, worum es sich bei der "convenience
yield" ihrem inneren Wesen nach handelt, erhebt sich notwendig die Frage:
Woher rührt das Phänomen eines Vorteilszinses in seinen tieferen Wurzeln?,
worin liegt seine eigentliche Entstehungsursache? und worin findet es
im letzten Grunde seine Erklärung?
Nun, Ursprung wie Umfang einer "convenience
yield" ist mit einem Satz der Sache nach zurückzuführen auf die in Etappen
immer wiederkehrende ökonomische Erfahrungstatsache von Störungen und
Unebenheiten in den Versorgungs- wie andernfalls in den Nachfrageverhältnissen
von kurzfristig nicht erneuerbaren Sachgütern. Das Vorkommen einer Verfügbarkeitsrendite
bei einem bestimmten, zeitweilig nicht vermehrbaren Gut des Spotmarktes
("cash asset") spiegelt demnach in aller Regel der Wirklichkeit
den Tatbestand einer gewissen Mangellage bei den Vorräten resp. der
darauf Rücksicht nehmenden Erwartungen der Marktteilnehmer in Reflexion
über eine drohende, in naher Zukunft vielleicht bevorstehende Verknappung
des Gutes auf das unmittelbarste wider. Eine derartige Marktlage zeugt
mit Nachdruck davon, dass die gegenwärtige Verwendungsvorliebe für das
betreffende Gut entschieden über der künftigen steht. Als wohl vertraute,
mustergültige Beispiele eines gestörten Versorgungsgleichmaßes lassen
sich Verhältnisse anführen, wie sie bei einer begonnenen bzw. befürchteten
Versorgungslücke eines Marktes, verursacht etwa durch Lieferengpässe,
Missernten, Ölkrisen, Ausfuhrverbote als auch durch Ausstände und weiter
durch Kriegs- oder Krisenfurcht aller Art, bei gleichzeitig gesteigertem
Bedarf, z.B. in Phasen der
Hochkonjunktur, in Wiederkehr aufzutreten pflegen. Je wahrscheinlicher
ein Mangel an Verfügbarkeit nun tatsächlich ist, und je einschneidender
eine in dessen Gefolge für möglich gehaltene Bedrängnis von der Allgemeinheit
empfunden wird, desto mehr gewinnt, wenn sonst kein anderweitiger Einfluss
mehr hinzutritt, die "convenience yield" y an Gewicht − und umso weiter
wird infolgedessen der wahrhaft festgestellte Futureskurs hinter dem
allein auf dem Ansatz von Nettofinanzierungskosten berechneten "full-carry"-Preis
zurückbleiben.
Vom Standpunkt des Marktes lässt sich
die "convenience yield" y ausdeuten als die über die Lagerhaltungskosten
hinausgehende Abgeltung für den durch eine gewisse Zeitfrist hindurch
hinzunehmenden Nachteil, den er bald einer vorübergehend nur mäßig beschränkten,
bald einer tiefer einschneidenden, bald einer dem ärgsten Mangel ausgesetzten
Unterversorgung mit gefragten Gegenwartsgütern beimisst – was bspw.
namentlich der Markt für Rohöl ("crude oil") immer dann ad
oculus an den Tag legt, wenn in einer herrschenden Mangellage der
Terminpreis für Rohöl mit einem auffälligen Abschlag zum Spotpreis
notiert wird. So ist von einem erweiterten Gesichtskreis aus betrachtet
der Vorteilszins nichts weiter als die marktgerechte Vergütung für die
Zeitdauer, während der ihm die gewohnte harmonische Nutzung derselben
vorenthalten bleibt. Als ein verbreiteter Indikator für eine möglicherweise
bevorstehende Angebotsverknappung auf den Märkten für Commodities dienen
Marktbeobachtern hauptsächlich die gegenwärtigen Lagerbestandszahlen,
insbesondere statistische Schlussbestände von Gütern zum Ende einer
Saison, bei erschöpflichen Gütern auch deren Reserven. Dabei bewirkt
mit Rücksicht auf den Erhebungszeitraum ein im Quantitätsverhältnis
zum Bedarf verhältnismäßig dürftiger Besitzstand an Produktivgütern
der fraglichen Art regelmäßig ein entsprechend hohes Maß von "convenience
yield" im bezüglichen Gütermarkt, wohingegen eine Versorgungslage, die
geprägt ist von vergleichsweise ausgedehnten Lagerbeständen bei nur
geringer Wahrscheinlichkeit für eine Verknappung derselben, praktisch
zumeist von keiner bzw. einer kaum beachtenswerten "convenience yield"
begleitet sein wird.
