Anhand zweier einfacher praxisnaher Beispiele
werden nun in kurzen Grundzügen verschiedene Mittel und Wege beleuchtet,
wie sich durch den Einsatz von
Zins-Futures ("fixed-income futures") eine Absicherung von
Anleihe-Portfolios gegen Vermögenswertverluste herbeiführen lässt. Hierbei
sei vor allen Dingen daran gedacht, die grundsätzliche Vorgehensweise
zur Errichtung des erforderlichen Hedge-Postens mit Hilfe eines zueinander
stimmenden Zins-Instrumentes herauszuarbeiten und den dafür benötigten
Terminmarktanteil so genau als nur möglich ist zu bestimmen. Das vornehmste
Ziel des Absicherers mag in den folgenden Illustrationsfällen darin
aufgehen, der stets gegenwärtigen Gefahr einer Vermögenseinbuße, welcher
das sicherungsbedürftige Bond-Portfolio preisgegeben ist, nach Möglichkeit
vollständig auszuschalten, es wenigstens ordentlich zu mindern.
Beispiel 1:
eine vereinfachte Hedging-Strategie, ausgerichtet an Nominalvolumina:
die Nominalwertmethode
Ein vermögender Privatanleger
hält in seinem Portefeuille einen Bestand
an langlaufenden Bundesanleihen im Nominalvolumen (Nennbetrag, "face
value") von 2 Mio. Euro.
Die Anleihen tragen allesamt einen Zinskupon von
7 %. Da der Investor in den
kommenden Wochen bei derzeit flacher Zinsstruktur mit allgemein steigenden
Zinsmarktraten rechnet – was aufgrund der inversen Beziehung zwischen
Marktzinsniveau und Kurs der Anleihen zutreffendenfalls immer mit einem
Wertverlust des Anleihe-Portfolios Hand in Hand gehen würde –, entschließt
er sich zu einem Sicherungsverkauf ("Short-Hedge"): dem
Verkauf von Zins-Futures (Rentenmarkt-Futures) zum Zwecke der Kurs-
und Wertsicherung seines gehaltenen Bond-Portefeuilles.
Der für die im Portfolio
liegenden Anleihen maßgebliche Kurs möge zur Zeit der Einrichtung des
Hedge auf 104,50 % stehen,
woraus sich ein Marktwert des Anleihe-Portfolios von insgesamt 2,09
Mio. € errechnet. Der in Betracht kommende Euro-BUND-Futures mit siebenmonatiger
Restlaufzeit möge gegenwärtig
95,00 % notieren. Der
Hedge soll sich der Einfachheit wegen zunächst nur am Verhältnis der
Nominalvolumina ausrichten (Nominalwertmethode). Vorauszubemerken
ist an dieser Stelle, dass zufriedenstellende Ergebnisse unter praktischen
Verhältnissen sich hiermit allerdings kaum je bewerkstelligen lassen.
Da sich ein
Euro-BUND-Futures-Kontrakt
bekanntlich auf einen Nominalwert von 100000
€ bezieht, verkauft der Privatanleger demgemäß 20 Euro-Bund-Futures
(2 Mio./100000
= 20). Nach Ablauf von sechs Monaten soll die Hedge-Position, wie beschlossen,
ohne weitere Anpassungen wieder aufgehoben werden ("hedge-and-forget"-Strategie).
Die allgemeine Formel zur Bestimmung der
Anzahl von einzusetzenden Zins-Futures-Kontrakten lautet hierzu entsprechend
in Worten:
Nominalwert des Bond-Portefeuilles
dividiert durch den Nominalwert des einem Zins-Futures zugrunde liegenden
Instruments (Betragskongruenz).
Der Nominalwert des Portfolios ergibt sich aus der Summe der Nominalwerte
aller im Portefeuille enthaltenen Anleihen.
Beispielhaft wären nun die folgenden Szenarien
möglich und denkbar:
1.)