In jenen Versorgungszuständen, die dank
reichlichem Angebot angesichts wohlausgestatteter Läger bei guter Aussicht
auf eine unbedrängte Zukunft von einer verhältnismäßig schmalen "convenience
yield" y geprägt sind, wird der Differenzbetrag von Futureskurs und
Spotpreis vor allem bestimmt von den Finanzierungskosten einschließlich
der Bestandhaltungskosten. Der Börsenterminkurs der in Rede stehenden
Ware wird sich folgerecht über dem Spotmarktpreis stellen; der
Terminkurs wird jedoch geringfügig unter dem vollen Stand eines "full
carry"-Preises zurückbleiben, ganz ohne "convenience yield".
Der Aufpreis eines Futures im Verhältnis zum
Spotmarktkurs heißt Prämie
("premium"). Das Vorhandensein eines Prämienmarktes für eine
Ware ist gleichbedeutend mit einer negativen
Basis und lässt für
gewöhnlich auf ein gänzliches Ausbleiben einer "convenience yield" jedenfalls
auf eine mehr oder minder bescheidene Größe derselben schließen, wonach
folgerichtig formallogisch gilt: 0 <
y<i+l.
Gerade jene ausschlaggebende Punkte aber,
wie die im Vorteilszins sich widerspiegelnde Ungewissheit über künftige
wirtschaftliche Entwicklungen, die zur Sorge Anlass geben oder allezeit
unvorhergesehen Platz greifen könnten, des Weiteren die unzähligen Eigentümlichkeiten
der einzelnen Warenmärkte, zum Teil auch noch überlagert von saisonabhängigen
Preisschwingungen bei den periodisch erzeugten Gütern (Saisonprodukte,
wie z.B. Weizen, Baumwolle
usw.) und den davon ausgehenden verzerrenden Einflüssen, Hand in Hand
mit einer nur mangelhaften Durchsichtigkeit bei der Beurteilung der
Marktlage (Intransparenz des Marktes) und dazu spekulationsbedingt hohe
Volatilitäten in den betreffenden
Märkten: Jene Gesichtspunkte sind es zusammengenommen, die als maßgebliche
Erklärungsgründe für die Schwierigkeit anzuführen sind, den Kursverlauf
von "commodity"-Futures halbwegs verlässlich vorherzusehen.
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"Contango" und "backwardation"
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Die Terminnotierungen eines Marktes lassen
sich zu jedem Betrachtungszeitpunkt in eine chronologische Ordnung bringen
(Terminstrukturkurve, Terminpreiskurve, "futures curve", "forward
curve" oder auch als "forward strip" benannt). Hiernach sind
zwei Hauptfälle zu unterscheiden:
1.) Bildet sich durch funktionale Zuordnung
aller hervorgebrachten Terminpreise ein und desselben gegebenen Zeitpunktes
zu der Reihe ihrer Fälligkeitstermine a posteriori eine Kurve
aus, die für die aufeinanderfolgenden Terminpreise des in Untersuchung
stehenden Futures-Marktes mit zunehmendem Grad ihrer zeitlichen Entlegenheit
durchgehend oder auch nur in einem übergreifenden Teilabschnitt das
Preismuster einer stetig aufsteigenden Linie zu erkennen gibt, so bezeichnet
man diesen Markt, wie weiter oben angedeutet, als einen "normalen
Markt" ("Prämienmarkt", "normal market", "carry market",
"carrying market" oder "contango market"; negative
Basis). Bildlich gesprochen bietet sich damit der Anblick einer
"ansteigenden Termintreppe".
Ein normaler Markt zeichnet sich unter
regelmäßigen Verhältnissen bei hinlänglichen Lagerkapazitäten aus durch
eine Güterversorgung in zureichenden Mengen: Das betreffende Gut seiner
Art steht infolge zeitlich vorauseilender Produktion auf Lager (so etwa
bei reichlicher Ernte; Marktzufuhr, Güterangebot) in Überfülle zu Gebote,
um damit einen präsenten und/oder für die nahe Zukunft zu erwartenden
Bedarf mit hoher Zuverlässigkeit durchgängig und lückenlos zu decken.
Dies ist nach heutigen Verhältnissen mit gewisser Regelmäßigkeit eine
normalmäßige wirtschaftliche Erscheinung. Die laufzeitbedingten Aufpreise
(die Prämien) zwischen den Terminen werden in ihrer jeweiligen Höhe
begrenzt allein durch Lagerhaltungs- und durch sonstige Finanzierungskosten
("carrying charges"), die fortan für das Auf-Vorrat-Halten des
betreffenden Gutes bis zur bezeichneten künftigen Nutzungsperiode (analog
dem "Termin") insgesamt in Anschlag zu bringen sind. Leerverkäufe ("short
sales") der fraglichen Güter sind geräuschlos möglich, ohne hierdurch
die reguläre Geschäftstätigkeit der Betriebe zu stören; im Falle temporärer
Preisungleichmäßigkeiten sind bei dieser Gestaltung der Marktlage "reverse
cash and carry"- als auch "cash and carry"-Arbitragen jederzeit ungehindert
durchführbar. Die "cost-of-carry"-Beziehung der Preise kommt idealerweise
zu ihrer vollen Geltung.
2.) Ein "umgekehrter
Markt" ("inverted market",
"discount market" oder "backwardation") hingegen − also
eine "absteigende Termintreppe", bisweilen auch als "Falltreppe" angesprochen
− ist, wie
seines
Orts geschildert, charakterisiert durch einen Abschlag ("discount",
positive Basis) der Terminkurse gegenüber ihrem Spotmarktpreis, abgestuft
nach der Dauer der chronologisch aneinandergereihten Terminlaufzeiten
eines Marktes über die gesamte Kurve oder zum Mindesten über ein ausgedehnteres
Teilstück derselben. Ein solches Lagebild ist für so manche Warenmärkte
bezeichnend, während es für andere eher die Ausnahme bilden mag. Ein
umgekehrter Markt ist unmittelbar Ausfluss einer gegenwärtig bestehenden
resp. einer vorausgeahnten oder zu fürchten stehender Unterversorgung
der Gegenwart näheren Zukunft und gelegentlich einer absehbaren Über-
oder Besserversorgung der ferneren Zukunft. Märkte in einem derartigen
Zustand zeichnen sich übereinstimmend durch eine "convenience yield"
in entsprechend ausgedehntem Maße aus. Förmlich ausgedrückt gilt in
einem "inverted market" sinngetreu die Ungleichung: y >
i+l. Der materielle Vorteil
bereitstehender Güter überwiegt sohin deren Haltekosten. Mit zunehmender
"convenience yield" würde sich die "backwardation"-Lage auf dem Markt
noch weiter verstärken, und umgekehrt. Erscheinungen, wie "contango"
und "backwardation", sind bei Lichte besehen alles eher als ein für
alle Mal festgezurrte (statische) Marktgegebenheiten, sondern können
vermöge der Übergewalt plötzlich umschlagender lebenswahrer wirtschaftlicher
Kausalverhältnisse rasch und mitunter unversehens in ihr Gegenteil verkehren.*
[* Anmerkung:
Man beachte, dass ein normaler Markt, für sich allein genommen, aufgrund
der Konvergenz der
Basis den Inhaber einer Short-Position gegenüber dem Inhaber einer
Long-Position in Futures bevorteilt. Andererseits befindet sich der
Halter einer Short-Position in einem umgekehrten Markt in der vorteilhafteren
Ausgangslage.]