Der Zins ist am Kapitalmarkt wie erwartet gestiegen. Infolgedessen sei
der Kurs der im Portfolio befindlichen Anleihen, wie angenommen, auf
96% gefallen, woraus sich ein
Wert des Portfolios von nunmehr noch 1,92 Mio. € errechnet. Der Zins-Futures
möge parallel dazu auf 87,00%
gefallen sein. Wir erhalten somit:
Verlust des Anleiheportefeuilles:
2,09 Mio. € – 1,92 Mio. € = 170000
€.
Gewinn aus Euro-Bund-Futures (Short):
(95 – 87) · 1000 € · 20 = 160000
€.
[Hinweis: 1 voller
Prozentpunkt (= 100 Basispunkte) im Euro-BUND-Futures entspricht einem
sich gleichbleibenden Gegenwert von
1000 €.]
Hinzu kommt selbstverständlich noch der
Zinsertrag aus der Kassaposition für den Zeitraum von sechs Monaten,
der sich auf (7 % · 2 Mio.€)
/ 2 = 70000 € beläuft. Dies
ergibt am Ende einen Gesamtertrag an der Hedge-Position im Betrag von
60000 €. Es entspricht dies
einer auf ein Jahr gerechneten Verzinsung von
(60000
€ / 2,09 Mio. €) · 2 · 100 = 5,7416
% .
2.)
Hätte sich der Investor indes in seiner Einschätzung getäuscht, und
der Zins wäre wider Erwarten gefallen – der Kurs der Anleihen auf z.B.
107 % und der Kurs des Euro-BUND-Futures
gleichzeitig auf 96,50 % gestiegen
– so erhalten wir folgendes Ergebnis:
Gewinn des Anleihe-Portefeuilles:
2,14 Mio. € – 2,09 Mio. € = 50000
€.
Verlust in Euro-BUND-Futures: (96,50
– 95) · 1000 € · 20 =
30000
€.
Auch hier kommt wieder der Zinsertrag
für sechs Monate aus der Kassaposition in Höhe von (7
% · 2 Mio. €) / 2 = 70000
€ hinzu. Aus der Hedge-Position resultiert damit ein Gesamtgewinn von
90000€,
was einer jährlichen Rendite von umgerechnet 8,6124
% gleichkommt.
Das eben beispielhaft geschilderte naiv
gehandhabte Verfahren zeigt indessen eine empfindliche Schwäche: In
der Praxis stimmen i.d.R.
weder Laufzeit noch Duration noch "cheapest-to-deliver"-Anleihe (CTD)
noch endlich Reagibilität in Bezug auf Zinsänderungen des Anleihe-Portefeuilles
mit den dementsprechenden Eigenschaften des standardisierten Zins-Futures
und seinem zugrunde liegenden Basistitel überein, sodass sich mit dem
Nominalwertverfahren, um wiederholt darauf hinzudeuten, begreiflicherweise
fast durchweg nur unbefriedigende Ergebnisse erzielen lassen.
Zur Aufbesserung des Schlusserfolges einzelner
Hedging-Strategien, welche sowohl für festverzinsliche Wertpapiere als
auch für sonstige Zins-Positionen in die engere Wahl kommen, veröffentlichen
die Terminbörse regelmäßig sogenannte Konvertierungsfaktoren
("conversion factors", Preisfaktoren). Diese erlauben
es, die jeweilige Preisempfindlichkeit von Anleihen unterschiedlicher
Kuponausstattung angemessen und treffend in den Kalkül einzubeziehen.
Dazu multipliziert der Absicherer die mithilfe der obigen Verfahrungsweise
der Nominalvolumina errechnete Zahl von Kontrakten schlicht und einfach
mit dem vorliegenden "conversion factor" (Konversionsfaktormethode).
Bei einem Anleihe- bzw. Portefeuille-spezifischen Konvertierungsfaktor
z.B. von 0,95 wären im obigen
Illustrationsfall lediglich 19 Bund-Futures zu verkaufen; denn (2 Mio.
/ 100000)
·0,95 = 19. Wenngleich
in letzter Linie kein befriedigendes, so lassen sich hiermit doch alles
in allem gesehen vergleichsweise genauere Zifferergebnisse erreichen
als allein mit der Nominalwertmethode. Eine weitere Verbesserung verspricht
die sogenannte Basispunktwertmethode, welche sich dadurch charakterisiert,
dass sie die der einzelnen Anleihe zuzurechnende Empfindlichkeit auf
Preisänderungen nach Variation des Zinses um je einen Basispunkt untersucht.
Letztlich aber liegt auch hier der Grund für eine bloß eingeschränkte
Tauglichkeit bei der praktischen Anwendung wieder in der fehlenden Berücksichtigung
des in der Wirklichkeit vorzufindenden Zinsgefüges.
Beispiel 2:
Durations-basierte Hedging-Strategie
Der Halter eines Anleihe-Portfolios,
das aus langfristigen amerikanischen Staatsanleihen im Werte von 900000US-$
besteht, befürchtet angesichts vorauszusehender Zinssteigerungen für
das lange Ende der Zinskurve, dass dieses in den nächsten drei Monaten
erhebliche Einbuße an Wert erleiden könnte. Als durchaus taugliche Hedging-Strategie
käme hier der Verkauf von
U.S. T-Bonds-Futures in
Betracht. Der Börsenkurs des Juni-T-Bond-Futures möge zu Anfang des
Februars auf 103-10 stehen. Dieser Kurs* ist einem Kontraktgegenwert
des Futures von umgerechnet 103312,50US-$
gleich.
[* Hinweis:
Der T-Bond-Futures wird an der Börse notiert in Zweiunddreißigstel eines
Prozentpunktes, hier also 103 volle Prozentpunkte plus 10/32 Prozentpunkte,
bezogen auf 100000 US-$ Nominalwert.]
Ferner soll die Duration
des Portfolios sieben Jahre betragen, und als "cheapest-to-deliver"-Bond
(CTD-Anleihe) möge zuvor eine 11
% Kupon-Anleihe mit 18 Jahren Restlaufzeit und einer Duration
von 10 Jahren identifiziert worden sein.
Zur Berechnung der Anzahl einzusetzender
Futures-Kontrakte erhält man:
(900000
US-$ / 103312,50 US-$) · (7
/ 10) = 6,098.
Da Futures nicht zu jeden beliebigen Bruchteilen
handelbar sind, sondern immer nur eine glatte runde Zahl an Futures-Kontrakten
in Auftrag gegeben werden kann, sollte der Kurssicherheit Suchende im
hier vorliegenden Fall abgerundet 6 Juni-T-Bond-Futures verkaufen (short).
Die Einschränkung auf den aliquoten Teil des eigentlich erforderlichen
Umfangs an Kontrakten hat indes praktisch jedes Mal eine gewisse Qualitätseinbuße
des Hedge zur leidlichen Folge.
Erläuterung des Beispiels:
Der allgemeine Ausdruck für die Durations-basierte
Hedging-Strategie lautet:
-
X = (WP / WF)
· (DP / DF)
,
mit:
X
: gesuchte Zahl der benötigten Futures-Kontrakte für einen
das Kursrisiko minimierenden Hedge,
WP:
Marktwert des abzusichernden Anleiheportefeuilles (genauer: Zukunftswert
des Portefeuilles zum Zeitpunkt der Aufhebung des Hedge; i. Allg. kann
beim Hedging mit Zins-Futures vereinfachend der Gegenwarts-Marktwert
angesetzt werden),
WF
: Kontraktwert des Zins-Futures,
DP
: Duration des Portefeuilles bei Aufhebung des
Hedge,
DF
: Duration der dem Zins-Futures zugrunde liegenden Anleihe
bei Fälligkeit des Futures.