In der Terminmarktpraxis treten weder
"contango" noch "backwardation" durchgehend durch alle
Terminschichten hindurch
auf der ganzen Linie nur in formvollendeter Mustergültigkeit einer harmonisch
auf- oder absteigenden Stufenfolge in die Erscheinung. Vielmehr lässt
sich häufig beobachten, dass die terminliche Anordnung der Preise eines
Warenterminmarktes ("futures forward curve") eine unregelmäßig
auf- und niedersteigende Treppenkurve formt, deren Schritthöhe abhängt
von den gegenwärtig waltenden Angebots- und Nachfrageverhältnissen auf
den Märkten, welche die einzelnen nahe und entfernter liegenden Terminen
bilden. So trifft man an den Futures-Märkten immer wieder auf Verhältnisse,
wo die frühen Termine sich in ihrer Aufeinanderfolge in einem "carry
market", spätere dagegen sich in einem "discount market" befinden, und
vice versa. Solche Ungleichmäßigkeiten in der Abstufung der Terminkurse
können mannigfache Ursachen haben. Die Voraussicht etwa, dass bei sonst
gleichbleibender Lage der Umstände der Bedarf in einer sich anbahnenden
oder abzusehenden Mangelperiode im Laufe der Zeit auf eine reichlichere
Güterversorgung bzw. nachlassende Nachfrage trifft, wird der Natur der
Sache nach dazu führen, dass der Terminpreis der späteren Periode einen
niedrigeren Stand einnimmt als der der ihr vorangehenden. Überdies ist
der Preisauf- bzw. Preisabschlag, der sich zwischen den benachbarten
Terminen eines Futures-Marktes einspielt, keineswegs immer gleich groß
oder ebenmäßig. Die Preise aufeinander folgender Terminkontrakte (insbesondere
jene nicht lagerfähiger Konsumgüter) so beschaffener Märkte können in
jedem Augenblick ebenso gut betragsmäßig eng beieinander liegen als
ganz allmählich steigen oder fallen als auch unregelmäßig bis sprunghaft
und mit wechselndem Vorzeichen voneinander abstehen.
Auf den Beobachtungstatbestand eines Terminmarktes,
wo sich sämtliche Bestandhaltungs- und sonstige Finanzierungskosten
treu und ungeschmälert in ihrem vollen Umfange in einem konformen
strukturellen Verhältnis seiner Terminkurse
mitteilen, hat man den Namen "full carrying charge market" ("full
carry market" oder auch "full contango market") geprägt.
Unter "full carry"-Verhältnissen stuft sich die Größe der Preisdifferenz
zwischen Cash-Kurs und Terminkontraktpreis resp. zwischen den Kontraktpreisen
verschiedener Terminfälligkeiten harmonisch mit der Dauer des Termins
ab, sodass Futureskurse alternativer Terminfälligkeiten in ihrer Höhe
vom Spotmarktpreis umso deutlicher nach aufwärts abweichen, je weiter
der Erfüllungstermin des Futures in die Zukunft hinausgeschoben ist.
Sollte es allerdings einem Börsenspekulanten
vermöge seiner ungezügelten Markteinwirkung nur einen Augenblick lang
wahrhaftig gelingen, den Terminpreis eines bewahrsamen Gutes soweit
emporzuheben, dass sich ein Aufpreis über den Umfang der "full carrying
charges" hinaus herausbilden kann ("above full carry"),
so würde dies Vorkommnis der wachen Aufmerksamkeit von gewinnsüchtigen
Arbitragehändlern mit Gewissheit nicht entgehen. Eine ganze Schar Arbitrageurs
wäre prompt zur Stelle, die sich darbietende Gelegenheit auf risikolose
Extragewinne reaktionsschnell bis zur Neige auszunützen. Die hierbei
von den Arbitragen mit gemeinsamer Kraft ausgehenden Marktprozesse werden
nun dahin wirken, von beiden Seiten aus, d.h.
durch einen Niedergang bei den Terminkursen in gleicher Weise wie durch
eine Hebung bei den Spotmarktpreisen, die gebotenen Arbitragemöglichkeiten
nur einen kurzen Augenblick später abzubauen und auszutilgen. Letzten
Endes kann eine solcherart "ungleichgewichtige" Marktlage, sofern sie
überhaupt einmal auftaucht, immer nur eine ephemere Erscheinung vorstellen.
Lesen
Sie auf der folgenden Seite:
Der Futureskurs
und seine Abhängigkeit von den Nettofinanzierungskosten ("cost of
carry")

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