Die Anwendung der vorstehenden Formel
impliziert die Bestimmung einer "cheapest-to-deliver"-Anleihe bereits
bei der Einrichtung des Hedge. Sollten sich während der Laufzeit des
Hedge Änderungen im Zinsumfeld ergeben, wonach die Harmonie gestört
und eine andere Anleihe zur "cheapest-to-deliver" wird, so ist der Anteil
der Zins-Futures an der Hedge-Position dem neuen Sachverhalt zielentsprechend
anzupassen. Indes, jede Ausgleichung der gestörten Harmonie, ob nur
fallweise oder als zeitlich fortschreitender Handlungsstrang (= "dynamische
Anpassung", "tailing") durchgeführt, geht zwangsläufig einher
sowohl mit einem Anfall zusätzlicher
Transaktionskosten
als freilich auch mit einem vermehrten Zeit- und Arbeitsaufwand.
Auch an der eben vorgestellten Durations-basierten
Hedging-Strategie erheben sich einige Bedenken und sie bietet damit
einer guten Beurteilung durchaus Blößen. Sie liefert nämlich nur unter
ganz bestimmt gegebenen Voraussetzungen haltbare praxistaugliche Nutzerfolge.
So besteht eine überaus heikle Vorbedingung darin, dass bei allfälligen
Zinsänderungen am Markte sich sämtliche Zinssätze über alle Laufzeiten
in gleichem Maße ändern – die Zinssätze am kurzen wie auch jene am langen
Ende der Zinsstrukturkurve mit einbezogen.
Es ist eine geradezu sichere wie allbekannte
Erfahrungstatsache, dass parallele Verschiebungen der Zinsstrukturkurve
in der Finanzpraxis selten oder nie anzutreffen sind. Noch auch sind
auf kurze Zeitfristen bemessene Marktzinsraten i.
d. R. "volatiler" als jene, die auf längere Fristen gewendet
sind. Eine Verbesserung in der Genauigkeit gegenüber den eben aufgezeigten
mehr oder weniger als Notbehelf benutzen Vorgangsweisen verspricht ein
Verfahren, welches im gelehrten Schrifttum unter dem Namen
GAP-Management wiederzufinden
ist. Letzteres ist den vorerwähnten zumal dadurch überlegen, dass es
die besonderen Eigenschaften der Zinsstruktur ausdrücklich in die Überlegungen
einbezieht und ihnen entsprechend Rechnung trägt. Diese und weitere
ins Einzelne gehend an diesem Ort in aller Ausführlichkeit ex professo
abzuhandeln, würde jedoch unter dem hier gewählten Untersuchungsblickwinkel
auf die verfolgte Aufgabe zu weit führen und läge wohl auch außerhalb
des Umfangmöglichen. Sie mögen deshalb in diesem Werk unerörtert bleiben.
Ergebnis der vorstehenden Abhandlung:
In dieser kurzen Betrachtung ging es um die Frage, wie dem Zinsänderungsrisiko
durch Hedging mit Zins-Futures am füglichsten beizukommen ist. Wie deutlich
gemacht, setzt eine zielgerichtete und zweckerfüllende Absicherung von
Anleihe-Portfolios gegen Verlust bringende Vermögenswertänderungen unter
Verwendung von Zins-Futures tiefgreifende Fachkenntnisse voraus. In
Anbetracht der Vielzahl an Risikoeinflussgrößen und Unwägbarkeiten kommt
die Notwendigkeit einer besonders sorgfältigen Bedenkung aller einzubeziehenden
Umstände und der hierbei durchgreifenden Einflussgrößen hinzu. Dies
wiederum setzt eine ausgesprochenermaßen weit ausgreifende Anstrengungsbereitschaft
zur Informationsbeschaffung und -auswertung voraus, die im Rahmen der
Risikoanalyse gezielt auszurichten ist an die persönlichen Sicherungserfordernisse
des Anleihe-Investors. Professionell eingesetzt, verschaffen Zins-Futures
dem Geldanleger vor diesem Hintergrund dann aber die nötige Flexibilität,
ein einem Zinsänderungsrisiko ausgesetztes Wertpapier-Portefeuille mit
vertretbarem Aufwand – selbst bei kleineren Volumina – den eigenen Zielvorstellungen
entsprechend an im Zeitablauf sich verändernde Marktbedingungen anzupassen,
ohne hierbei die Unbequemlichkeiten von ständigen Umschichtungen des
Bond-Portfolios auf sich nehmen zu müssen.
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